Monatsarchiv:

Juni 2009

Friede, Freude, Eierkuchen?

Gabriele Pauli Während der Bundestag heute über unzählige Gesetze inkusive dem unsäglichen der Zensursula – z.B. Nerdcore hatte die Debatte live kommentiert – abgestimmt hat, hat die gern als „Polit-Rebellin“ bezeichnete Ex-CSU-Ex-Freie-Wählerin Gabriele Pauli nun den Namen ihrer neuen Partei angekündigt, und ebenso passender– wie einfallsloserweise nennt sie sie „Freie Union“. „Christlich-Soziale Wähler“ war ihr wohl zu sperrig…

Wenn man sich die Grundgedanken „Für wahre Werte“ auf ihrer Homepage so anschaut, kombiniert sie munter die Profillosigkeit der Freien Wähler mit der Werteverwertung der Christsozialen, gewürzt mit Linke-freundlichen sozialistischen Ideen, einer Prise naiver „Ganzheitlichkeit“1 und gut umgerührt mit der generellen Aussagelosigkeit der allermeisten Politiker.

Man stelle sich eine Welt vor, die die Menschen unterstützt, sie selbst zu sein!

Die Regierenden und Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft machen sich zum Ziel, den Menschen ihre Wünsche zu erfüllen, statt Ihnen mit der Vermittlung wahrer Werte den Frieden zu bringen.

Wahre Werte sind Frieden – Liebe – Freude – Geduld.

Werte, die sie wieder in die Politik hineinbringen will – die, wenn wir ehrlich sind, meist eh nur als Vorwand genutzt werden; insofern hat sie ja durchaus recht. Nur daran etwas zu ändern, tja, das wäre eine Aufgabe, für die sie kaum ein Patentrezept haben dürfte – die Oberflächlichkeiten in ihrem Programm sehen jedenfalls nicht danach aus, und sie müsste eigentlich selber schon lange gemerkt haben, dass bereits Nachwuchspolitiker eher früher als später von der Realität eingeholt werden. Nun ja, das muss man um der Wählerstimmen Willen ja nicht unbedingt hinausposaunen…

Geduld jedenfalls, um einen der Werte aufzugreifen, wird sie sicher brauchen, wenn sie an die Macht will. Moment, Macht? „Wir haben unsere Macht an die Politiker abgegeben, wir können sie uns auch wieder zurückholen!“, meint sie. Wer bitte sind „wir“? Sieht sie, die Politikerin an der Spitze einer Partei, die gewählt werden will, sich tatsächlich auf der Seite der Bürger? Irgendwie lustig.

Der Focus schreibt dazu:

Einwände, dass ihre Auftritte und ihr Vorgehen nahelegten, ihr selbst gehe es vor allem um Profilierung und Ämter, gleiten an ihr ab. „Bei allem ist die Frage, was der Beweggrund ist“, kontert sie. Und bei ihr seien nicht Machtstreben Beweggrund, sondern Strukturen aufzubrechen. Die Kraft dazu – trotz manch hämischer Kommentare – beziehe sie aus ihrem Gottvertrauen, erläutert sie auf Nachfrage.

Ach ja, nicht nur die Werte, auch der allmächtige Imaginäre soll ihr helfen, die Strukturen so weit aufzubrechen, dass sie selbst darin Platz nehmen kann. Irgendwie glaube ich nicht so recht, dass mit Pauli in einer verantwortlichen Position irgendetwas, das über den Namen auf dem Türschild hinausginge, anders werden würde.

Aber irgendwie glaube ich auch nicht, dass sie näher an eine verantwortlichere Position als einen Sitz im Landtag herankommt, dass nicht allzu viele „ja“, sondern eher englisch-derb „FU!“ zur FU sagen werden – oder sie wohl überwiegend gleich ignorieren.


Foto: Achates/Wikipedia, CC-by-sa-Lizenz

  1. zu CSU-Zeiten (laut Focus) ebenso wie in ihrem aktuell herunterladbaren 10 Monate alten Programm: „Von Menschen für Menschen – Beginn der ganzheitlichen Politik“ []

Stellenangebot


Wir stellen ein:

Bauarbeiter (m/w)

zwingend mit einer der beiden folgenden Qualifikationen:

  1. Künstlerische Erfahrung im Umgang mit Farbsprühdosen
    (idealerweise mindestens 2 Jahre als Graffiti-Künstler)

oder

  1. Eigener großer Vorrat an Verkehrsschildern, insb. Halteverbot (VzKat 283), auch mit Pfeilen.

Diese Stellenanzeige ist natürlich rein fiktiv, könnte aber angesichts dieses Schildes in Baustellennähe passen:

improvisiertes Halteverbot

Gerne

Wurst Ein Phänomen breitet sich seit ein paar Jahren immer weiter unter dem Metzgerei-, Bäckerei- und sonstigen Fach­verkäufe­rinnen­nach­wuchs aus, ein Phänomen, das im Grunde genommen zwar von erhöhter Freundlichkeit wie auch von Freude am Beruf zeugen kann (oder eher soll), das aber auch irgendwie… seltsam anmutet, zumal dann, wenn es sich oft in kurzen Abständen wiederholt: Nach jeder einzelnen Bestellung

„gerne“

zu sagen. Irgendjemand muss mal damit angefangen haben und dieses Wort seitdem gerne den Nachwuchs-Verkäuferinnen beibringen, um nicht zu sagen eintrichtern. Gerne auch in der Variation

„M-hm, gerne“ oder
„100 Gramm Fleischwurst – gerne.“

Fragt sich, ob der durchaus variierende Zeitabstand zwischen Erkennen und Bestätigen des Kundenwunsches und dem „gerne“ nun eher Rückschlüsse darauf zulässt, wie gerne die Bestellung tatsächlich durchgeführt wird oder doch nur, wie sehr dieses Wörtchen schon verinnerlicht wurde.

Der Zwiebelfisch meinte einmal vor zweieinhalb Jahren gerne dazu:

Heute ist der Kunde nicht mehr König, sondern zahlender Gast im Ferienclub, und der Verkäufer ist der Animateur, der so tun muss, als sei ihm jede Dienstleistung, jede noch so alltägliche Routine ein persönliches Vergnügen. Denn die Parole lautet: Service ist Spaß!

Wenn nun z.B. bei der vierten von sechs Einzelbestellungen das „gerne“ weggelassen wird, bedeutet das nun, dass die Verkäuferin(nen) den Leberkäs gerne lieber selbst gegessen hätte(n)? Ich hoffe doch, sie hatten noch genug übrig, sodass es für alle gerne gereicht hat, denn man will sich ja nicht schlecht fühlen, als hätte man etwa Mund- oder noch schlimmeren Raub gerne (oder ungerne) begangen…


Foto: adauzie/sxc