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Esoterik&Religion

Links der Woche (2009/33+34)

Nachdem ich letzten Sonntag keine Lust dazu hatte, bediene ich heute halt zwei Wochen…

Maria Esmeralda, 3 Münzen und eine Homepage

Daumen runter Wir erinnern uns an die angebliche „Wahrsagerin“ Maria Esmeralda, die u.a. zum Jahreswechsel in Zeitschriftenanzeigen die Wirtschaftskrise dazu missbraucht hat, Gratispröbchen ihres Unsinns an den Mann zu bringen, um natürlich in der Folge kostenpflichtige „wichtige“ Angebote zu unterbreiten – mit dem Kalender nahm sie’s damals schon nicht allzu genau, wie ich in „Maria Esmeralda und die wilde 13“ dargelegt habe.

Es folgten auch etliche Kommentare – vielen Dank nochmal dafür –, in denen Leute von den Briefen und Angeboten Maria Esmeraldas berichteten, wo diese etwa ganz „individuell“ von jedem Kunden geträumt haben und schweiß­gebadet um 3 Uhr aufgewacht sein will u.a.m. und wo auch das aktuelle Angebot von drei „Glücksmünzen“ erwähnt wird.

Ebendiese Glücksmünzen bietet Madame nun auch auf ihrer eigenen Homepage www.mariaesmeralda.com1 an – eine bei einem Schweizer Hoster betriebene deutschsprachige Homepage ohne Impressum, aber mit einem Video, in dem sie nur französisch spricht; ich vermute, sie sagt auch nichts anderes als im Text steht – mag das jemand, der Französisch kann, bestätigen oder ergänzen?

Diese 3 Münzen aus China werden es Ihnen ermöglichen, sich Ihre 3 dringendsten finanziellen Wünsche zu erfüllen.

Das behauptet sie jedenfalls im Titel der Website. Im Text beschreibt sie, wie sie sie von taoistischen Meistern aus Vietnam – wo sie angeblich geboren wurde – mitgebracht habe. 1500 Stück, um genau zu sein, von denen sie noch 1134 für den Versand übrig habe. Und gratis dazu soll es Feng-Shui-Rituale – für die andere (siehe Kommentare ab hier) „völlig kostenlos“ noch 25€ bezahlen sollen – geben:

sie wurden mir ebenfalls von diesen großen Meistern offenbart und sind eine wahre Wunderwaffe, um Ihre finanziellen Wünsche sehr rasch zu verwirklichen

Um es hier zwischendurch klar zu sagen:

:!: Es gibt keine Wunscherfüller und Glücksbringer; reproduzierbare Belege dafür fehlen durch die Bank. Alles, was es gibt, sind mögliche psychologische Effekte, sofern man an eine Wirkung glaubt – das mag z.B. in einer Prüfung hilfreich sein, bleibt aber ohne Wirkung auf das, worauf man keinen Einfluss hat, einen Lotteriegewinn etwa.

Zurück zu ihrer Homepage: Registriert wurde die Domain anscheinend am 10.7. über das „Private Domain Registration“-Angebot des großen Anbieters Network Solutions, bei dem die Kommunikation nur über Network Solutions läuft und keine eigene Adresse in den Whois-Daten steht. Aber eines steht überraschenderweise doch drin, nämlich ein Firmenname im Admin- und Tech-Kontakt2 (nicht aber im eigentlichen Registrant-Eintrag):
admin-tech

Ist also diese „Euromail AG“ der eigentliche Betreiber der ganzen Maria-Esmeralda-Masche oder einfach der Versand- und Internet-Dienstleister für die „Wahrsagerin“? Oder ist es nur ein Datenbankfehler? Für die Dienstleister-Variante spricht jedenfalls, dass der Firmenname nur im Admin- und Tech-Kontakt steht.

Google findet unter diesem Namen (neben einem dubiosen Geld-für-Mail-Angebot unter einer .ag.vu-Adresse, das wohl nichts mit diesem Thema zu tun hat) einen Schweizer Shop mit Sitz in Bischofszell südlich des Bodensees – übrigens nur rund 40 Kilometer Luftlinie von Buchs entfernt, wo das in o.a. Anzeigen genannte Postfach von Maria Esmeralda ist – unter www.euromailshop.com (und www.euromail-shop.eu, das dorthin weiterleitet) sowie die Firmendaten dazu.

Der Shop bietet einige wenige Angebote zum Thema Gesundheit, Abnehmen und Schönheit, die bei mir den Eindruck eines typischen Billig-Teleshopping-Angebots u.a. mit angeblichen „Wunder­mittelchen“ hinterlassen, an deren Wirksamkeit ich gewisse Zweifel habe, ergänzt um Restposten-Gadgets: Bauch-Weg-Trainer, Fernglas, farbwechselnde LED-Kerze, Haar-Entferner, Magnet-Bandagen (im Google-Cache), Schlankheits-Gel, „Slimming Sandals“ (ohne nähere Beschreibung) und Metall-Sohlen:

Unsere Sohle ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Wunder-Metall. Millionen von Menschen sind von dessen wohltuender Wirkung fest überzeugt. Wir haben unzählige Dankes-Schreiben von Kunden, die dank unserer Sohle heute wieder beneidenswert fit, munter und überglücklich sind.

Ebenso wird (gegen Registrierung) ein Buch als kostenloses PDF angeboten: „Das Geheimnis eines langen Lebens ohne Krankheiten“, das irgendwie auf Antarktis-Krill basieren soll.

Ich denke, zu so einem Shop würde auch eine „Wahrsagerin“ passen. Ein Beweis für irgendetwas ist das natürlich nicht. Wer aus Unzufriedenheit o.ä. rechtliche Schritte gegen Maria Esmeralda unternehmen will, kann diesen Shop oder den Hoster (nicht als Schuldige, sondern als Informations­quellen) ja mal seinem Anwalt nennen, vielleicht führt es weiter als die Postfach­adresse…

Wie ist das ganze überhaupt rechtlich zu bewerten? Der Ausruf „Betrug!“ mag manchem auf den Lippen liegen, doch ist das rechtlich tatsächlich der Fall? Ich tendiere zu dieser Ansicht, aber die endgültige Klärung wäre Sache eines Gerichts…

Vage esoterische Versprechungen – oder eben nicht direkt Versprechungen, sondern Andeutungen – machen sehr viele Wahrsager, Medien, Astrologen, Geistheiler etc., und viele davon mögen durchaus auch in gutem Glauben handeln, weil sie selbst von ihren Fähigkeiten überzeugt sind; das Gegenteil muss ihnen erstmal bewiesen werden, sofern sie vorsichtig genug sind mit ihren Behauptungen.

Sicher liegt aber die Annahme durchaus nahe, dass es nicht der Wahrheit entspricht, wenn Maria Esmeralda vielen Kunden praktisch dasselbe schreibt, sie hätte speziell von ihr/ihm geträumt, geschwitzt oder visioniert; und auch das „Ködern“ mit Gratis-Angeboten, die doch wieder kosten­pflichtige Angebote nach sich ziehen, die erst die richtige „Wirkung“ des Gratis-Krimskrams oder einen anderen, größeren Nutzen ermöglichten, hinterlässt bei mir nun wirklich keinen Eindruck von Seriosität, sondern eher von dreister Abzocke.3

Gerade dann, wenn sie an leichtgläubige finanziell notleidende Menschen gerät, die nach jedem Strohhalm greifen mögen – und solche gibt es bestimmt –, finde ich es besonders abscheulich.

:arrow: Fazit: Finger weg! Vergesst den teuren Kram von dieser Möchtegern-„Wahrsagerin“, die angeblich von jedem geträumt haben will – da kommt nichts Vernünftiges dabei raus, das ist nur Geldverschwendung!
Und sie lacht sich ins Fäustchen, wie viele ihr doch Geld schicken…

 

Siehe auch:

  1. Update 1.3.2017: die Domain wird seit einiger Zeit zum Verkauf angeboten – stilecht für knapp 10000 $… []
  2. Allerdings nicht bei Abruf über Network Solutions‘ Website, sondern über andere Dienste wie Domain Dossier bei CentralOps.net oder Whois.de, die Network Solutions dann über das WHOIS-Protokoll befragen. Seltsam… []
  3. Da ist es schon richtig harmlos, wenn die Adressdaten an andere, ähnlich gelagerte Anbieter weiterverscherbelt werden. []

Betende Schweizer schuld an Gletscherschwund

Aletschgletscher ca. 1880 Klimawandel? CO2-Ausstoß? Sonnenaktivität? Denkste! Zumindest beim Aletschgletscher – und wer weiß, wie weit sich die Auswir­kungen noch ausgebreitet haben – könnten die Gläubigen zweier Dörfer nicht ganz unschuldig sein, wie eine Walliser Pressemeldung verkündet:

Nachdem die Dörfer Fieschertal und Fiesch im 17. Jahrhundert von Naturkatastrophen heimgesucht wurden, haben deren Bewohner 1678 das Gelübde abgelegt, tugendhaft zu leben und gegen das Wachstum des Aletschgletschers zu beten. Grund dafür waren das bedrohliche Vorrücken des Gletschers und die Ausbrüche des über dem Dorf gelegenen Märjelensees. Nachdem man das Gelübde einige Male den Gegebenheiten und Naturgefahren angepasst hatte, wurde, um die Wirkung der Gebete während des Gletscherhöchststandes Mitte des 19. Jahrhunderts noch zu verstärken, ab 1862 einmal jährlich eine Prozession durchgeführt.

Nun wollen sie angesichts des stark schwindenden Gletschers „das ‚Katastrophen-Gelübde‘ um Beistand gegen den Klimawandel abändern“ – aber offenbar ist so eine 180°-Wendung anders als o.a. Anpassungen etwas, das nur der Oberhirte im Vatikan erlauben kann, und deshalb bemühen sie sich nun um eine Audienz in den nächsten Monaten. Auf, Benedikt, du kannst mit wenigen Worten die Welt vor der Klimakatastrophe retten!!

Was für persönliche Sorgen und Schuldgefühle sich manche Leute so einreden… :roll:


Siehe z.B. Meldung der NZZ Online: „Papst soll Walliser Dörfern gegen Klimawandel helfen“

Au-Au-August-Hexerei

Halloween-Hexe Das achte „Best Of“ des „Hexenkalender“ für 2009 des Moewig-Verlags (alle Beiträge » hier), und diesmal kümmern wir uns um den gesamten August und die Wahrheit:

„Die Wahrheit liegt meist am Rande, nicht in der Mitte.“
(Henry Miller)

Nur auf welcher Seite? Die Esoteriker behaupten sie für sich, aber wenn man die Behauptungen mal kritisch überprüft, scheint sie – wem erzähle ich das? – eher auf der anderen Seite zu liegen.

Stern? Schnuppe

Wer nicht weiß, worüber er meditieren oder auch nur beim Einschlafen nachdenken soll, bekommt diesen Vorschlag:

Meditationsgegenstand für Löwe-Hexen: Die durch die Erdatmosphäre eingedrungenen Sternschnuppen schlagen als Meteoriten auf der Erdoberfläche auf. Die unscheinbaren Brocken können ihre Leuchtkraft nur in großen Höhen entfalten.

Meditationsgegenstand für alle anderen: Wieso ist das ein sinnvoller Meditationsgegenstand, wieso nur für Löwe-Hexen, und wann und wie lernen Löwe-Hexen, in große Höhen zu fliegen, ohne mit ihrem Besen in Flugzeugtriebwerke zu geraten?

Nach dem Heieiei mit Trennung vom Partner im letzten Monat gibt’s nun ein Aauauau:

In der Musik ist dem Planetenherrscher des Löwen, der Sonne, der Ton „A“ zugeordnet, in der Sprache der Doppelvokal „au“. Zur Meditation geeignete Wörter sind: Baum, Laub, Tau, Haus, Glauben, Lauschen.

Und das kann nichts Gutes bedeuten. Ich glaube, die Frau, die eigentlich gehen sollte, ist offenbar im August aus dem Urlaub zurückgekommen und hat den Zurückgebliebenen lautstark verhauen, sein Haupt gegen einen Laubbaum gestoßen, das Haus samt Laube geklaut, die neue Braut im Auto geraubt und kaum Laub zurückgelassen – bestimmt muss er sich jetzt mit einer grauen Maus um den letzten Tau streiten, um nicht zu verdursten. Tja, so kann’s gehen, wenn man auf die Sterne hört…

Sex am Morgen

Ein Tip aus der Hexenapotheke rät, man soll zum Frühstück Nüsse und Weizenkeime essen, weil es die Liebeslust anrege – hoffentlich kommen dann nicht zu viele Hexen zu spät zur Arbeit, wenn sie wegen der Liebeslust noch etwas, ähm, aufgehalten und von der Konzentration auf den Beruf abgelenkt werden.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum der Kalender diesen folgenden Gesundheitstip auf rund 1/12 der Bevölkerung einschränkt:

August-Geborene sollten täglich Müsli essen, denn Vollkornprodukte senken das Diabetes-Risiko.

Oder haben alle anderen kein Diabetes-Risiko?

20 Tage Goethe

*8. August 1749 Johann Wolfgang von Goethe. In seinem Faust schuf er in dichterischer Form viele gültige Aussagen zur Esoterik.

Tja, da fehlt erstens eine 2 – der 28. August wäre richtig –, und zweitens wirft das ein erhellendes Licht auf die Grundlagen der Esoterik: „gültige Aussagen“ sind erdichtet. :mrgreen:

Es mag ein Vorurteil sein, aber ich vermute, dass der Anteil an Vegetarierinnen und Veganerinnen unter „Hexen“ und anderen weiblichen Esoterik-Fans höher sein dürfte als in der Gesamtbevölkerung – da wundert mich diese Anregung für nächsten Dienstag dann doch etwas:

Richten Sie Ihre Gedanken auf unsere Mitgeschöpfe, die Tiere. Danken Sie Ihnen für alles Gute, das sie uns schenken – Milch, Eier, Fleisch, Wolle, Leder, Zuneigung.

Und auch die Verwendung von „schenken“ ist – zumindest teilweise – eine überraschend zynische. Nun denn, verabschieden wir uns mit einem weiteren hübschen Dichterzitat:

„Wer nicht so weit geht, wie sein Gefühl ihn treibt und sein Verstand ihm erlaubt, ist ein Dummkopf.“
(Heinrich Heine)

Und wer weiter geht, als der Verstand erlaubt, und im Zweifelsfall eher diesen ignoriert als das Gefühl, wird Esoteriker.

Niederlage der Homöopathie

Gestern auf dem Flohmarkt gesehen:

Schild: Niederlage der echten electro-homöopath. Mittel des Grafen Cesare Mattei, Bologna

Dass sie ihre Niederlage so deutlich mit einem Schild eingestehen, überrascht mich dann doch… ;) 1

 


Zur Info aus der Wikipedia:

Cesare Mattei (genannt il conte Mattei; * 11. Januar 1809; † 3. April 1896) war ein italienischer Adliger, Literat, Politiker, Homöopath und bekannter Wunderheiler des 19. Jahrhunderts.[…]

Die Mattei’sche Elektrohomöopathie kann als eine Abwandlung der Hahnemann’schen Homöopathie mit Bezügen zur alchemistischen Spagyrik und Humoralpathologie verstanden werden. Mattei verabreichte Kügelchen aus Milchzucker, die mit geheimen selbstentwickelten „Elektrohomöopathica“ getränkt waren […]

Mattei behauptete, aus einer Pflanze „vegetabilische Elektrizität“ extrahiert zu haben, die er in Arzneimittel zu konservieren suchte. Diese Mittel sollten „so schlagartig“ wirken wie der elektrische Strom, weshalb er seinem Heilsystem den Namen „Elektrohomöopathie“ gab.

Hahnemann wird sich im Grabe herumgedreht haben – und sicher nicht zum letzten Mal…

  1. Für die, deren Witz-Detektor im Urlaub ist: Natürlich ist das nur ein Witz, ein Wortspiel mit der veralteten Verwendung des Wortes „Niederlage“ für Filiale, Zweiggeschäft. []