Wein-Inflation

Rotwein wird eingeschenkt Mein Geburtsort Heilbronn liegt in einer Weinbauregion, und deshalb gibt’s dort natürlich ein Weinfest, genannt Weindorf. Das findet heuer (coronaverspätet) zum 50. Mal statt, und da ich ein paar der alten Broschüren habe, auch die vom 25. im Jahr 1995, dachte ich, ich vergleiche Angebot und Preise der beiden Jubiläumsausgaben ein bisschen.

Achtung, es folgen etliche Zahlen, vielleicht wollt ihr euch schon mal einen Wein holen. ;)

1995 gab’s 13 Weinstände und 1 Sektstand mit 9 Genossenschaften und 9 Weingütern, die insg. 221 Weine und 16 Sekte angeboten haben. Die 2022er Broschüre (PDF-Direktlink) erwartet, dass man das selber zählt, die Webseite spricht von „circa 350 regionalen Weinen, Seccos und Sekten.“ Wobei letztere mittlerweile bei den Weinständen mit angeboten werden und nicht separat am dedizierten Sektstand.

Das 0,1 l-Probierglas – denn da geht’s tatsächlich auch viel ums Probieren, deswegen ist 0,1 l für die „Zehntelesschlotzer“ neben den meist 0,75 l fassenden Flaschen die Standardgröße – gab’s damals für 3 DM, heute für 2,50 €.

Das komplette Angebot zu analysiern, war mir doch etwas zu viel Arbeit, also hab ich drei Stände herausgepickt: den Heilbronner Probierstand der Genossenschaftskellerei Heilbronn–Erlenbach–Weinsberg, die Weingärtner Flein–Talheim (mittlerweile offenbar beide Teil der Genossenschaftskellerei Heilbronn) und die WG Dürrenzimmern–Stockheim, jetzt Weinkonvent Dürrenzimmern, deren Weißherbste damals sehr beliebt waren und bestimmt auch heute noch sind.

Das waren damals 45 Weine, jetzt 48, wobei 11 m.E. hinreichend (1994er Dürrenzimmerner Heuchelberg Samtrot, Kabinett »trocken« / 2021er Cellarius Samtrot Kabinett) bis exakt übereinstimmen (1994er Wartberg Trollinger Qualitätswein »trocken« / 2020er Wartberg Trollinger Qualitätswein trocken). Und irgendwann hat man auch die Reihenfolge auf der Karte umgedreht und die Rotweine ans Ende verfrachtet.

einige rote Weintrauben inmitten weißer Weintrauben 1995 ging die Preisspanne für 0,1 l von 1,50 bis 10 DM, letzteres bei einer Trockenbeerenauslese und einem Eiswein, heute von 2,50 € bis 6 € (eine Beerenauslese beim Heilbronner Stand) bzw. 13 € (Eiswein eines anderen Anbieters). Der arithmetische Mittelwert der drei betrachteten Anbieter lag damals bei 3,033 DM mit einem Median von 2,50 DM, und kurioserweise liegen die Zahlenwerte heute praktisch „genau gleich“ bei 3,031 € und 2,50 €. Der aktuelle Median entspricht anders als damals dem Mindestpreis.

Bei Kauf der Flaschen, fast immer 0,75 l damals wie heute, seltene Ausnahmen sind 0,375 l, 0,5 l, 1 l, 1,5 l, wurde damals ein Literpreis von 25,93 DM fällig (Median 21,33 DM), heute 25,70 € (Median 21,33 €) – auch kein so großer Unterschied in den Zahlen…

…aber Zahlen DM / €, bekanntermaßen mit dem Umrechnungsfaktor 1,95583, sind eines, die Inflation ist ein anderes. Laut Finanzen-Rechner.net betrug die allgemeine Inflation in Deutschland seit 1995 47,83 %. Und wir sehen schon: das ist weniger als 1,95583. Im Detail:

Der inflationsbereinigte Preis für ein Zehntele damals wäre heute 2,293 € (Median 1,890 €) bzw. 19,596 € (Median 16,125 €) für den Liter. Der aktuelle Preis ist also ca. 32 % höher als die allgemeine Inflation (Faktor 1,322/1,323 bei 0,1 l, 1,312/1,323 bei 1 l, jew. arith./Median). Das Probierglas stieg übrigens nur von 2,267 € auf 2,50 €, also gut 10 %.

Das war jetzt das Gesamtangebot der drei Anbieter. Bei den 11 vergleichbaren Weinen ist die Steigerung höher: knapp 61 % (1,607 bei 0,1 l, 1,609 bei 1 l, Median ein bisschen mehr). Da hat man wohl auch gezielt auf die Kosten bei den aktuellen Angeboten geachtet, was nicht wirklich überrascht.

So, das war’s, noch etwas Wein übrig? Dann lasst ihn euch schmecken!

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