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Gesundheit

Die CimdComp-Therapie – besser als Bachblüten!

Ich hatte ja neulich schon die „Bach-Blütentherapie“ erwähnt, bei der willkürlich 38 „Seelenzustände“ mit 38 willkürlichen Pflanzen-Wasser-Alkohol-Mischungen geheilt werden sollen. Ist natürlich esoterischer Glaubensmedizin-Quark mit reiner Placebo-Wirkung.

asiatischer Speicher Aber es geht besser! Da ich ohnehin beruflich mit Computern zu tun habe, ist es mir gelungen, eine absolut wirksame neue Therapieform zu entwickeln, die zudem viel besser zu den Seelenzuständen passt, die sie heilt, als der Kram von Edward Bach. Ich nenne sie die CimdComp-Therapie:

die Cimddologische Computer-Komponenten-Therapie.

Das ist richtig, Sie verwenden nicht irgendwelche Pflanzen, sondern essentielle Bestandteile des modernen Lebens – die beste Lösung in dieser modernen Zeit!

Achtung: Anwendung auf eigenes Risiko!
Das Lesen dieses Beitrags kann nicht den Arzt ersetzen!
Suchen Sie bei heftigen Beschwerden unbedingt einen Arzt auf!
(↑ Bla bla aus rechtlichen Gründen, das keiner, der es verwendet, wirklich glaubt.)

Die Komponenten

Wählen Sie die Komponente, die am besten zu Ihrem aktuellen Seelenzustand passt, um dessen Disharmonien zu beseitigen:

Komponente: Hilft bei Seelenzustand:
Prozessor (modern) Ihre Gedanken fühlen sich langsam an.
Pentium-Prozessor mit Rechenfehler Sie stellen fest: „Ich bin ja sooo berechenbar.“
Motherboard Sie leiden an einem Ödipus-Komplex.
Spannungswandler Sie fühlen sich ständig angespannt.
Gehäuseschraube (normal) Man sagt Ihnen öfter: „Bei dir ist doch ’ne Schraube locker!“
Daumenschraube Sie haben sadistische Neigungen.
Fenster aus der Gehäuse-Seitenwand Ihre exhibitionistischen Tendenzen werden zu stark.
Festplatte (mind. 500 GB) Sie neigen zur Magersucht.
Festplatte (bis 10 GB) Sie neigen zur Fresssucht.
Speichermodul Sie haben Gedächtnisprobleme.
DDR-Speicher Sie sind ein hoffnungsloser Ostalgiker, der der DDR hinterhertrauert.
DDR2-Speicher Sie sind ein hoffnungsloser Ostalgiker, der die DDR wieder aufbauen will.
SPD-EEPROM-Chip Sie sind ein unverbesserlicher Fan von Müntefering & Co.
Vibrationsdämpfer Sie zittern am ganzen Körper.
Tintenstrahldrucker Sie ärgern sich ständig über die Graffiti an Ihrer Hauswand.
Maus (mit Kabel) Sie fühlen sich ständig angebunden und in Ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Maus (ohne Kabel) Sie sind besorgt über zu viel Freiheit.
Leertaste Sie fühlen sich so leer.
Tasten L und O Sie müssen ständig laut lachen (*LOL*).

psst! Sie sehen, manche Komponenten wirken nach dem homöopathischen Prinzip, „Gleiches mit Gleichem“ zu behandeln, andere enthalten die Lösung direkt. Wie diese Auswahl zustandegekommen ist, ist natürlich Betriebsgeheimnis.

 

Herstellung der Essenzen

Stellen Sie zunächst sicher, dass die Geräte nicht mehr ans Stromnetz angeschlossen sind.

  • Wählen Sie die für Sie geeignete Komponente aus der obigen Tabelle und bauen Sie sie vorsichtig aus.
  • Legen Sie die Komponente in einen mit Staub gefüllten Behälter ausreichender Größe, so dass sie komplett vom Staub bedeckt ist.
    Der Staub ist wichtig, denn die der Materie innewohnenden Schwingungen übertragen sich im weiteren Verlauf auf ihn, und dabei ist er viel wirkungsvoller als Wasser (das zudem den Komponenten mehr schaden würde).
  • Lassen Sie die Komponente genau 42 Minuten im Staub liegen, und achten Sie darauf, dass keine Sonnenstrahlen darauf fallen; entfernen Sie die Komponente dann.
  • Greifen Sie mit einer Pinzette aus Kunststoff (wichtig! Metall würde die Wirkung zunichte machen!) eine Staubfluse heraus und potenzieren1 Sie diese in 23 Hektolitern destilliertem Wasser. Mit einem Kunststofflöffel 16 Minuten lang gut umrühren!
  • Entnehmen Sie mit einer Pipette 15 Tropfen daraus und geben Sie diese in eine Literflasche Wodka. Drehen Sie die Flasche 8x vertikal im Kreis.
  • Trinken Sie 4 Milliliter daraus.
  • Ihr Leiden ist geheilt!

War das nicht einfach? Ist das nicht genial? Wozu brauchen Sie jetzt noch Bachblüten, Homöopathiekügelchen oder Handauflegen?

:loll:


Fotos: Lev Olkha/Fotolia.com, scol22/sxc

  1. =verdünnen []

Geistheilung und die Telefonnummer im Impressum

Geistheilung und Telefon Telefonnummer im Impressum eines privaten Blogs wie meinem – ist das jetzt gut oder schlecht? Mal abgesehen davon, dass der EuGH entschieden hat, dass es auch für (bestimmte?) Firmen nicht zwingend ist (via Nicht spurlos), würden mir ohne Telefonnummer Anrufe wie der heute Nachmittag entgehen – auf die ich andererseits auch irgendwie verzichten könnte.

So hat mich eine Dame, die vermutlich über die Suchanfrage „muß man beim geistigen heilen etwas bestimmtes sagen ?“ auf meine Meinung zum „Geistigen Heilen auf höchster Ebene“ gestoßen ist, angerufen, weil sie als Anfängerin sich für eine Einführung in die Geistheilung interessiere (wofür sie auch bezahlt hätte…) und sich eben nicht sicher wäre, wie das funktioniert und ob überhaupt was dran wäre. Denn sie hat, offenbar in der Annahme, ich würde Entsprechendes anbieten, gleich zum Impressum weitergeklickt, ohne meinen Beitrag zu lesen! 8O

Nun ja, so konnte ich sie wenigstens darauf aufmerksam machen, wozu dieser Beitrag da ist – nämlich um gelesen zu werden –, und dem Linktip zur GWUP-Seite über Paramedizin zu folgen. Vielleicht nimmt sie ja gleich wieder Abstand von ihrem geistheilenden Vorhaben…


Wo wir schon bei blogbezogenen Telefonaten sind: Ein lobender Anruf aus Österreich – vielen Dank nochmal – zu (wenn ich mich recht erinnere) „Heilen mit Strichcodes“ wäre mir da auch entgangen. :mrgreen:


Foto (ohne Telefon): Stas Perov – Fotolia.com

„Bachblüten für Stubentiger“

Mit einem Flugblatt, das (neben anderen) im Automaten-Vorraum einer Bank auslag, bewirbt der Tierschutzverein Pfaffenhofen einen Vortrag am 8.11. mit ebendiesem Titel. Man freue sich, einen „kompetenten Referenten für alternative Heilmethoden gewonnen zu haben“, der „langjährige Erfahrungen als Heilpraktiker“ besitze und „die Bachblütentherapie erfolgreich“ anwende.

Nun hat er sich bereit erklärt, diese Therapieform allen interessierten Katzenfreunden näher zu bringen.

Ach, wie nobel von ihm. Gegen die damit einhergehende mögliche Erweiterung des Kundenkreises und der Einnahmen wird er sicher auch nichts haben.

Kätzchen: Stay away wiz thiz bullshit! Was sind Bachblüten nun?, mag sich der eine oder andere Leser fragen. Sie haben nichts mit dem kleinen Bruder des Flusses zu tun; der Name kommt vom Erfinder dieser „Therapie“, dem englischen Arzt Edward Bach, reimt sich also eigentlich auf „ätsch-bätsch“1 – was er sich vielleicht insgeheim dabei gedacht hat.

Bach hatte in den 1930er-Jahren willkürlich 37 Pflanzen(teile) (nicht mal Heilpflanzen) aus seiner Gegend ausgewählt, sich eine willkürliche rituelle Verarbeitung ausgedacht, von Schwingungen & Co. gefaselt und sie (zusammen mit reinem Fels-Quellwasser) willkürlich 38 willkürlich definierten „Seelenzuständen“ zugeordnet. Also eine typische esoterische glaubensmedizinische Methode, die entsprechend in klinischen Studien nie über Placebo-Wirkung hinauskommt.

Wenn jetzt jemand einwendet, woher soll eine Katze (oder ein sonstiges Tier oder auch ein Kleinkind) denn von der vermeintlichen Wirkung wissen, die für einen Placeboeffekt nötig wäre: Wenn Frauchen dem kranken Kätzchen (etc.) etwas gibt und durch ihr Verhalten klar macht, dass sie selbst an eine Wirkung glaubt, ist dies für das Tier/Kind beileibe überzeugend genug, damit sich ein Placeboeffekt einstellen kann.

Nun sind die Essenzen so verdünnt, dass keine physiologische Wirkung zu erwarten ist (abgesehen vom auch enthaltenen Alkohol2) – die einzige echte (aber nicht zu unterschätzende!) Gefahr besteht, wie bei solchen Methoden häufig, darin, dass bei ernsthaften Erkrankungen durch Vertrauen auf diese Methoden auf medizinische Diagnosen oder wirksame Therapien verzichtet wird, was insbesondere bei der „Notfallmischung“ gefährlich werden kann.

Weiterführende Informationen liefern untenstehende Linktips.

Selbstverständlich besteht nach dem Vortrag die Möglichkeit […] zum Erwerb individueller Bachblütenmischungen.

Naja, wenn der Erfinder schon mit individueller Willkür zu Werke ging, ist es ja egal, wie man das Zeug indivduell mischt.

Wäre es nicht auch eine Art des Tierschutzes, die Tiere (und Frauchen und Herrchen) vor solchem Eso-Mumpitz zu schützen…?


Linktips:


Foto-Original: Javier Leiva – Fotolia.com

  1. wobei die englische Wikipedia meint, der Name komme, wenngleich üblicherweise [bætʃ] ausgesprochen, von einem walisischen Familiennamen, bei dem das „ch“ doch wie im Deutschen auszusprechen sei []
  2. ein ehemaliger Alkoholiker soll dadurch rückfällig geworden sein – siehe GWUP []

Sooo viel Wohlbefinden…

Gesicht mit Blumen Die hiesigen wöchentlichen Anzeigenblätter übertreiben’s mal wieder: Im Bayrischen Taferl sind gleich vier Seiten „Wohlbefinden für Körper, Geist und Seele“, dabei zum Glück auch vernünftige medizinische Themen, Massage, Selbstverteidigung u.a., eine knappe Seite davon belegt aber das Thema „Warum zum Heilpraktiker?“, das vor unreflektierter Glaubensmedizin nur so strotzt.

IZ Regional alias Pfaffenhofener Anzeiger hat nur eine Seite „Wir sorgen für Ihr Wohlbefinden“, die aber fast ganz dem zweifelhaften Thema Magnetfeldtherapie gewidmet ist. Da muss man die Zeitungen ja schon loben, „Wohlbefinden“ statt „Wellness“ zu schreiben.

Um etwas Abwechslung in meine Anti-Esoterik-Beiträge zu bringen, zitiere ich diesmal den von der „Heilpraktiker-Initiative Landkreis Pfaffenhofen“ stammenden Originaltext von „Warum zum Heilpraktiker?“ (bzw. einen Teil davon), dargestellt in kursiv und orange, und ergänze ihn durch Teile (in schwarz), die meines Erachtens eventuell fehlen könnten oder die man satirischerweise aus Sicht der Eso-Heilpraktiker hinzufügen kann. ;) Ich will dabei natürlich niemandem direkt etwas unterstellen oder alle mit der Berufsbezeichnung Heilpraktiker über einen Kamm scheren, es gibt hier halt wie so oft solche und solche…

Anamnese,

d.h. die Erinnerung (so die griechische Bedeutung) daran, was wir den Patienten am besten erzählen können.

Ein ausführliches Erstgespräch über die aktuelle gesundheitliche Situation, sowie über vergangene und durchgemachte Krankheiten geht jeder Therapie voraus. Es käme ja auch blöd, dem Patienten ohne jede Begründung irgendwas Beliebiges zu geben. Und vielleicht finden wir so ja etwas, das wir als Grund fürs aktuelle Leiden hernehmen können. Von großer Bedeutung sind die persönlichen Lebensumstände und die Konstitution des einzelnen Patienten. (Oder sollte das statt Konstitution nicht besser Kontosituation heißen?) Mit einbezogen werden sämtliche Befunde und Laborwerte, letztere einbezogen in den Shredder, denn was kümmern uns schulmedizinische Labore?

Im Anschluss daran folgt die naturheilkundliche Diagnose-er-findung, z.B. durch die Augen- und Antlitzdiagnose, die Ohrenschmalz- und Popel-Probe und die Pickel-Prüfung, bei attraktiven Patientinnen gern auch eine Kuss-Kontrolle, Elektroakupunktur, weil manchen Patienten Apparate lieber sind als ein Homöopathiekatalog, auch wenn dabei nichts anderes geschieht, bzw. in der klassisch homöopathischen Therapie die Arzneimittelfindung nach dem Ähnlichkeitsprinzip. Also dünne gelbe Pillen für schlanke Blondinen, glatte Kügelchen für dicke Glatzköpfe etc. Basierend hierauf folgt ein individuell auf den Patienten zugeschnittenes Behandlungskonzept, oder er denkt das nach den langen Vorgesprächen zumindest – ich meine, wenn sogar Zeitungshoroskope es schaffen, die Leute zu überzeugen, muss das hier ja erst recht funktionieren.

Therapieformen

Blutegel-Zeichnung Je nach Schwerpunkt des Therapeuten hat der Patient die Wahl der Behandlungs– und Back-form, beginnend bei den klassischen – man könnte auch sagen: veralteten – Naturheilverfahren wie Blutegel-Therapie, wenn wir keine Lust haben, selber zu Skalpell oder Nadel zu greifen, Schröpfen (ein Schelm, wer dabei ans finanzielle Schröpfen denkt) und Aderlass, denn die Ärzte im Mittelalter wussten natürlich mehr über Medizin als alle heutigen Schulmediziner, über Reflexzonen- und Anwohnerparkzonen- und Ernährungstherapie (auch Fressorgie genannt) bis hin zur Homöopathie (oft erwähnen, sie ist beliebt!) und der Pflanzenheilkunde, denn wenn es den Zimmerpflanzen des Patienten gut geht, hilft ihm das selbst am besten. Selbstverständlich ist auch die Gesundheitsvorsorge in der Naturheilpraxis ein fester Bestandteil. Und sorgt dafür, dass die lieben zahlungskräftigen Kunden wiederkommen.

Ganzheitlicher Ansatz

Ganzheitlich ist wichtig! Mindestens in jedem dritten Satz verwenden!

Der Heilpraktiker leistet einen sehr hohen Beitrag zur Therapievielfalt, indem er die Behandlungsmöglichkeiten durch das große Spektrum naturheilkundlicher Methoden bereichert. Jeder neue Eso-Heilpraktiker sollte mindestens zwei neue Therapieformen erfinden, je ausgefallener und mystischer desto besser. Es wäre doch langweilig, immer nur dasselbe zu hören, und wenn ein Patient merkt, dass eine Methode doch nicht wirkt, gibt es eben genügend andere. Durch diese werden die Abwehrkräfte genutzt und das immense Selbstheilungspotential im Zusammenspiel mit Körper, Geist und Seele aktiviert. Dadurch ist es dann egal, ob eure Apparätchen, Zuckerkügelchen oder Berührungchen überhaupt eine echte Wirkung haben. Schlau eingefädelt, oder?

;)


Linktips:


Foto: Sergii Shalimov – Fotolia.com; Zeichnung: Meyers Konversationslexikon von 1888 / Wikipedia

Heilen mit Strichcodes

Strichcode im Nacken Heilen mit Strichcodes – was für eine selten dämliche Suchanfrage, dachte ich, als ich sie in den Logs gefunden habe. Doch ich vergaß: Nichts ist zu dämlich, um nicht schon von esoterischen Phantasten1 verwurschtelt und an den Mann und die Frau gebracht worden zu sein. So auch in diesem Fall, denn es findet sich direkt bei Amazon ein Buch mit dem Titel „Neue Homöopathie nach Körbler 3: „Heilen mit Strichcodes“, 8. Körbler-Tagung 2006″.

Schon lustig, da nennt ein Elektrotechniker(!) in den 80-er Jahren seine Vorstellung von, ja, Schaltungen im Energiefluss des menschlichen Körpers „Neue Homöopathie“, und was hat sie mit der klassischen Homöopathie gemeinsam? Ausschließlich die Tatsache, dass „Behandler und Patient/Kunde an die Methode glauben müssen, um einen möglichen Placeboeffekt zu erzielen“ (Zitat EsoWatch). :lol: Ob Homöopathen mal dagegen geklagt haben?

Wir haben also Strichcodes und Symbole statt Globuli, Wünschelruten statt Gespräche, wissenschaftlich nicht haltbare „Energien“ statt bis zur totalen Wirkstofflosigkeit verdünnte Präparate. Nun ja, jedem Esotierchen sein Plaisierchen…

Eine bayrische „Gesundheitsoase Bauernhof“ alias Stadler-Hof, die neben den üblichen Wellness-Angeboten auch unzählige Esoterik-Behandlungen und -Seminare bietet, inseriert übrigens in einer aktuellen regionalen Wochenzeitschrift (deren Sonderseiten „Wellness & Gesundheit“ sich gleich mit einem Homöopathie-Artikel disqualifizieren) u.a. für ein Wochenendseminar zu dieser angeblichen „Informationsmedizin“ für schlappe 250€, anscheinend ohne Verpflegung und Übernachtung.2

Dazu passend (und von Amazon vorgeschlagen) das Buch „Medizin zum Aufmalen – Heilen durch Informationsübertragung und Neue Homöopathie / Praxiserfahrungen mit den Körbler’schen Zeichen“ von Petra Neumayer und Roswitha Stark. Aus den Pressestimmen, Prisma Dez. 2006/Jan. 2007:

Was hat der Eismensch ‚Ötzi‘ mit dem neuen Verständnis der Heilung zu tun?

Dass die „Neuen Homöopathen“ ihn benutzt haben, um auf ihren Kram aufmerksam zu machen; offensichtlich konnten sie ihre „Erkenntnisse“ noch so hinbiegen, dass sie seine Tätowierungen damit in Einklang bringen konnten.

Ötzi hat sich, im Gegensatz zur heutigen Apparatemedizin, der Prinzipien der energetischen Medizin bedient.

Was soll erstens ein Mensch, der vor 5300 Jahren gelebt hat, von der heutigen Apparatemedizin gewusst haben, und wie soll sich zweitens seine Mumie gegen die Unterstellung mit der „energetischen Medizin“ wehren können?

Von Layena Bassols Rheinfelder, selbst eine Buchautorin und Anbieterin auf diesem Gebiet mit etwas, das sie „PraNeoHom“ nennt – von ihr gibt es auch ein knapp zehnminütiges Einführungsvideo; die Präsentation ist vielleicht etwas lahm, aber so viel Schmarrn kann man wohl nicht stärker komprimieren, ohne dass er an den Seiten herausquillt und vielleicht die Strichcodes verschmutzt – kommt eine weitere Pressestimme (wo auch immer) vom August 2006:

Dem Neueinsteiger ermöglicht das vorliegende Werk einen Anfang, ein Hineinschmecken, vielleicht sogar eine Öffnung in ein ‚Sich-Einlassen‘ auf unbegrenzte Möglichkeiten.

Unbegrenzte Möglichkeiten, sich selbst in die Irre zu führen und/oder seine Mitmenschen für blöd zu verkaufen und/oder des Geldscheffelns, möchte man ergänzen…

Kurzbeschreibung:
Seit jeher nutzten indianische Völker Zeichen und Symbole, um Kraft und Mut zu stärken. Auch auf dem berühmten Eismenschen „Ötzi“ fand man auftätowierte Striche an verletzten Körperteilen, und der Scanner an der Supermarktkasse erkennt das Produkt am Strichcode… Symbole, einfache Striche und Zeichen werden seit Urzeiten und in zahlreichen Kulturen eingesetzt, um Informationen zu übermitteln und die Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. […]

Hey, die Strichcodes heilen Supermarktkassen! Super, das wusste ich ja noch gar nicht! Das sollte nun wirklich das Argument gegen RFID-Etiketten sein!

Rücken mit Pfeilen Natürlich muss man das ganze auch parawissenschaftlich „belegen“ – und passenderweise verweist die Automatik von Amazon auch auf „Das Kraftfeld der Symbole: Logos. Schriftzüge. Runen. Pyramiden. Kultische Zeichen. Kosmische Hieroglyphen u. v. m. radiästhetisch untersucht“ von Hartwig Fritze.

Es wäre übrigens ein Trugschluss, dass Buchtitel umso länger sind, je verrückter die enthaltene Aussage ist – Amazon listet nämlich Balders und Drekslers Buch samt Untertitel und muss dabei „WUNSCH-BULLSHIT IM UNIVERSUM. Eine Kritik der Wunsch-Bestellungen im Universum von Rhonda Byrne, Pierre Franckh, Bärbel Mohr, Esther Hicks und Kurt Tepperwein – auf dem schmalen Grat zwischen Nicht-mehr-Satire und Noch-nicht-Wissenschaft balancierend“ schon abkürzen.

Bei Amazon gibt es netterweise die Einleitung von „Das Kraftfeld der Symbole“ zu lesen – sie beginnt damit, auf Basis einer mythologischen Geschichtensammlung, in diesem Fall der Genesis („Am Anfang… Gott sprach“ usw.), und der Banalität, dass ein Architekt eine Idee von einem Haus haben muss, bevor er es baut, über ein schönes Non sequitur zu „begründen“, dass Gedanken auch „Schwingungen“ und „Kraftfelder“ haben und sich diese in Schrift und Symbole übertragen.

Und die Mystiker sprachen: Es werde Unsinn. Und so geschah es.
Und die Mystiker sahen, dass es gut war,
gut, um sich selbst und andere Leichtgläubige zu täuschen.
Und es ward Abend und es ward Morgen: der nächste Quark.

Und da es in diesem Buch schließlich um Radiästhesie geht, können diese Schwingungen und Felder natürlich mit Wünschelruten und Pendeln „gemutet“ werden. „Muten“ ist der Fachausdruck für das Aufspüren von was auch immer gerade gefragt ist mit Wünschelruten und Co. Ich glaube, der Begriff kommt von „mutig, so ein Zeug weiterzuerzählen“.

Aber warum sich mit einem einzelnen verschwurbelten Fehlschluss begnügen? Der Leser soll ja schließlich in der Einleitung schon sehen, was ihn erwartet!

Wenn aber die Materie schwingt, also elektromagnetische Wellen aussendet, was sich mit Hilfe einer Wünschelrute erfassen läßt, dann sind logischerweise auch Gedanken, die ja in Form geistiger Konzepte aller Materie zugrunde liegen, nichts anderes als elektromagnetische Schwingungen.

Wer jetzt meint, unsere modernen Messgeräte hätten sowas ja aufspüren müssen, bekommt die praktische ausweichende (und überhaupt nicht überraschende) Ergänzung:

Allerdings liegen diese Schwingungen in einem Frequenzbereich, für dessen Erfassung es heute noch keine ausreichend empfindlichen Meßgeräte gibt. Wohl aber ist der hochempfindliche „Universalsensor Mensch“ in der Lage, mit diesen Kraftfeldern zu kommunizieren, wobei dem Radiästheten Wünschelrute und Pendel als geeignete Hilfsmittel zur Seite stehen.

Ob der Frequenzbereich im Rest des Buches noch spezifiziert wird, weiß ich nicht, aber die Vermutung, dass das nicht der Fall ist, ist sicher nicht aus der Luft gegriffen. (Woher wissen sie dann eigentlich, dass es elektromagnetische Schwingungen sind?)

Geeinget sind die genannten Hilfsmittel auf jeden Fall – nämlich dazu (und nur dazu), die eigenen Wunschvorstellungen sichtbar zu machen.

[…] Die mentalen Fähigkeiten der Radiästheten ermöglichen es, in Grenzbereiche einzudringen, die rein physikalischen Meßmethoden bisher noch unzugänglich sind.

Denn physikalische Messmethoden sind nicht in der Lage, sich Dinge zusammen­zuphantasieren, dafür braucht man eben immer noch Menschen.

Bei der Arbeit im mentalen Bereich ist allerdings die Gefahr von Mutungsfehlern infolge von Wunschdenken sowie physischen und psychischen Einflüssen groß.

Wünschelrutengänger Das merkt man. Schon an der Wahl einer Messmethode, die nur auf Wunschdenken bzw. den von einer bewussten oder unbewussten Vorstellung einer Bewegung ausgelösten ideomotorisch induzierten Muskelimpulsen basiert, auch Carpenter-Effekt genannt. (Vgl. Linktips unten.) Seriöse Tests mit Wünschelrutengängern kommen nie signifikant über Zufallsergebnisse hinaus.

Mithin sind Wünschelruten und Pendel alles andere als wissenschaftlich haltbare Messmethoden, selbtsverständlich unabhängig davon, ob man den Aussagen, es gäbe keine physikalische Messmethode für die hier auftretenden Kräfte, glaubt oder nicht.

Um die Fehlerquote möglichst gering zu halten, wurden die erzielten Resultate von anderen Radiästheten überprüft, die die Aufgabenstellung, nicht aber die Ergebnisse kannten. Hier werden also nur solche Resultate vorgestellt, die den Blindversuch bestanden.

Wenn es ein richtiger (Doppel-)Blindversuch war: Alle Achtung. Aber irgendwie glaube ich, dass die Radiästheten die Symbole und Schriften doch gesehen haben – und nicht zuletzt durch ihre esoterische „Vorbildung“ ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie dieselben Formen ähnlich bewerten. Z.B. dürfte kaum einer bei einem wilden Zickzackmuster von großer Harmonie sprechen, wohingegen bei einem Wellensymbol „fließend“ überzufällig häufig in der Beschreibung zu finden sein könnte…

Was lernen wir also daraus: Beobachtet eure Suchanfragen, damit euch kein unwissenschaftlicher Stuss entgeht. :mrgreen:


Linktips:


Fotos (Orig. ohne Barcode/Pfeile): Nathalie P – Fotolia.com; Elena Vdovina – Fotolia.com; lavotini / flickr (CC-by-nc-Lizenz)

  1. …um auf Wörter zu verzichten, die als justitiable Beleidigungen aufgefasst werden könnten… []
  2. Kann es eigentlich noch Zufall sein, dass ich gerade jetzt, wenige Tage nach der Strichcode-Suchanfrage, zum ersten Mal ein Inserat mit dieser „Medizin zum Aufmalen“ (so auch der Seminar-Titel) sehe? ;) []