Links und Video der Woche (2009/50)

https://youtu.be/VW5PByaR2EQ

Das wässrige Kleingedruckte

Vor anderthalb Jahren hatte ich schon über das „Wasser­aufbereitungs­system“ Aqua blue berichtet, das ein paar Mal im Jahr mit einem postkartendicken1 A4-Blatt als Zeitungsbeilage wirbt – mit angeblichen Vorzügen wie besserem Geschmack, weniger Kalkablagerungen, „vitalisiert Körper, Geist und Seele“ u.a.m. Ich habe die Anzeigen in der Zwischenzeit nicht genau untersucht, aber bei der heutigen ist mir eine Änderung gegenüber der vom Mai 2008 aufgefallen, die vermutlich neu ist.

So steht nicht mehr auf der einen Seite über einem großen roten Pfeil zur Postkarte der kleingedruckte Satz „Wissenschaftliche Versuche beweisen die Wirksamkeit von Aqua blue®“ – bei dem ob seiner Aussage die kleine Schriftgröße doch etwas verwundert –, sondern auf der anderen Seite2 den noch kleiner gedruckten (aber noch lesbaren) Absatz

Die von uns beschriebene Wirkung des Systems Aqua blue basiert auf der Überzeugung, dass sich Leitungswasser durch das System Aqua blue in seinem biologischen und auch physikalisch chemischen Verhalten verändert bzw. verbessert. Komplementär­wissen­schaftliche Untersuchungen, unsere eigene empirische Forschung sowie die positiven Erfahrungs­berichte unserer Kunden bestätigen dies. Dennoch ist dieses Thema in der wissen­schaftlichen Diskussion. Wir erachten es deshalb als unsere Pflicht, darauf hinzuweisen, dass die klassische Natur­wissenschaft die von uns beschriebenen Wirkungen nach wie vor bestreitet bzw. nicht anerkennt.

Ich finde ja, solche Sätze gehören in großer Fettschrift und mit dickem Rahmen gut sichtbar abgedruckt – ähnlich den Warnhinweisen auf Zigaretten­schachteln. Nun, „Komplementär­wissen­schaft“ ist offenbar dasselbe für die Wissenschaft, was „Komplementär­medizin“ (oder „Alternativ­medizin“) für die Medizin ist: Etwas, das von ihren Befürwortern als Ergänzung oder Alternative zur echten Wissenschaft propagiert wird, das aber an der objektiven Realität scheitert und letzten Endes bestenfalls einen Placeboeffekt bietet. Wie sagt man doch so schön?

Wie nennt man alternative Medizin, die wirkt?
Medizin.

(Als Nebenwirkung des Einfügens dieses „komplementär­wissen­schaftlichen“ Absatzes mussten sie die große Schriftgröße des restlichten Textes etwas reduzieren, was dann eine nicht mehr benötigte manuelle Silbentrennung zum Vorschein brachte, denn das Wort „Wasser-qualität“ ist komplett mit Bindestrich in eine Zeile gerutscht; und aus unerfindlichen Gründen ist links oben ein weißes Rechteck über dem Wasserfall-Hintegrundbild. Da hat wohl der Layouter nicht genug aufgepasst…)

Auf der Website (aqua-blue.de) finde ich diesen Absatz aber (noch?) nicht. Es gibt nur weiterhin die Gutachten-Seite3 mit der Einleitung „Die positiven Folgen wurden durch eine Reihe wissen­schaftlicher Untersuchungen nachgewiesen:“ mit einigen Gutachten, auf die ich letztes Jahr schon eingegangen bin – allerdings sind der lächerlich oberflächliche „Verträglich­keits­test“ sowie der Hinweis zu einer „Veränderung des Abbinde­verhaltens von Zement“ aus der Liste verschwunden. Warum auch immer.

Zumindest gilt dies für die deutsche Version der Seite. Die englische4 enthält diese aber noch, ebenso den Punkt

Change in the taste
of lemon juice, water and other beverages. With Aqua blue®: More aromatic, milder, less sour/bitter/tart.
Tested by:
Hundreds of clients and test subjects in trade shows and trade fairs

Ich glaube kaum, dass diese Tests mit Messebesuchern ordentlich doppeltverblindet waren – eine Verhöhnung der Einleitung „in a series of scientific studies“, möchte ich dann sagen.

Es gibt zudem noch eine Seite mit dem Titel „Hinweis“ und dem Inhalt „Hier folgt demnächst ein besonderer Hinweis“, aber da die URL das Wort „partner“ enthält, nehme ich nicht an, dass dort der „komplementär­wissenschaftliche“ Hinweis landen wird.
(Update 24.1.2010: Ich hab mich in diesem Punkt getäuscht, denn genau der oben zitierte Hinweis-Absatz ist in der Zwischenzeit auf dieser Seite gelandet.)

Übrigens gibt’s auch weiterhin keine Preisangaben auf der Website, sogar die AGB (hier unter Verachtung mehrerer Rechtschreib­regeln „AGB’s“ genannt) kann man nur über ein speziell dafür vorgesehenes Kontaktformular anfordern. (Auf der englischen Seite gibt’s gar nur die Zeile „General Terms and Conditions in PDF Format“, der irgendwie der Link abhanden­gekommen ist…)

Aber wer daran glaubt, dass ein mit einem Klettband an der Wasserleitung zu befestigendes geschlossenes Metallkästchen „ohne Chemie und ohne Einsatz von Strom oder Magneten […] dort permanent die Schwingung von reinem Quellwasser an das in der Leitung befindliche Wasser ab[gibt]“5 – im Widerspruch zu anerkannter und bestätigter Wissenschaft, falls das jemandem noch entgangen sein sollte –, den stört das sicher nicht und für den wird der Preis wohl eh sekundär sein.

Update 20.2.2010: In einer großen Zeitungsanzeige wird jetzt ein Preis genannt: 895 € „für ein Haus mit bis zu vier Wohneinheiten“. Bestimmt keine schlechte Gewinnspanne…


Siehe auch:

  1. sinnvoll, schließlich enthält es eine Postkarte zum Abtrennen… []
  2. Es ist schwer zu entscheiden, was Vorder- und was Rückseite ist – die eine betont „Weniger Kalk“ und enthält das Ankreuzfeld „Ja, ich mächte weitere Informationen…“ auf dem Postkartenabschnitt, die andere betont Geschmack und Gesundheit und enthält die Anschriftenseite. []
  3. www.aqua-blue.de/index.php/de/gutachten archiviert am 12.12.09 unter www.webcitation.org/5lyOj3R5y []
  4. www.aqua-blue.de/index.php/en/expert_opinion archiviert am 12.12.09 unter www.webcitation.org/5lyRHjzre []
  5. www.aqua-blue.de/index.php/de/montage archiviert am 12.12.09 unter www.webcitation.org/5lyQRvbDu []

Projekt 42/6: Wärme

Projekt 42 Passend zum bald wieder kalten Winter ist das aktuelle Monatsthema von Projekt 42 beim Zementblog, zu dem die Teilnehmer einen Text schreiben sollen, Wärme.

Folgt mir also auf eine kleine Temperatour

Wärme. Temperatur. Alles irgendwie relativ.1 20 °C etwa würde man in gemäßigten Breiten im allgemeinen als warm bezeichnen – nicht heiß, nicht kalt, höchstens etwas kühl im Hochsommer, wenn man Temperaturen von über 30 °C gewohnt war. Sicherlich wärmer als z.B. 3,98 °C, die Temperatur, bei der Wasser kurioserweise seine größte Dichte hat, obwohl es erst bei 0 °C gefriert. Was für antarktische Verhältnisse etwa bei der Wostok-Station, bei der die offizielle niedrigste Temperatur auf der Erde von −89,2 °C gemessen wurde2, schon ganz schön warm ist.

Doch es gibt eine lustige Spezies von Forschern, die noch −140 °C als hohe Temperatur bezeichnen. Diejenigen nämlich, die an supraleitenden Materialien forschen – Hochtemperatursupraleiter heißen eben nur so, weil ihre Sprungtemperaturen über denen der „üblichen“ metallischen Supraleiter liegen.

Für andere Zwecke wäre das noch viiiiel zu warm – etwa für die hochempfindlichen Detektoren an Bord des Planck-Weltraumteleskops, die auf gerade mal 0,1 K über dem absoluten Nullpunkt (0 K = −273,15 °C = −459,67 °F, also nur ein bisschen kühler als in Denver ;) ) gekühlt wurden, um die kosmische Hintergrundstrahlung möglichst genau zu messen, und dadurch zu den kältesten bekannten Objekten im Weltraum wurden.

Aber wieder zurück zu unseren 20 °C von oben und weiter in die andere Richtung. Als Körper­kern­temperatur wären diese 20 °C nicht so gut, denn dann wäre man seit einem halben bis ganzen Tag tot – 35,8 bis 37,2 °C wären hier erstrebens­werter. Für menschliche Verhältnisse heiß wird’s schon bei der Siedetemperatur von Wasser von 100 °C bei Normal­bedingungen, aber der Sonne mit einer mittleren Oberflächentemperatur von 5505 °C entlockt das nicht mal ein müdes Lächeln.

Sie lächelt höchstens darüber, dass sie es schafft, ihre Korona darüber auf über 1 Million °C aufzuheizen, wobei die hier wirkenden Mechanismen noch nicht vollständig verstanden werden.

Supraflüssig zu erwähnen, dass es noch wärmer geht – Neutronensterne bringen zu Beginn ihrer entarteten Existenz mal eben 100 Milliarden Kelvin (oder °C, die popeligen 273 K Unterschied machen da auch nichts mehr) aufs Thermometer, und auch bei der 1 Milliarde K, die so eine Sternenleiche nach einem Jahr erreicht, ist das Wörtchen „nur“ noch unangebrachter als bei den Preisen so mancher Luxusartikelshops.

Nur zwischenmenschliche Wärme, die wird nicht in Kelvin oder Celsius gemessen.

  1. Und strenggenommen nicht mal dasselbe, siehe Wikipedia: Wärme, Temperatur. []
  2. siehe Temperaturextrema, da gibt’s noch ein paar andere interessante Werte []

Album-Songs des Tages (10.12.)

Es ist mal wieder Zeit für ein paar ausgewählte, nicht auf Singles veröffentlichte Lieder eines Queen-Albums – diesmal A Day At The Races vom 10.12.1978, quasi das Schwesteralbum zu A Night At The Opera: beide nach Marx-Brothers-Filmen benannt, beide mit vergleichbarem Cover (das Queen-Emblem, der Hintergrund einmal schwarz und einmal weiß, aber andersrum als man vermuten würde), beide mit musikalischen Ähnlichkeiten.

Beginnen wir mit „You Take My Breath Away“, einer von Freddie geschriebenen Ballade; er hat sich auf die Aufnahme vorbereitet, indem er es für sich im Hide Park aufgeführt hat, sagt die englische Wikipedia

» You Take My Breath Away – Album-Version

https://youtu.be/3zSzlT5zBXs

» You Take My Breath Away – Live-Version von 1976, noch vor der Studio-Aufnahme (nicht die beste Qualität, aber eben etwas Besonderes – mit einem etwas anderen Ende) ↓

 

Auch auf diesem Album gibt’s ein von Roger Taylor geschriebenes und gesungenes Stück (und das im 6/8-Takt), auf dem er auch selbst Rhythmus-Gitarre und Pauke spielt: „Drowse“ (dösen, schläfrig sein).

» Drowse – Album-Version mit Fan-Video

https://youtu.be/3KbT4C-EpmM

 

Zum Schluss wird’s teuer: „The Millionaire Waltz“, geschrieben von Freddie und insofern vergleichbar u.a. mit „Bohemian Rhapsody“, als dass sich auch hier verschiedene Tonarten, Geschwindigkeiten und Lautstärken abwechseln. Soll über ihrem damaligen Manager sein…

» The Millionaire Waltz – Album-Version

» The Millionaire Waltz – Live 1977 (Teil eines Medleys, also nicht vollständig)

 

» Alle Texte des Albums