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Atheismus oder Anti-Wissenschaft

Energetisch verletzt

Homöopathisches Aufmacher-Bild

(homöopathisch verdünntes Aufmacher-Bild)

Die hiesige Schyren-Apotheke bietet einer monatlichen Vortragsreihe der „Heilpraktiker Initiative PAF“ Platz in ihren Räumlichkeiten, und während manche Themen noch keinen eindeutigen Schluss auf die Ausrichtung – evidenzbasiert? glaubensbasiert? wellnessorientiert? – zulassen, geht’s im Januar um:

Verletzungen – so hilft die Homöopathie

Ich schlage vor, dies um diese Vorträge zu ergänzen:

  • Draufpusten – die ultimative Hilfe bei Verletzungen
  • Intensiv lächeln gegen Verletzungen
  • Schokoladengeschenke gegen Verletzungen bei Kindern

Genauso wirksam!

In der Anzeige ebenfalls mit angegeben ist die zugehörige eher gewöhnliche Versandapotheke unsere-apo.de sowie eine „Energetische Apotheke“ unsere-theke.de, auf ersterer verlinkt mit dem Hinweis, man fände dort (besser gesagt: im zugehörigen Shop ohne eigene Domain) „alles, was mit Natur­heilkunde zu tun hat.“ Aber von wegen: Es geht nicht einfach um ein paar Natur­heilmittel, sondern um das ganze glaubens­medizinische Getue, das die Bezeichnung „Energetische Apotheke“ schon befürchten lässt (und das mit „Natur­heilkunde“ höchstens in den Wunsch­vorstellungen ihrer Propa­gandisten zu tun hat). So beginnt die Seite „Energetik“ schon mit:

„Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen“
Albert Einstein

Natürlich, ein Einstein-Zitat muss einfach sein. Leider hören gerade solche Energie- und andere Esoteriker, die gerne Einstein zitieren, dort zu fragen auf, wo es darum geht, ihre vermeintlichen Erkenntnisse auf ein solides objektives, reproduzierbares, wissenschaftliches Fundament zu stellen.

Jedes Lebewesen (Mensch, Tier, Pflanze) besteht aus einem materiellen, sichtbaren Körper und aus einem feinstofflichen nicht sichtbaren geistig-seelischen Bereich.

Das ist eines der beliebtesten Esoteriker-Dogmen, das aber auch nicht dadurch wahrer wird, je öfter es wiederholt wird. Oder sollte ich mal anfangen, in jedem zweiten Satz (nicht nur hier, sondern überall in Kommentaren, in Geschäfts­mails, …) etwas vergleichbar Irreales zu schreiben in der Hoffnung auf weit­verbreitete Akzeptanz? Etwa: „Jedes Lebewesen besteht neben dem grob- und fein­stofflichen Bereich aus einem bügelfrei­stofflichen nur aus den Augenwinkeln sichtbaren Bereich, über den es mit dem Großen Bügelbrett des Multiversums verbunden ist.“ Vielleicht wäre das auch ein Ansatz für eine Therapie gegen chronische Bügel-Unlust – könnte ich selber auch brauchen…

Wenn heute immer noch behauptet wird, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, kann man nur darauf hinweisen, dass bereits Einstein die Äquivalenz von Masse und Energie (E=mc⊃2; ) bewiesen hat. Energie ist also in Materie umwandelbar und umgekehrt.

blue fibers Das mit dem Quadrat üben wir besser noch mal… Nun, wenn heute immer noch behauptet wird, dass Einstein und E=mc² mit feinstofflich-ganzheitlicher Energie-Esoterik nichts zu tun hat, kann man nur darauf hinweisen, dass dies richtig ist. Geschickt herausgepickte Versatzstücke aus der Wissenschaft sind zwar in Esoterik umwandelbar, aber nicht umgekehrt.

Wie man auch in dem grauenvollen Video sieht, das gerade die Blog-Runde macht: eine Dr. Werner „erklärt“ die Homöopathie (und das ganze Universum) auf „leicht“ hanebüchene Weise. Siehe z.B. bei Orac, der auch inhaltlich auf ein paar Details eingeht (engl.).

Seid ihr Einsteinformelmissbraucher eigentlich strahlende (höhö) Befürworter von Kernenergie und Atombomben?

Die Relativitätstheorien und die moderne Quantenphysik liefern weitere Beweise, dass die Realität, wie sie sich den meisten von uns darstellt, bei weitem nicht alles ist. (s. Heisenbergsche Unschärferelation, Doppelspaltversuch, Viele – Welten(=Realitäten)-Theorie usw.)

Sie liefern aber keinerlei Argumente oder gar Beweise für eure Esoterik-Energetik! Herr­gott­nochmal! Nur weil ihr offenbar keine Ahnung von der modernen Physik habt (und euch nicht mal ernsthaft dafür zu interessieren scheint), heißt das nicht, dass damit alles möglich und erklärbar wäre!

Glaubt doch meinetwegen was ihr wollt, aber BELEGT EUER ZEUG ERST MIT WISSENSCHAFTLICHER METHODIK, BEVOR IHR EUCH AUF DIE WISSENSCHAFT BERUFT!
:motz:

Wie die alten Lateiner schon sagten:

– alles fließt
OMNIA FLUUNT d.h. befindet sich im Wandel
d.h. alles ist Energie

Das sagten sogar schon die alten Griechen – da hieß es noch πάντα ῥεῖ, panta rhei. Wie wär’s denn, wenn ihr mal ein klitzekleines Loch in eure Staudämme zum Schutz vor der Flut der Wissenschaft bohrt? Oder habt ihr Angst, dass das etwa eure seit 200 Jahren erstarrte Homöopathie fort­schwemmen könnte?

Die Energetik beschäftigt sich demzufolge nicht nur mit lebenden Organismen
sondern auch mit:

– Materie (Mineralien z.B. Heilsteine Wasser z.B. Grander, Emoto)
– Räumen (Feng Shui)
– Orten (Geomanthie)

Energetiker untersuchen also sowohl den Energiefluss innerhalb von Lebewesen (Chakren, Meridiane, Aura usw.) […]

Da haben wir ja eine wahrlich vertrauenerweckende Kombination „transrealer Vorstellungen“1!

  • „Nach einem Urteil des LG Hamburg ist es irreführend und daher unzulässig, sog. „Heilsteinen“ krankheitsvorbeugende oder krankheitslindernde Wirkung zuzumessen.“ (Jurablog u.a.)
  • Urteil des OLG Wien: Die Bezeichnung „aus dem Esoterik-Milieu stammender, parawissenschaftlicher Unfug“ für Granderwasser ist sachlich begründet (Wikipedia).
  • Masaru Emoto, der mit Musik und Etiketten das Wasser beeinflussen will und sehr selektiv seine Kristallbildchen auswählt – „aus Sicht der Wissenschaftler haarsträubende Behauptungen“ (Stern; s.a. James Randi).
  • Und bei Feng Shui, Geomantie (ohne h), Chakren, Meridianen, Aura u.s.w. geht’s genauso fernab der Realität zu.

Ich glaub, hier höre ich lieber auf und erspare es mir (und euch), auch noch auf die Unterseiten „Pflanzenenergetik“, „Tierenergetik“ und „Raumenergetik“ einzugehen…

 

Weitere Linktips:

  1. Zitat-Quelle: Dr. Berndt []
  2. Update 5.9.11: Link geändert, da der urspr. derzeit/mittlereile nicht öffentlich zugänglich ist []

Links und Videos der Woche (2009/42)

(Hier war etwas als Flash-Objekt eingebunden. Nicht mehr zeitgemäß.)

 

 

  • Blechbläser spielen Bohemian Rhapsody – inkl. einiger witziger Einlagen (via @gillyberlin):

    https://youtu.be/hBLm747tyn0

Keine Götter?

betend Bei Thomas bin ich auf diese kleine Blogparade vom Fischkopp gestoßen, bei dem es um ein paar Fragen zu diesem Thema geht:

Was wäre wenn morgen jemand den wissenschaftlichen, absoluten Nachweis erbringen würde, das es definitiv keinen Gott, keinen Budha oder Allah gibt bzw. nie gegeben hat??? (Diese Fragestellung bitte ich als rein hypothetisch/philosophisch zu betrachten! Es geht nicht darum seine Religion oder Ansichten zu outen oder das Für und Wider zu diskutieren…)

Nun, den „wissenschaftlichen, absoluten Nachweis“ müsste man als Widerlegung der „Gottes­hypothese“, der Behauptung der Existenz eines wie auch immer gearteten Gottes sehen – mit dem klitzekleinen Problem (zumindest bei denjenigen Varianten, die die Bezeichnung „Gott“ auch verdienen), dass diese Hypothese nicht wissenschaftlich ist und sich der Falsifizierbarkeit entzieht, dass diese Fragestellung also definitiv nur hypothetisch sein kann; wenden wir uns also den einzelnen Fragen der Blogparade zu:

Was würde in der Welt geschehen?

Die Welt würde sich sofort in Luft auflös— nein, Spaß beiseite, es würde nichts Besonderes geschehen; vor allem nichts, was nicht im Rahmen der anderen Fragen beantwortet würde. ;)

Wie würden Milliarden gottgläubiger Menschen (Christen, Juden, Moslems, Budhisten…) darauf reagieren?

Ich denke, die allermeisten, insbesondere die tiefergläubigen Ottonormal­gläubigen würden das kurz zur Kenntnis nehmen und ganz einfach ignorieren – sie kümmern sich ja jetzt schon allgemein nicht um rationale Argumente gegen ihren Glauben und speziell nicht um wissenschaftliche Belege gegen bestimmte Elemente wie den wörtlichen Schriften­auslegungen der Kreationisten; diese würden sicher auch mit ihren kläglichen pseudo­wissen­schaftlichen Versuchen weitermachen, nur dass sie dann halt ein neues Ziel neben der Evolutionslehre hätten.

Einige mit schwächerem Glauben, insbesondere unter den westlichen Christen, die eh schon kurz vor dem Kirchenaustritt stehen, würden diesen hypothetischen Beweis dann vielleicht zum Anlass nehmen, Nägel mit Köpfen zu machen.

Am radikalen Ende des Spektrums hätten manche, die jetzt schon gewaltaffin sind, einen weiteren Vorwand, und auch die Hassprediger diverser Couleur hätten die Gelegenheit, ihr aus den Anders- und Nicht­gläubigen bestehendes Feindbild um Wissenschaftler zu erweitern. Kurz: an Ostern nicht viel Neues…

Was würde mit den kirchlichen Institutionen als Arbeitgeber geschehen?

Ein paar weniger Schäfchen, dafür ein paar weniger niedere Angestellte in diesem Bereich, aber sonst keine Änderungen. Warum auch?

Kriegt der Papst dann Hartz IV? ;-)

Selbst bei einem deutlich höheren Rückgang der Mitgliederzahlen als ich vermute würde der Vatikan davon bestimmt nicht arm werden. Und bevor’s Hartz IV gäbe, müssten sie eh erst ihre Vermögenswerte abbauen; der Papst sollte zuerst in eine kleinere Wohnung umziehen und aus seinen Palästen Hotels oder Sozialwohnungen machen. (Wäre eigentlich auch so keine schlechte Idee.) ;)

Könnte es gar zu kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt kommen?

Auch nicht zu nennenswert mehr als heute. (Und das sind schon mehr als genug.)

 


„I have never seen the slightest scientific proof of the religious ideas of heaven and hell, of future life for individuals, or of a personal God.“
Thomas Alva Edison


Foto: criswatk/sxc

Die Geschichte vom Sonnensystem und dem Synchronisationsstrahl

Sonnensystem Es war einmal ein Sonnensystem, das fühlte sich ganz wohl an seinem Platz zwischen zwei Hauptarmen seiner Galaxie. Hier war es nicht so voll, dass ständig andere Sterne im Weg herumliefen, aber auch nicht so leer, dass gar nichts zu sehen wäre. Hier konnte es gemütlich seine Bahnen ziehen, Bahnen um das Zentrum der Galaxie, in dem dieses große unsicht­bare Ding das Maß aller Dinge war. Ein großes unsicht­bares Ding, das wahnsinnig schwer war, millionenmal schwerer als das Sonnen­system selbst, und das sich für diese Masse unglaublich schnell drehte.

Das Sonnensystem bewunderte dieses Ding. Es schleuderte nicht ständig riesige Mengen Materie von sich, um auf sich aufmerksam zu machen, denn das hatte es gar nicht nötig; nein, es zog sogar noch alle Materie in seiner Nähe an, die freudig strahlend in das Ding hineinstürzte. Den Rand, an dem dies geschah, nannte man Ereignishorizont. Dieser Gedanke gefiel dem Sonnensystem – es stellte sich diesen Horizont als von großartigen Events erfüllt vor, sodass es niemals langweilig werden würde.

Aber andererseits war das Sonnensystem auch froh über sein Dasein, denn es war eher das galaktische Äquivalent eines Stubenhockers: Es blieb lieber gemütlich zu Hause zwischen den beiden Hauptarmen und zog gemächlich seine Bahnen. Außerdem hatte es auch eine gewisse Verantwortung, denn sein dritter Planet befand sich in einem Abstand von der Sonne, in dem er Leben hervorbringen konnte und auch hervorgebracht hat. Und dessen Fortbestehen lag dem Sonnensystem sehr am Herzen.

Und was für ein Leben das war! Es war sogar intelligentes Leben; Leben, das sich seiner selbst bewusst war! Soweit das Sonnensystem von seinen Nachbarn erfahren hatte, war dies ein sehr seltener Fall in der Galaxie. Ein Grund für das Sonnensystem, sich für etwas Besonderes zu halten – und das mit Recht.

Wie das Sonnensystem mitbekam, machten sich einige der intelligenten Lebensformen – sie nannten sich übrigens Menschen – auch Gedanken über ihre Position in der Galaxie, ja im gesamten All. Es bekam allerdings nicht alles mit, woran die Menschen so dachten, es waren ja auch ziemlich viele: mehrere Milliarden! Zwar nicht ganz so viele wie Sterne in der Galaxie, aber doch fast.

Das Sonnensystem war stolz.

Doch dann schnappte es einen Gedanken auf, der ihn noch beunruhigen sollte: Manche Menschen – dem ersten Vernehmen nach Wissenschaftler, renommierte Forscher – sprachen von einem „Synchronisations-Strahl.“ Ein Synchronisations­strahl? wunderte sich das Sonnensystem. Was soll denn womit synchronisiert werden? Es bekam nun nicht alle Details mit, aber ein Gedanke war dann doch klar: Der Synchronisations­strahl sollte aus dem Zentrum der Galaxie kommen. Dem Zentrum, in dem das große unsichtbare Ding sitzt!

Sgr A* (u.a.) Zwar freute sich das Sonnensystem zunächst über diese Verbindung. Doch was genau sollte da synchronisiert werden? Das Sonnensystem konnte sich nur eine Eigenschaft vorstellen, bei der dieser Begriff Sinn ergeben würde: Sein Umlauf um das große unsichtbare Ding würde mit dessen Rotation verbunden werden, praktisch wie wenn man sie mit einer starren Achse verbände. Aber… aber das würde ja bedeuten, sorgte sich das Sonnensystem, dass es vorbei ist mit meinem gemütlichen Weg zwischen den beiden Hauptarmen!

Das Sonnensystem war traurig. Es würde enorm beschleunigt werden, und das in weniger als 50 Umdrehungen seiner Sonne – ein Klacks im Vergleich zu seinem bisherigen Leben. Und es war nicht nur traurig, weil sein gemütliches Dasein ein jähes Ende fände, sondern auch, weil diese riesige Geschwindigkeit für „sein“ menschliches Leben, auf das es so stolz war, nichts Gutes verheißen konnte. Eine Bewegung mit milliardenfacher Lichtgeschwindigkeit würde auch die relative Leere des Weltraums zu einem heftigen, orkanartigen Gegenwind werden lassen – selbst die Sonne würde dadurch wohl sehr schnell aufgelöst werden.

Das Sonnensystem war am Verzweifeln.

Was sollte es tun? Es wollte das alles nicht! Und warum gerade jetzt? Warum in diesem Jahr, das die Menschen 2012 nennen? Warum nicht wenigstens eine langsame Beschleunigung in Lauf von ein paar Milliarden Jahren, so zum daran Gewöhnen?

Das Sonnensystem musste mehr erfahren. Es konzentrierte sich ganz stark auf den Ursprung der Informationen über diesen Synchronisations­strahl, auf den Wissenschaftler, der ihn entdeckt hatte. Doch was war das? Der Wissenschaftler sprach gar nicht von der Umlaufgeschwindigkeit, sondern von… Bewusstsein und Multi­dimensionalität… Paradigmen­wechsel… Bio­metrisierung von Struk­turen… verschiedenen anderen Dingen jedenfalls, die nicht so genau zu verstehen waren, denn das Ganze war doch sehr verworren.

Und selbst mit seinem begrenzten Wissen erkannte das Sonnensystem: Das war ja alles Unsinn! Der Wissenschaftler hatte keine Ahnung, wovon er da sprach! Noch nicht mal die Lage des Sonnen­systems in der Galaxie und die grund­legendsten Vorgänge in ihr hat er richtig erkannt! Aber wieso dann das ganze Gerede vom Synchronisations­strahl? Panik­mache, Aufmerksam­keits­heischerei, Geld­macherei, oder was sonst?

Aber das Sonnensystem interessierte das gar nicht mehr. Und es fand auch andere Wissen­schaftler, echte Wissen­schaftler, die die Unsinnigkeit des Synchronisations­strahls und der anderen Hirn­gespinste des anderen auch erkannt hatten.

Das Sonnensystem war wieder beruhigt.

Doch es wunderte sich, warum sich die Menschen solche Dinge ausdenken und daran glauben, und fragte sich, ob es die Intelligenz „seines“ Lebens richtig eingeschätzt hatte.

 


Bilder: NASA (Wikimedia, Chandra X-Ray Observatory)

Links und Videos der Woche (2009/30)