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Atheismus

Hirtengepolter

Kirchturmspitze vor dunklen Wolken (Montage) Der Regensburger „Bischof Müller poltert erneut bei Predigt“, schreibt die Mittelbayerische Zeitung; u.a. heißt es:

„[Müller sagte], es werde versucht, „die Kirche unglaubwürdig machen, ihre obersten Vertreter Papst und die Bischöfe zu desavouieren und zu diskreditieren.“ Dies sei zum Teil auch gelungen.

„Die Mittel dazu sind, die Menschen in einen Hörigkeitszustand zu versetzen, mit irgendwelchen Schlagzeilen, unbewiesenen Meldungen, die immer wieder den Menschen neu eingehämmert werden“, fügte Müller hinzu […] Nur wenn es einen objektiven, greifbaren Grund gäbe, könne Mixa den Papst um die Entlassung bitten, „aber nicht deshalb, weil er in den Medien angegriffen wird, mit zu Teil lächerlichen, unglaublichen Geschichten“.

Schon lustig, wenn ausgerechnet ein Vertreter einer mächtigen Glaubensgemeinschaft wie der katholischen Kirche gegen Hörigkeitszustände und fortwährendes Einhämmern unbewiesener Behauptungen poltert. Nicht nur einer Glaubensgemeinschaft, bei der manche Vertreter gerne auf Anders- und Nichtgläubigen herumhacken und dabei nicht nur unbewiesene, sondern auch unsinnige Behauptungen ihren am liebsten hörigen, nicht widersprechenden Zuhörern einzuhämmern versuchen wie die Mär vom unmoralischen Atheisten – bspw. Fürst oder Mixa.

Sondern auch einer Glaubensgemeinschaft, die nun wirklich auf „zu Teil lächerlichen, unglaublichen Geschichten“ basiert – Genesis? Dreifaltigkeit? Unfehlbarkeit? Transsubstantiation? – und die im Prinzip schon definitionsgemäß gewisse Probleme mit Objektivität und Greifbarkeit hat. Oder wo sind denn objektive, greifbare Gründe und bewiesene Meldungen für Jesu göttliche Abstammung, seine Wunder und seine Wiederauferstehung, Himmel und Hölle, ja überhaupt für einen Gott?

Ach, und übrigens, Her Müller, es gab objektive, greifbare Gründe gegen Mixa. Seine Realitäts­verbiegungen hinsichtlich körperlicher Gewalt und den begründeten Verdacht zweck­entfremdeter Gelder etwa. Sogar Ihre eigene Bischofskonferenz hat Mixa ja wohl den Rücktritt nahegelegt…

Die Politiker rief er dazu auf, sich nicht in die Kirche einzumischen, sondern die Aufgaben zu erfüllen, für die sie gewählt worden seien. Sie sollten sich mit Problemen wie der Staats­verschuldung und dem Bevölkerungs­rückgang beschäftigen.

Gilt hier auch als „Einmischung“, wenn der Staat die Kirche mit Steuergeldern – wohlgemerkt allgemeinen Steuergeldern von allen Steuerzahlern, zusätzlich zur Kirchensteuer ihrer Mitglieder – versorgt? Ja, damit könnte man wirklich mal aufhören…

Ansonsten hoffe ich doch, dass die Politiker – und nicht nur die, sondern die Gesellschaft überhaupt – sich mindestens so lange in angemessenem Maße in die Kirche einmischen, wie die Kirche sich in die Politik einmischt! So lange wie die Kirche sich in die Gesellschaft und das Leben derer einmischt oder einzumischen versucht, die nicht zu ihren Mitgliedern gehören. So lange wie zu wenig für Aufklärung und Vermeidung von Verbrechen getan wird.

So lange wie Dinge schieflaufen und die Kirche und ihre Mitglieder nicht nur Teil des entsprechenden Staates sind, sondern überhaupt der menschlichen Gemeinschaft.

Und so lange wie die Kirche bzw. gewisse ihrer Vertreter Religions­freiheit als Einbahn­straße verstehen.

Keine Götter?

betend Bei Thomas bin ich auf diese kleine Blogparade vom Fischkopp gestoßen, bei dem es um ein paar Fragen zu diesem Thema geht:

Was wäre wenn morgen jemand den wissenschaftlichen, absoluten Nachweis erbringen würde, das es definitiv keinen Gott, keinen Budha oder Allah gibt bzw. nie gegeben hat??? (Diese Fragestellung bitte ich als rein hypothetisch/philosophisch zu betrachten! Es geht nicht darum seine Religion oder Ansichten zu outen oder das Für und Wider zu diskutieren…)

Nun, den „wissenschaftlichen, absoluten Nachweis“ müsste man als Widerlegung der „Gottes­hypothese“, der Behauptung der Existenz eines wie auch immer gearteten Gottes sehen – mit dem klitzekleinen Problem (zumindest bei denjenigen Varianten, die die Bezeichnung „Gott“ auch verdienen), dass diese Hypothese nicht wissenschaftlich ist und sich der Falsifizierbarkeit entzieht, dass diese Fragestellung also definitiv nur hypothetisch sein kann; wenden wir uns also den einzelnen Fragen der Blogparade zu:

Was würde in der Welt geschehen?

Die Welt würde sich sofort in Luft auflös— nein, Spaß beiseite, es würde nichts Besonderes geschehen; vor allem nichts, was nicht im Rahmen der anderen Fragen beantwortet würde. ;)

Wie würden Milliarden gottgläubiger Menschen (Christen, Juden, Moslems, Budhisten…) darauf reagieren?

Ich denke, die allermeisten, insbesondere die tiefergläubigen Ottonormal­gläubigen würden das kurz zur Kenntnis nehmen und ganz einfach ignorieren – sie kümmern sich ja jetzt schon allgemein nicht um rationale Argumente gegen ihren Glauben und speziell nicht um wissenschaftliche Belege gegen bestimmte Elemente wie den wörtlichen Schriften­auslegungen der Kreationisten; diese würden sicher auch mit ihren kläglichen pseudo­wissen­schaftlichen Versuchen weitermachen, nur dass sie dann halt ein neues Ziel neben der Evolutionslehre hätten.

Einige mit schwächerem Glauben, insbesondere unter den westlichen Christen, die eh schon kurz vor dem Kirchenaustritt stehen, würden diesen hypothetischen Beweis dann vielleicht zum Anlass nehmen, Nägel mit Köpfen zu machen.

Am radikalen Ende des Spektrums hätten manche, die jetzt schon gewaltaffin sind, einen weiteren Vorwand, und auch die Hassprediger diverser Couleur hätten die Gelegenheit, ihr aus den Anders- und Nicht­gläubigen bestehendes Feindbild um Wissenschaftler zu erweitern. Kurz: an Ostern nicht viel Neues…

Was würde mit den kirchlichen Institutionen als Arbeitgeber geschehen?

Ein paar weniger Schäfchen, dafür ein paar weniger niedere Angestellte in diesem Bereich, aber sonst keine Änderungen. Warum auch?

Kriegt der Papst dann Hartz IV? ;-)

Selbst bei einem deutlich höheren Rückgang der Mitgliederzahlen als ich vermute würde der Vatikan davon bestimmt nicht arm werden. Und bevor’s Hartz IV gäbe, müssten sie eh erst ihre Vermögenswerte abbauen; der Papst sollte zuerst in eine kleinere Wohnung umziehen und aus seinen Palästen Hotels oder Sozialwohnungen machen. (Wäre eigentlich auch so keine schlechte Idee.) ;)

Könnte es gar zu kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt kommen?

Auch nicht zu nennenswert mehr als heute. (Und das sind schon mehr als genug.)

 


„I have never seen the slightest scientific proof of the religious ideas of heaven and hell, of future life for individuals, or of a personal God.“
Thomas Alva Edison


Foto: criswatk/sxc

Den Nichtglauben mit guten Gründen verteidigen

Huge cross Lieber Herr Bischof Fürst, dass Sie als Chef der Rottenburg-Stuttgarter eine Angst vor selbstbewusstem Gegenwind empfinden, ist irgendwie kein Wunder, und der verblendete Inhalt Ihrer Pressemeldung „Den Glauben mit guten Gründen verteidigen“ – auf die ich hier auszugsweise eingehen will – auch nicht.

So meinen Sie,

die Vorstellung von der Evolution sei grundsätzlich mit der Bibel und der kirchlichen Lehre vereinbar. Es handle sich um zwei Sichtweisen: zum einen um eine naturwissenschaftliche Erklärung, zum anderen um eine theologische Deutung der Weltentstehung.

Die naturwissenschaftliche Erklärung befasst sich mit der objektiven Sicht auf die überprüfbare Realität. Die „theologische Deutung“ will sich also absichtlich um eine Sicht kümmern, die nicht mit der Realität in Einklang zu bringen ist? Um die willkürliche Deutung von Fragen, die sie selbst rein zu dem Zweck aufwirft, sich eine Daseinsberechtigung zu fabrizieren?

So seien weder „die großartigen Erkenntnisse Charles Darwins zur Entstehung des Artenreichtums“ noch die Evolutionslehre eine Absage an den Schöpfungsglauben.

Nun, auf jeden Fall eine Absage an den Schöpfungsglauben gemäß Genesis, den Kreationismus, den Sie ja freundlicherweise – wohl als Zugeständnis an die hierzulande aufgeklärtere Klientel – auch offiziell ablehnen. Doch was bleibt dann noch davon übrig – außer einem schönen Beispiel für die Rosinenpickerei in Ihren angeblich göttlich inspirierten und wahren „heiligen Schriften“, wo je nach Lust und Laune manche Teile wörtlich, andere nur metaphorisch verstanden sein wollen?

„Richtig verstanden kann uns eine vertiefte Kenntnis der Evolutionsgeschichte mit all ihren großartigen und staunenswerten Seitenpfaden einführen in die Großartigkeit der Schöpfungsmacht Gottes“, betonte der Bischof.

Die Naturwissenschaft (nicht nur die Evolutionslehre) erklärt die Dinge sehr gut, ohne irgendeiner göttlichen Macht zu bedürfen, selbst für die letzten Lücken, in die sie Ihren Gott schon zurückgedrängt hat, – die Entstehung des Universums und seiner Naturgesetze selbst – gibt es gute Argumente. Richtig verstanden wäre der Verzicht auf „Gott“ und seine „Schöpfungsmacht“ die einzig sinnvolle Konsequenz.

Allerdings, so Bischof Fürst, liefere der Darwinismus für viele das Argumentationsmaterial für die atheistische Position, Gott existiere nicht.

Huge cross Hey, immerhin ist das tatsächlich Argumentations­material und noch dazu umfangreich und belastbar – was haben Sie denn außer Ihren jahrtausende­alten Geschichten­büchern und den Wahn­vorstellungen (etwa „Marien­erscheinungen“) Einzelner anzubieten?

„Die Konfessionslosigkeit zieht es in den öffentlichen Raum“, betonte der Bischof. „Aus einem latent und unterschwellig vorhandenen und weithin akzeptierten Agnostizismus ist ein offensiv und selbstbewusst auftretender und sich inszenierender ‚neuer Atheismus geworden.“

Ja, und das macht Ihnen Angst im Hinblick auf die davonschwimmenden Felle Ihrer Schäfchen, hm? Richtig so! Welches Recht hat die Konfessionszugehörigkeit auf eine alleinige Nutzung des öffentlichen Raums und des Auf-sich-aufmerksam-Machens?

Das Darwin-Jahr werde oft nur als Vehikel benutzt, um die atheistischen Thesen „auf offensiv werbende und teilweise auch auf subtil aggressive Art in die Gesellschaft hineinzutragen“.

Auf geht’s, Mit-Atheisten, benutzen wir einzelne Todestage oder erfundene Ereignisjubiläen als Vehikel, um in der Öffentlichkeit offensiv z.B. mit Prozessionen zu werben, errichten wir pompöse Bauten, die mit lauten Glocken ihre Gegenwart verkünden, und warnen wir subtil-aggressiv vor ewiger Verdammnis!

Die Argumentationsmuster, so Bischof Fürst, reichten von dem alten Versuch, Religion aus den Bedürfnissen des Menschen zu erklären, bis zu einer aggressiven „Destruktion alles Religiösen mit dem Instrumentar einer biologistischen Sprache“.

Und? Angst, dass es wahr sein könnte? Angst – oder Erkenntnis –, dass unsere Argumentations­muster besser und realistischer sind als eure, die auch nach Jahrhunderten noch so ihre Problemchen haben, vernünftig und logisch zu sein? Angst, dass immer mehr Leute das erkennen?

Offensichtlich, denn wozu sonst diese Pressemeldung – oder wie tischl im Brights-Blog kommentiert hat: „Sie können es offensichtlich nicht mehr ignorieren. Es wirkt, sehr schön!“

So höhle die Bestreitung Gottes auch den Geltungsanspruch der Gebote Gottes aus. „Ich bin überzeugt, dass die moralisch handelnde Persönlichkeit, das auf Ethos und Moral basierende Zusammenleben und die auf Ethos und Moral basierende Verantwortung ins Wanken geraten, wenn die Gottesfrage existenziell negativ beantwortet wird“, sagte Bischof Fürst.

Mhm, Atheisten ziehen ja ständig mordend und vergewaltigend durch die Straßen, weil ihnen keine höhere Instanz das verbietet, wohingegen die Gläubigen aus Angst vor göttlicher Vergeltung lieber darauf verzichten. Was letztere dann wohl täten, wenn ihr Gott ihnen mal eine unbeobachtete Stunde gönnte?

Huge cross Oh, doch keine solchen Atheisten zu sehen? Tja, Herr Bischof, vielleicht gibt’s ja auch noch menschliche Werte, die ganz ohne erhobenen göttlichen Zeigefinger auskommen – schon mal ernsthaft darüber nachgedacht? Von Ihren göttlichen Geboten bleiben dann nur die göttlichen Eifersüchteleien übrig…

Die Bestreitung Gottes sei „letztlich auch eine Kampfansage an eine alle bindende Moral“.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Behauptung Gottes (welches Gottes auch immer) ist letztlich eine Kampfansage an eine alle, nicht nur seine jeweiligen Gläubigen bindende Moral!

Wann hört diese Unverschämtheit endlich auf, Atheisten Moral und Ethos abzusprechen? Die Kirchen und Gläubigen haben das Monopol auf ethische Fragen weder gepachtet noch verdient!

Er fürchte, dass auch die zunehmende bedingungslose Bewertung aller menschlichen Lebensbereiche nach wirtschaftlichen Maßstäben hier ihren geheimen ideologischen Hintergrund habe. Die Entwicklung zu einem Wirtschafts- und Sozialdarwinismus, so Bischof Fürst, lasse ihn „sehr besorgt in die Zukunft unserer Gesellschaft schauen“.

Uuuh, eine böse Verschwörung, und Darwin ist an allem schuld – da kann nur noch ein neuer Ablasshandel helfen, schlage ich vor! Wundert es eigentlich noch jemanden, wenn Kirchenfürsten es nicht so genau nehmen mit der Unterscheidung der wissenschaftlich fundierten Evolutionstheorie, sozusagen dem „echten“ Darwinismus, vom Wirtschafts- und Sozialdarwinismus und insbesondere deren Anhängerschaften?

Christen müssten hier hellwach sein und ihre eigenen Glaubensüberzeugungen offensiv vertreten.

Ja, Christen1 dürfen das, aber wenn Atheisten ihre weltanschaulichen Überzeugungen offensiv vertreten – oder auch nur explizit in der Öffentlichkeit darüber informieren –, dann ist das natürlich pöhse! Wo kämen wir denn da hin??

Gott zu erkennen sei Gnade. Aber Glaubende müssten deshalb ihren Verstand keineswegs abgeben, sondern mit guten Gründen gegenüber den Herausforderungen der Gegenwart verteidigen.

Ich nehme an, diese Formulierung ist den Diözeslern etwas daneben gegangen, denn es sollte dem Titel (und dem Sinn) nach doch der Glaube zu verteidigen sein und nicht der Verstand – der sich hier schon gehörig winden muss, um die wissenschaftlich und vernunftgemäß unbegründete Postulation einer Existenz eines Gottes nicht zu verwerfen, und eher eine Verteidigung in die andere Richtung nötig hätte.

Nun, welche guten Gründe sind das jetzt? In dieser Pressemeldung hab ich keine gefunden.

 

Siehe auch:


urspr. via Brights-Blog — Foto (Orig.): Matt Ferrell/Fotolia.com

  1. denen ja, um die teilweise Verbindung zum Wirtschafts- und Sozialdarwinismus im Satz zuvor nicht aus den Augen zu verlieren, natüüüürlich jegliche Anwandlungen in diese Richtung fremd sind… []

Links und Video der Woche (2009/24)

Grafik, Links und Videos der Woche (2009/21)

zensursula1
(von Pantoffelpunk via Cashy) Weitersagen. Weitergeben. Verstehen. Benutzen der Grafik ist ausdrücklich erlaubt.

Und den Fernsehbeitrag von ZAPP „Heftige Proteste gegen Sperrungen im Internet“ hat wahrscheinlich auch schon jeder gesehen:

Weiter zum Rest der Links und Videos: