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Esoterik&Religion

Wiederholtes Gelaber

Mond Wie schon genau 364 Tage zuvor, hat der Getränkehersteller Labertaler sein „Vollmondwasser“ – gewöhnliches Mineralwasser, bei Vollmond abgefüllt – dieses Wochenende mit exakt derselben großen Anzeige im Donaukurier beworben: dieselben Bilder, dasselbe Layout mit denselben Schriftarten, dieselbe pseudoredaktionelle Einleitung für dasselbe Pseudointerview, dasselbe Gelaber über „geheimnisvolle Urkräfte“, „bioenergetische Schwingungen“ und Banalitäten. Mehr dazu in meinem damaligen Beitrag.

Einziger kleiner Unterschied: Es liegt den Kästen natürlich kein Mondkalender für 2009, sondern für 2010 bei. Irgendwie hätte ich solchen Esoterikern mehr Fantasie und dadurch mehr Abwechslung zugetraut – aber vielleicht stand der Mond diesen Oktober ungünstig für Veränderungen.

„Seir-Ennoc“ – Maria Esmeralda macht Mist

Daumen runter Es gibt wieder etwas Neues zu dieser angeblichen Wahrsagerin mit Postfach-Adresse in Buchs (Schweiz), die den Leuten Quasi-Versprechungen von Gewinnen macht, um ihnen das Geld für die richtigen „Hilfsmittel“ oder „Rituale“ aus der Tasche zu ziehen. „bist57“ meinte gestern in einem Kommentar u.a.:

heute der 4.brief. […] „der schlüssel zum lottogewinn“… eine ausführliche – unvollständige -fragwürdige einführung in das geheimnis des „SEIR – ENNOC“ vorgangs ( kannt das jemand, dieses neuerlich geheimnis ?) , mittels dessen man eine 97,5 %ige chance hat, den betrag von € 450.000,- zu gewinnen..

Nun hab ich den Brief nicht selber vorliegen (wenn „bist57“ oder sonstwer ihn einscannen und mir mailen kann, wäre das nett1), aber es gab schon ein paar Leute, die nach „Seir-Ennoc“, „Seir-Ennoc-Verfahren“ etc. suchten (und zunächst nur auf anderen Beiträgen landeten, die gestern Abend oder heute zufälligerweise von Google aktualisiert wurden und diesen Begriff nur rechts unter „Neueste Kommentare“ enthielten; mittlerweile liefert Google aber auch den Beitrag mit bist57s Kommentar).

Was bedeutet dieser Begriff nun? Er scheint neu zu sein, denn andere brauchbare Erklärungen findet man im Netz nicht – abgesehen davon, dass Seir (getrennt gesprochen: „se-ir“) auch ein Name aus der Bibel, ein Gebirge und ein Dämon ist und Ennoc dem biblischen Namen Enoch/Henoch ähnelt2, was auch eine gute Gelegenheit bietet, um einen mystisch klingenden Namen zu erfinden. Er sah mir aber gleich rückwärts geschrieben aus – manche Namen von Fantasy-Figuren entstehen ja auch so –, und da es kaum um Sean Connery und Familie gehen dürfte, offenbarte ein kurzer Blick ins Leo-Wörterbuch Französisch3 folgendes:

conneries f. pl. [fam.] der Schrott
dire des conneries [pop.] Stuss reden [fam.]
faire des conneries [pop.] Mist (machen|bauen) [fam.]
faire des conneries [pop.] Scheiße bauen [vulg.] [pop.]
Tu dis des conneries. Du quatschst Unsinn.
Ne dis pas de conneries! Erzähl keinen Quatsch!
Ne fais pas de conneries! Mach keinen Mist!
außerdem:
Google-Übersetzer: Bullshit
Babelfish: Dummheiten

Wie passend! :lol3:

Meine Spekulation: Maria Esmeralda (oder wer auch immer hinter dieser Dame steckt) wollte/musste sich einen neuen, mystischen Namen für ein nicht existierendes Ritual ausdenken und hat sich ein Späßchen gemacht – und gehofft, niemand würde diesen Namen und seine Bedeutung hinterfragen…

Überhaupt: Wie kommt diese Dame darauf, ausgerechnet von einer „97,5%-igen Chance“ zu reden und wieso gerade „450.000 €“? (Ob sie jedem dieselben Zahlen nennt?) Eine angebliche hohe Wahrscheinlichkeit, die nur völlig beliebig gewählt worden sein kann – denn wer wird ernsthaft glauben, sie hätte da etwas genau berechnet, wo sie doch schon am Kalender scheitert und nach Geburtsdatum und Sternzeichen fragt? – und das so, dass sie gleichzeitig Exaktheit vortäuscht und ein Schlupfloch bietet, wenn’s halt doch nicht klappt mit dem Gewinn.

Und auch die Summe von 450.000€ (ca. 680.000 CHF) soll wohl suggerieren, dass irgendwas dahinter sein soll, dass die Summe irgendwo in den Sternen, im Kaffeesatz, in den Ritualen oder meinetwegen in der Form der Ausscheidungen der Bodensee-Möwen auf ihrer Yacht steht, weil sie nicht pauschal etwa von einer halben Million spricht.

Conneries par excellence.

 

:arrow: Fazit: Finger weg! Vergesst den teuren Kram von dieser Möchtegern-„Wahrsagerin“ – da kommt nichts Vernünftiges dabei raus, das ist nur Geldverschwendung! Und sie lacht sich ins Fäustchen, wie viele ihr doch Geld schicken – jetzt umso mehr…
Kein Wahrsager kann Lotterie- oder sonstige Gewinne vorhersagen oder gar beeinflussen, und einer mit solchen Methoden der „Kundenbindung“ verdient nicht mal ein kleines bisschen Vertrauen.

Siehe auch:

  1. einen früheren hab ich schon, über den ich noch nicht geschrieben habe – naja, kommt auch irgendwann… []
  2. und eben hab ich noch einen simplen Beispiel-Cartoon auf einer Cartoon-Erstellungs-Community gefunden []
  3. wir erinnern uns: in dem Video auf ihrer Homepage spricht die Dame ebenfalls französisch []

Links und Videos der Woche (2009/39+40)

 

 

Links und Videos der Woche (2009/38)

(Hier war etwas als Flash-Objekt eingebunden. Nicht mehr zeitgemäß.)

Nearness from timo on Vimeo.

Fragen an das Orakel (1)

agyon-ecke Auf meiner Esoterikshop-Satire-Seite agyon.de gibt’s auch ein Orakel, das auf alle Ja/Nein-Fragen mit unumstößlicher Gewissheit eine Antwort weiß. Gut, diese Antwort ist mit unumstößlicher Gewissheit sehr unentschlossen – „vielleicht“, „ich weiß nicht“, „kann sein, muss aber nicht“ etc. in 17 Varianten –, aber das wissen die Fragenden ja nicht sofort. Und wer weiß, vielleicht gibt es tatsächlich den einen oder anderen, der in diesem Fall die Schuld bei sich selbst sucht dank des Hinweises:

Wenn die Antwort nicht deutlich genug ist, konzentrieren Sie sich stärker und versuchen Sie es erneut, oder verwenden Sie eine einfachere Frage.

Allzu viele Besucher hat die Site leider noch nicht, aber gut zwei Dutzend Leute haben schon Fragen eingegeben, und manche könnten durchaus eine echte, hilfreiche Antwort erwartet haben – andere werden natürlich Stammgäste gewesen sein, die nur schauen wollten, was ich mir so ausgedacht hatte.

Wie dem auch sei, hier ist eine erste Auswahl der besten Fragen:

Der erste Fragende wollte 38x wissen: „wird es morgen regnen?“ – nun ja, höchstwahrscheinlich war das einer meiner Stammleser. Der nächste fragte zunächst einmal „bin ich schwul?“ und dann 41x „heiße ich d[…]♂?“.

Auch andere interessierten sich für Liebe und Sex, so fragte jemand – falls männlich, wäre es ja für den letztgenannten Frager interessant gewesen – zuerst 5x „liebt er mich“, dann 7x „werden wir uns verloben?“. Oder auch nur 1x „wird er mich lieben?“ Tja, manche geben schneller auf als andere… tut mir fast schon leid, wenn ich sie enttäuschen muss trotz so direkter Fragen wie diesen1:

Wird es noch intimen Kontakt geben zwischen S[…]♀ H[…] und A[…]♂ R[…]? [2x]
Wird mich S[…]♀ begehren?
Ist die Affäre zwischen S[…]♀ H[…] und A[…]♂ R[…] FÜR IMMER ZU ENDE?

Und manche stellen jede Frage auch nur einmal, so etwa diese/r Besucher/in, der/die dafür gleich fünf in petto hatte:

Werde ich nächstes Jahr heiraten
Werde ich viel Geld gewinnen
Liebt D[…]♂ die C[…]♀
Bin ich glücklich
Werde ich gesund

Ob ich ein abschließendes Fragezeichen obligatorisch machen sollte?

Eine Frage wie letztere ist übrigens der Grund, warum mein Orakel generell nur „vielleicht“-Antworten gibt, schließlich will ich den Leuten da nix einreden. Anders übrigens als eine „Lebensberaterin“, „Hellseherin“ u.a. – die sich trotz ihres Angebots nicht esoterisch nennen will –, deren im Kleingedruckten explizit als nicht allzu ernstzunehmend gekennzeichnetes Online-Orakel neben ausweichenden, halbwegs lustigen Antworten auch „ja“, „nein“ o.ä. sagt.

Diese beiden hier haben das Orakel sowohl schneller durchschaut als auch die Lust an unklaren Antworten verloren:

Kann ich meinen Drachen streicheln?
Kann ich?

Gewinnen wir das Rennen?
Ist heute Donnerstag

Wobei Wolfram Alpha durchaus Wochentagsfragen beantworten kann. Aber diese programmierte maschinelle Intelligenz ist nicht das Betätigungsfeld meines Agyon-Orakels…

Wenig Erleuchtung dürfte auch diese Person gefunden haben, aber agyon.de könnte dennoch als Vorlage dienen:

[keine Eingabe]
Wie werde ich erleuchtet?
Wie werde ich Esoteriker?
[keine Eingabe]

Nur das mit der Beschränkung auf Ja/Nein-Fragen, das hat dieser Frager wie auch ein anderer mit „Wieviel Uhr ist es?“ noch nicht so gut drauf. Vielleicht muss ich da noch etwas Intelligenz ins Script reinstecken… Und auch die Antwort auf die Frage „Ist dieser Shop seriös?“ (8x wiederholt) sollte ich vielleicht noch anpassen. Eventuell auch auf diese:

Ist dies Humbug? [4x]
Gibt es eine Antwort?
Hast Du immer recht?

So, das war’s fürs erste – fragen wir uns zum Abschluss noch schnell „esse ich heute pizza?“ und „geh ich jetzt heim?“, und dann guten Appetit und tschüss!

  1. auch hier gilt: Namen gekürzt. Und auch offenbar keine Promis. []