Dass Firmen immer wieder Faxe dubioser Branchenverzeichnis-Anbieter bekommen, die aussehen wie eine ordentliche Rechnung und/oder Bestätigung, in Wirklichkeit aber Aufträge für Einträge in nutzlose Branchenbücher bzw. mittlerweile Webseiten sind, ist ja eigentlich nichts Neues. Dass solcher Abzock-Spam auch per E-Mail an beliebige geharvestete Adressen geschickt werden, war zumindest für mich neu…
So kam eine Mail mit dem Betreff „Ihr Eintrag im Gelben Branchenbuch 2011“ von „mail@mktstar.net“ (meine Daten hab ich entfernt):
Zur Vorlage: Die Geschäftsleitung
Sehr geehrte Firma [mein Name],
sehr geehrte Damen und Herren,gemäß § 33 des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes informieren wir Sie über Ihren Eintrag im Gelben Branchenbuch 2011.
Firmenname : [mein Name]
Firmenzusatz :
Branche : Sonstige
Anschrift : [meine]
Region : Pfaffenhofen
Telefon : [meine Nr.]
Telefax:
E-mail: [eine nur anderswo im Web stehende, sonst nicht genutzte Adresse]
URL (Web) : kein EintragWir bitten Sie freundlichst, die Daten zu überprüfen sowie den Anhang und diesen gegebenfalls an uns per Fax zu retournieren.
Sofern Sie die Datei nicht öffnen können, schauen Sie bitte ggf. unter dem folgenden Link:
http://www.mktstar.net/pdf.php?[viele Nummern]Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gelbes Branchenbuch Team
Sollten Sie zukünftig keine E-Mail Nachrichten empfangen wollen, senden sie bitte eine E-Mail mit dem Subject „NOEMAIL“ an info@mktstar.net.
Das mit dem Datenschutzgesetz ist natürlich Quatsch, der das ganze offizieller aussehen lassen soll. (Und gefunden hab ich mich dort auch nicht.) Wenn man sich das PDF mit Namen „Offerte“ und ein paar Nummern dann mal anschaut (nachdem bei VirusTotal keine Gefahr gefunden wurde), bestätigt sich der Verdacht, dass es sich dabei nicht um eine Bestätigung, sondern um einen „Eintragungsantrag“ handelt, der für einen „Premium Business Eintrag“ schlappe 65€ monatlich abzocken will mit einer zweijährigen Laufzeit, insgesamt also 1560€. Und das für einen nutzlosen Eintrag auf www.gelbesbranchenbuch.com, die zu recht eine miese Reputation hat – denn die Betreiber sind mindestens seit 2008 aktiv, wie im Antispam-Forum zu finden ist.
Dass die Abzocker nix mit den renommierten „Gelbe Seiten“ zu tun haben (was sogar im Fax-Formular steht), sondern sich nur in deren Namen sonnen wollen, verwundert auch nicht. Ihre angeblichen 5 Millionen Einträge werden sie sich schon irgendwie zusammengesucht haben, denn auch wenn’s auch einen „kostenlosen Grundeintrag“ gibt, so viele zahlende Kunden werden sie dann hoffentlich doch nicht haben.
Dass sie trotz „Privatpersonen können keinen Eintrag beauftragen“ trotzdem an solche mailen, ist da eigentlich nur eine kleine Randnotiz…
Wie es viele Betrüger gerne tun, verstecken sich auch diese Typen in der exotischen Ferne, und sei es nur per Briefkastenfirma. Derzeit u.a. auf den Marshall-Inseln – wo sie mittlerweile auch den genannten Gerichtsstand hinverlegt haben, früher waren das offenbar u.a. Ungarn und Tschechien – wie als direkter „Auftragnehmer & Vertragspartner“ angegeben:
GBB Ltd., Trust Company Complex, Ajeltake Rd., Ajeltake Island, Majuro, Marshall Islands, MH 96960. Company Number: 37214.
Ist laut Impressum von gelbesbranchenbuch.com1 aber nur ein „Partnerverlag“ des Betreibers
MPC Holding Ltd.
Global Gateway 2590
Rue de la Perle
Providence
Mahé
Seychelles
Letztes Jahr war die „Firma“ noch in Belize. Übrigens ist auch die „Ucalegon Ltd.“ früherer Abzock-Wellen von Bangkok dorthin gezogen. Und wo wir schon in der Welt rumgondeln: Die Antowrt-Faxnummer ist 0060 321 784 397 in Malaysia. Okay, ist jetzt nicht so weit von den Marshall-Inseln entfernt, aber immerhin…
Versendet wurden die Mails, wie oben zu sehen, von der erst seit Ende Juli existierenden Domain mktstar.net, die auf einen Honig Fernando, mktstar.net, office #3594779, c/o OwO, BP80157, 59053, Roubaix Cedex 1 in Frankreich registriert ist – wie Anfang des Jahres schon mktmaster.net –, wobei OwO „natürlich“ ein Domain-Whois-Anonymisierungsdienst ist.
Langer Rede kurzer Sinn: Ab in den virtuellen Papierkorb mit diesen Abzockern von gelbesbranchenbuch.com. Und überhaupt nicht antworten, denn ein „Austragen“ aus Spammer-Maillisten bestätigt denen nur, dass die Adresse genutzt wird.
Links zum Thema:
- Antispam e.V.
- Daniel Große über die Abzock-Wellen von Feb.2010 bis Feb.2011
- Eintrag bei Web of Trust (WOT)
- (Nachtrag 27.12.:) Ein BGH-Urteil zu einem ähnlichen Branchenbuchtäuscher.
Update 3.12.12: Natürlich spammen diese Typen immer weiter – die „2013“-Variante hat mich heute nun auch erreicht. Die Antwort-Faxnummer ist noch dieselbe, die vermeintliche Abmelde-Mailadresse ist nun „info@gbmailinx.net“.
Update 24.2.13: Ich weiß nich, ob’s dieselben Abzocker sind, aber sie sind mindestens sehr ähnlich: sie nennen sich Yellows Branchenguide (yellows-branchenguide.com), kombinieren Bulgarien (Gerichtsstand), F.Y.R.Mazedonien (Korrespondenzadresse) und Belize (Firmeneintrag) mit einer internationalen kostenlosen Rufnummer (00800 500 100 20) und höheren Wucherpreisen (996 € pro Jahr, optional Aufpreise) im Kleingedruckten. (Und eine veraltete Adresse von mir. Privat, wohlgemerkt, und nix für einen Branchenführer.) Ansonsten derselbe nutzlose Müll.
(Aber würden sich solche Typen zu einer Namensänderung bewegen lassen, sollte die echten Gelben Seiten hier tatsächlich etwas unternommen haben?)
- gelbesbranchenbuch.com/?action=impressum heute bei WebCite archiviert [↩]
Heuni1 09.08.2011 um 13:29 75 Kommentare
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Eigentlich müsste man sowas doch irgendwie verbieten können. Hach…
cimddwc 09.08.2011 um 13:40 6323 Kommentare
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Das Problem ist eher, das den versteckten Betreibern auch wirkungsvoll mitteilen zu können…
Ute-Marion Wilkesmann2 09.08.2011 um 14:32 1 Kommentar
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Interessante, gründliche Recherche – ich hatte es bereits gelöscht, stinkt ja 10 Meilen gegen den Wind (nicht mal ne ordentliche Signatur), aber dann gegoogelt, was denn wohl hinter der Domain steht und dann diese pfiffigen Infos gefunden. Danke
Bernd Rudert3 14.08.2011 um 10:29 1 Kommentar
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Bin beinahe in die Falle getappt. Aus gemachter Erfahrung wurde ich hoffentlich
klüger. Danke an Google und die betroffenen.Dass mann solchen Machenschaften noch nicht das Handwerk legen lässt ist ein Skandal. Bernd R. aus W.
Chris4 28.08.2011 um 14:49 23 Kommentare
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Vielen Dank für die ausführliche Info hier. Ich habe nämlich vor wenigen Minuten eine eMail von „mail@mktstar.net“ erhalten. Nachdem ich das hier alles gelesen habe, kann ich ich mail getrost löschen.
VG Chris
Tim5 24.09.2011 um 12:03 1 Kommentar
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1000 Dank! Hab die Mail auch erhalten, kam mir dubios vor und hab deshalb google konsultiert. Schön, dass es Menschen gibt, die Ihre Erfahrung teilen!
Danke!
Anonym6 02.11.2011 um 11:12 330 Kommentare
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Das tollste ist ja auch noch, dass der Gerichtsstand in Ungarn ist und das ungarische Recht gilt^^ Wir habe diese E-Mail heute auch bekommen…
Heiko7 05.12.2011 um 10:09 2 Kommentare
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Gerade kam auch ein Fax vom obigen Anbieter rein – dann hatte ich mich über die Vorwahl gewundert – 0060? Also man muss schon sagen, man sieht’s erst auf den zweiten Blick, dass es die anderen ‚Gelben‘ sind. Zumal mit den Slogans der echten Gelben Seiten geworben wird – 5 Mio Einträge etc. und die Seite selbst hat 35 Seiten im Google Index. Schade um die Tintenpatrone meines Faxgeräts…
Heyland8 15.02.2012 um 3:07 1 Kommentar
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Vielen Dank für die Informationen. Die Einträge in diesem Branchenbuch sind sicher nicht alle aktuell und ob sie der Eingetragene schon mal autorisiert hat, ist eine sicherlich spannende Frage, wie ich gerade feststellen konnte. Was mich jedoch besonders nachdenklich stimmt, ist der Umstand, dass die Website http://www.mktstar.net offenbar direkt auf Google umgeleitet ist ……….
cimddwc 15.02.2012 um 8:58 6323 Kommentare
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Interessant. Aber solange die Mails bei denen noch ankommen (und es ist bestimmt nur eine HTTP-Umleitung), reicht es denen ja auch…
Trucker0069 12.07.2012 um 10:02 1 Kommentar
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Der erste Verdacht beim lesen hat sich durch die Infos hier bestätigt. Die Abzocke läuft immer noch, habe heute die Mail erhalten. Danke für die Infos!
Anonym10 24.04.2013 um 11:19 330 Kommentare
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Ich habe genau diese Anfrage zwecks korrekter Datenangaben bekommen. Diese Eintragen im Gelben Branchenbuch waren nicht ganz korrekt. Ich habe sie korrigiert abgeschickt und dann gemerkt, daß ich drin bin in einer teuren Abofalle. Und schon zu spät!!!!!!! Es gibt keine Möglichkeit an den Kundenservic zu kommen und in Kontakt zu treten und das ganze rückgängig zu machen. Und jetzt !!!!!!!! Was kann ich tun, außer das Konto genau zu beobachten!? Natürlich möchte ich schnell und ohne großen Ärger wieder rauskommen aus dieser Geschichte.
cimddwc 24.04.2013 um 11:41 6323 Kommentare
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Die wohl sicherste Lösung: Nimm dir ’nen Anwalt. (Ich bin keiner.) Ansonsten, nun ja, ich weiß nicht, ob es etwas bringt, einen Brief (Musterbriefe für sowas sollten sich ergoogeln lassen) an die Postadresse zu schicken, aber schaden kann’s auch kaum. Ich glaub zwar, die werden nicht wirklich klagen, wenn du das Geld zurückbuchen lässt, wenn sie’s abbuchen, aber was Gewerbetreibende da evtl. alles beachten müssen, weiß ich nicht; da solltest du anderswo mehr Infos finden, vielleicht in Foren wie bei 123recht.net oder antispam-ev.de
Basilius 26.04.2013 um 1:12 11 Kommentare
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Erst mal das wichtigste, Anonym:
KEINE PANIK!
Einen Anwalt wirst Du erst mal ganz sicher nicht brauchen. Wahrscheinlich sogar überhaupt nicht. Informiere Dich erst mal in aller Ruhe auf Verbraucherschutztseiten zu dem Thema. Die beraten sehr kompetent. Hier zum Beispiel:
http://www.vz-nrw.de/musterbriefe-onlineabzocke
Diese Verbrecher arbeiten in erster Linie damit, daß sie unbedarften Menschen, die Ihre Rechte und Möglichkeiten nicht kennen, das Geld aus der Tasche ziehen. Dabei ist das gar nicht so einfach, wenn Du nicht mitspielst. Hier das wichtigste von der Verbraucherzentrale:
Sein Konto zu beobachten ist sowieso immer eine gute Idee, auch ohne sonstige Betrüger, aber wenn da wirklich mal was abgebucht werden sollte, dann kannst Du (innerhalb von 14 Tagen) bei der Bank die Abbuchung widerrufen lassen. Der Abbucher ist erst mal in der Beweislast und da wird er schlechte Karten haben. Aus genau dem selben Grund drohen Dir die Inkassounternehmen immer höhere Gebühren an und schließlich mit dem Anwalt. Der müsste dann irgendwann einen Mahnbescheid bei Gericht beantragen, was das einzige wäre, auf das man wirklich reagieren muss. Aber genau das passiert praktisch nie. Weil, der Mahnbescheid kostet die Abzocker erst mal selber etwas Geld und dann müssten Sie trotzdem erst mal vor Gericht nachweisen, daß Sie einen Anspruch auf Dein Geld haben. Das ist aber nur sehr schwer vorstellbar und die Richter sind ja auch keine Honks, die von nix ne Ahnung haben. Die typischen Abo-Fallen-Abzocker kommen bei unserer Gesetzeslage vor unseren Gerichten nicht besonders weit. Also drohen die Inkassos mit immer noch mehr Briefen und irgendwann kommt als nächste Eskalation der Drohbrief vom Anwalt (mal genau auf den Brief kucken: Der Anwalt selber hat den nie in den Fingern gehabt. Diese Schmuddelarbeit macht immer nur eine Bürokraft aus der Kanzlei)
Weiß ich so genau, weil letztes Jahr alles selber erlebt (zu meiner Schande. Ich wäre ja nie auf einen Internet/Mail/sonstwas-IT-Trick reingefallen, aber ich wollte was kaufen und bin am Telephon(!)(Ich bin nämlich am Telephon eine graue Maus) beim Abgrasen von 10 Nummern an einem Vormittag über eine faule gestolpert, welche mir nur einen Katalog mit Hintergrund-Infos, Datensammlung, etc. verkaufen wollte für 15,85€. Ja, OK, denk ich, klingt interessant, ist ja nicht soviel. Schauste halt mal an. Soll er Dir zuschicken. War dann aber eine inhaltlich völlig wertlose PDF-Datei und kein schönes Papier und wollte dann ein Abo sein, was dann bei 689,- herausgekommen wäre. Davon war am Telephon nicht die Rede. Aber ich bin am Telephon nicht nur eine graue Maus, sondern auch noch ein Mauerblümchen.
(._.)
Also per Mail Widersprochen nach obigem Musterbrief und dann das volle Programm kassiert: immer böser werdende Briefe (und immer teurere Mahngebühren). Einmal noch geschrieben, daß wir uns gerne vor Gericht sehen können. Dann habe ich denen nie wieder geantwortet.
Von denen kamen dann Drohungen (mit höheren Mahngebühren), daß die das bald an Ihre Inkassoabteilung weiterleiten „müssten“.
Irgendwann dann Brief von einem Inkassobüro (nanu? Aus einer völlig anderen Stadt? Wo blieb den denen ihre Abteilung (Ich hatte dank google schon vorher die Vermutung, daß meine Abzockerfirma in Wirklichkeit nur einen oder vielleicht zwei Mitarbeiter ernähren kann.
Telephonanrufe…ich ging nie hin, weil die Deppen die Rufnummer übertragen haben, aber eigentlich egal, weil wenn Nr. unbekannt, dann gehe ich sowieso nie hin. Die Mauerblümchen unter den grauen Telephonmäusen reden nicht gerne mit Fremden
Mahngeühren immer uferloser.
Drohen mit dem Anwalt.
Dann kommt der Brief von der Anwaltsbüroaushilfe
Mahngeühren immer noch uferloserer.
Drohen mit Gerichtsverfahren und exorbitant uferloserereren Kosten.
Und immer noch mehr (aber wenigstens keine Telephonanrufe mehr).
Inzwischen wird es dann langsam albern, weil man jetzt langsam merken kann, daß die Androhung des ultimativen Mahnbescheids genau das ist: Eine Drohung, aber leer, weil genau das nie passiert.
Ab dem Zeitpunkt hörten dann die Briefe (ja, die geben wirklich Geld für Papier und Marken aus! Die sind so blöd!) schlagartig auf.
Nie mehr was von denen gehört.
Man darf sich nur nicht einschüchtern lassen (Zugegeben, DAS sagt sich leichter, als es dann wirklich getan ist).
Aber die Verbraucherschutzzentralen sind hier wirklich gute Beratungsstellen. Einen eigenen Anwalt braucht man erst, wenn der Mahnbescheid vom Gericht wirklich kommen sollte (extrem unwahrscheinlich).
Ohren steif halten.
=^.^=