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Esoterik

Links und Videos der Woche (2010/37)

» Quelle des korngekreisten Symbols

  1. via @zoonpolitikon []
  2. ihr wisst schon, diese sich überschneidenden Kreise; via @einGott []
  3. via @_sapereaude_ []

Un- und Sinn

Projekt 42 Neuer Monat, neues Thema im Projekt 42 – bei dem die Teilnehmer mehr oder weniger spontan einen Text zu einem vorgegebenen, meist mehr­deutigen Wort schreiben sollen –, und das ist diesmal eben „Sinn“.

Moritz vom Sockenblog hat schon über den Sinn des Lebens und dessen Findung geschrieben. Ich will hier wieder auf den Astrologen, der schon Anlass für meine „Anleitung“, wie man immer Sechsen würfelt, war und der dort wieder vorrübergehend ins Gespräch kam, und seinesgleichen eingehen, denen es insbesondere um das „Erkennen“ des Sinns in ihren Horoskopen geht. Also nicht des Sinns der Horoskope, sondern von irgendwas anderem durch sie. Auch wenn sie bei beidem auf verlorenem Posten stehen.

Das sieht dann so aus, dass Astrologen nicht nur Horoskope für Personen, Staaten, Ereignisse, Gebäude und wahrscheinlich sogar die Tiernahrung in der Küchenspüle erstellen, sondern auch umgekehrt bei der Frage nach dem „Sinn“ oder der „Ursache“ eines Ereignisses oder einer Eigenschaft sich an erkünstelten Konstellationen entlanghangeln, Hauptsache der irregeleitete Klient bekommt eine Antwort – wäre sicher schlecht fürs Geschäft, ihn ratlos heimzuschicken –, eingewickelt in eine Lage Psychologie1 und Schwurbelei.

Probleme im Beruf? Hmm, Saturn steht nicht in Opposition2 … aber dieser Mars in Konjunktion… ach nein, Eris ist im Sextil, nehmen wir besser das, da können wir was Schöneres rauslesen. Und wenn nicht, es gibt noch mehr Himmelskörper.

Ein „individuell gefundener und erfahrener Sinn“, wie der Astrologe meinte? In gewissem, äh, Sinne sicher individuell – aber mehr er- als gefunden und sicher nicht „vom Kosmos selbst gezeigt“, auch wenn sich die Astrologen noch so viel auf ihre – einander oft genug widersprechenden – Systeme einbilden. Die Sterne lügen nicht? Klar, sie sagen eben überhaupt nichts; für die Herbei­deutungen sind schon die Astrologen zuständig, doch auch eingebildete Synchonizität und/oder Herum­philosophieren und/oder falsch verstandene Quanten­verschränkung und/oder quote mining bei berühmten Persönlichkeiten machen daraus keine Realität.

Tierkreis Nicht genug, dass die angebliche Findung und Deutung dieses „Sinns“ dermaßen hanebüchen beliebig, unbelegbar und unreproduzierbar erfunden wurde. Schon die Annahme, es gäbe überhaupt einen höheren Sinn – einen Sinn außer dem, den wir jeder für uns (im Zusammenspiel mit der Gesellschaft) suchen und uns selbst geben –, einen göttlichen, kosmischen, außerirdisch-engelhaften oder wie auch immer begründeten Sinn, dessen Existenz aus skeptisch-rationaler Sicht durch nichts zu rechtfertigen ist, ist nichts als eine wohlfühl­romantische Wunschvorstellung,

Wer gerne die „Grunderfahrung, dass die eigene persönliche Existenz eingebettet, ja letztlich aufgehoben ist in einem letztlich transzendenten „Rahmen““ haben möchte, wie es dieser Astrologe ausgedrückt hat, wird im Angebot der Realitäts­flüchtlings­helfer zuhauf fündig. Die interessantere Erfahrung wäre es sicher, wenn sich die Sinnsuchenden an mehrere solche Anbieter wenden und widersprüchliche „Sinne“ genannt bekommen – eine Art Podiumsdiskussion von Vertretern mehrerer astrologischer, numerologischer und religiöser Schulen könnte lustig werden, vielleicht wäre ein Boxring als Podium geeignet. :)

Da bliebe nur zu hoffen, dass die Sinnsuchenden dabei nicht von einer Abhängigkeit noch tiefer in die andere rutschen, sondern einen klaren Kopf bekommen und sich von diesem Unsinn abwenden – aufhören, sinnloserweise die begrenzte Zeit des Lebens mit der Suche nach dessen vermeintlichem höheren Sinn zu verschwenden, anstatt es zu leben…


Foto: cinezi/sxc

  1. und bei nicht wenigen Astrologen ohne ordentliche psychologische bzw. psychotherapeutische Ausbildung und somit ohne Kenntnisse möglicher Probleme und Gefahren… []
  2. die Konstellationen hab ich ad hoc hingeschrieben – nicht dass ein Astrologe darüber meckert, dass ich hier eine „falsche“ Zuordnung verwende, deren Beliebigkeit noch keine Jahrhunderte oder Jahrtausende alt ist… []

Echte Wissenschaftler würden bestätigen: Aqua blue wirkt nicht

Jedenfalls nicht anders als durch Einbildung. Der bayrische Anbieter von „Wasseraufbereitungsgeräten“ namens Aqua blue, der immer wieder mal in der hiesigen Zeitung inseriert bzw. Prospektzettel mitliefern lässt, war hier schon vorletztes und letztes Jahr Thema; da er diesmal zu seinem Zettel wieder eine textlastige Anzeige mit der Überschrift „Wissenschaftler bestätigen: Aqua blue wirkt“ geschaltet hat, will ich halt wieder mal darauf eingehen…

Auf das Konzept an sich und die älteren „Gutachten“ bin ich in den früheren Beiträgen schon genauso eingegangen wie auf den neueren Absatz, die „klassische“ Wissenschaft würde den Kram nicht anerkennen, es wären „komplementärwissenschaftliche“ Untersuchungen nötig. Wie das halt so ist: Die echte Wissenschaft setzt auf reproduzierbare, möglichst objektive und somit von subjektiven Einflüssen, Irrtümern und Wünschen so weit wie möglich befreite Ergebnisse – für die „Komplementärwissenschaft“ bleibt nur der Rest des realitätsflüchtigen esoterischen Milieus.

Die Anzeige geht nun zum einen auf diverse angebliche kalkreduzierende Effekte ein. Wie genau die gemessen wurden, ist aus den im Web veröffentlichten Auszügen der „Gutachten“ nicht ersichtlich, insbesondere nicht, ob mögliche störende Effekte – störend für eine objektive Beurteilung, meine ich – ausgeschlossen wurden.

Ich könnte mir jedenfalls bei einem einfachen Versuch leicht einen Störeffekt vorstellen: Nach der „ohne Gerät“-Vergleichsprobe wird beim Anbringen des „Geräts“ am Rohr etwas Kalk abgeschüttelt, dann lässt man einige Liter Wasser (und somit den abgefallenen Kalk) durchlaufen, bevor man schließlich den „mit Gerät“-Test macht. Oder man reinigt die beteiligten Gefäße anders (schließlich kann die Oberflächenspannung auch durch Spülmittel gesenkt werden), u.a.m. – Möglichkeiten gibt’s da viele, und das muss nicht mal in böswilliger Absicht geschehen, sondern einfach versehentlich, aus Unachtsamkeit oder mangelndem Problembewusstsein.

Wie gesagt: Ich weiß nicht, wie genau die Untersuchungen durchgeführt wurden – kann sein, dass sie auf all diese Dinge geachtet haben. Dann wäre es aber den skeptischen unter den potentiellen Kunden gegenüber sinnvoller, auch damit zu werben und die vollen Protokolle und Beschreibungen zu veröffentlichen.

Im Falle des einen neueren „Gutachtens“ jedoch, bei dem es in der Anzeige heißt, dort wurde „eine mehrfache Wirkung von Aqua blue zweifelsfrei nachgewiesen“, wird im veröffentlichten Auszug1 nur groß von angeblichen wissenschaftlichen Grundlagen schwadroniert und dann knapp festgestellt, dass die Wirkung „nachvollziehbar“ und „mit mehreren herkömmlichen Methoden der exakten Naturwissenschaft“ bewiesen wäre.

Allerdings handelt es sich bei dem Unternehmen, das dieses „Gutachten“ geliefert hat, um das IIREC, das International Institute for Research on Electromagnetic Compatibility, das nicht unbekannt ist, wenn’s um Produkte und Zertifikate für angebliche „Enstörung“, „Elektrosmog-Schutz“ und etliche andere esoterisch-pseudowissenschaftliche Dinge geht. Meines Erachtens ist deren Gutachten aus wissenchaftlicher Sicht also nicht das Papier wert, auf dem man es ausdrucken könnte.

Das zweite Gutachten – bzw. wieder nur Auszüge daraus2 – stammt von einem Sachverständigen für Heizung, Lüftung, Klima und Sanitär namens Schuler. Bevor dort wieder ein paar Dinge über lose anhaftenden Kalk auf Rasierspiegel und im Edelstahltopf gesagt werden, die zu unvollständig sind, um sie ordentlich beurteilen zu können – insbesondere beim Topf wird eher betont, dass zwischen kaltem und warmem Wasser kein Unterschied besteht; dass der Kalk sich vor Aqua blue vielleicht eingebrannt hat, muss man eher erraten –, steht dieser Absatz:

Bereits nach 1 bis 2 Tagen konnten die Familie und ich persönlich feststellen, dass das Trinkwasser angenehmer, wohlschmeckender und irgendwie vitalisierend schmeckt.

Oh, wow! „Irgendwie vitalisierend“! Und der Anfang des Satzes liest sich für mich eher so, dass er das Ding einfach mal angebracht und der Familie gesagt hat: Schaut mal, ich hab da ein teures Wasseraufbereitungsgerät zum Testen, das das Wasser angenehmer, wohlschmeckender und vitalisierender machen soll. Sagt doch Bescheid, ob ihr was merkt.

Auf jeden Fall sehe ich da keine Anzeichen von ordentlicher Verblindung, wo keiner der Probanden (Familie) weiß, ob das Wasser nun am Alukästchen vorbeilief oder nicht und auch keiner, der es weiß (Vater), im Raum ist; der Herr Sachverständige mag ja sachverständig in Sachen Heizung, Lüftung, Klima und Sanitär sein, aber nicht unbedingt in Pseudo- von Wissenschaft trennendem Skeptizismus – und den Auftraggeber freut’s…

(Wobei ich, wohlgemerkt, dem Sachverständigen hier keine böswillige Absicht unterstellen will – wie man, juristisch gesehen, eben jedem Esoterikanbieter bis zum Beweis des Gegenteils halt zugestehen muss, selbst daran zu glauben bzw. sich selbst zu täuschen und nicht vorsätzlich zu betrügen.)

Und somit ist es naheliegend, dass genau das rauskommt, was jeder halbwegs skeptisch-wissenschaftlich denkende Mensch als einzige Wirkung von solchen „Geräten“ erwartet: ein Placebo-Effekt, eine ausschließlich eingebildete Wirkung – der Mensch unterliegt eben viel zu leicht einer Selbsttäuschung, sodass eine ordentliche Verblindung und eine ausreichend hohe Anzahl an Versuchen unabdingbar ist, um solche Behauptungen zu testen. Sieht man ja auch immer wieder in den Psi-Tests der GWUP

Beim verwandten Produkt aus Österreich, dem Granderwasser, wurde ja bereits gerichtlich bestätigt, dass die Bezeichnung „aus dem Esoterik-Milieu stammender, parawissen­schaftlicher Unfug“ gerechtfertigt ist, und in Neuseeland wurde der dortige Grander-Vertrieb auch schon wegen Irreführung verurteilt und von der Richterin als „quackery and pseudo-science“ bezeichnet.

Da wundert es nicht, wenn sich Aqua blue mit dem erwähnten „Komplementär­wissenchaft“-Kleingedruckten abzusichern versucht; im Text der Zeitungsanzeige (vor der Nennung der beiden o.a. Gutachten und dem Verweis auf den Eiskristall­aussucher Emoto) steht:

Zu gut, um wahr zu sein? Ganz im Gegenteil. Auch wenn die klassische Naturwissenschaft die Wirksamkeit von Aqua blue bisher nicht anerkannt hat, geben Gutachter darauf Brief und Siegel.

Ich persönlich finde das allerdings – wie so oft bei diversen Anbietern – zu wenig. Groß „Wissenschaftler bestätigen“ zu titeln und sich dann mit halbherzigen Wunschkonstruktem wie „noch nicht anerkannt“ und „Komplementärwissenschaft“ herauszureden – das mag juristisch in Ordnung sein oder nicht (ich mag das nicht beurteilen), die Beteiligten mögen das selber glauben oder auch nicht; für mich ist das eine Scheinheiligkeit, die mich einfach ankotzt. Entweder man arbeitet wissenschaftlich oder nicht – das Kriterium dafür ist aber nicht, sich als „Wissenschaftler“ zu bezeichnen, sondern eben wie man arbeitet…

 

Siehe auch:

  1. www.aqua-blue.de/uploads/File/AuszugGutachtenDrMedinger.pdf, archiviert bei WebCite am 9.8.2010 unter www.webcitation.org/5rrMIfCX0 (PDF) []
  2. www.aqua-blue.de/uploads/File/GutachtenSchulerLoehnertGmbH.pdf archiviert bei WebCite am 9.8.2010 unter www.webcitation.org/5rrMv4lHK (PDF) []

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