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Anti-Wissenschaft

„Das Geheimnis der Zauberhände“

zwei Hände Der zweite Teil der Artikelserie über (das) „Wunder Heilung“ der Fernsehzeitschrift HÖRZU, auch online komplett verfügbar, inklusive Kommentar-Möglichkeit.1 Mein Beitrag zum 1. Teil findet sich » hier.

In diesem Teil darf der ehemals krebskranke Autor, Georg Francken, nun von seinen eigenen Erlebnissen in Brasilien berichten – was natürlich auch bedeutet, dass es noch subjektiver und noch unkritischer wird, und auf die Erwähnung des Placeboeffekts, die schon im ersten Teil gefehlt hat, darf man erst recht nicht hoffen. Ist ja wahnsinnig ausgewogen, diese Serie… und auch wenn man die Hoffnung nicht aufgeben soll, irgendwie glaub ich nicht so recht, dass das in den nächsten Wochen besser wird.

Therapie mit Magie: In Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern befragen Heilerinnen gern die Karten, um in die Zukunft zu sehen.
(Bildunterschrift, nur im Heft)

Klar, warum etwas auslassen, lieber gleich mehrere esoterische Angebote vereinen. Wie meinte der Taxifahrer in Franckens Geschichte:

Christopher schüttelte den Kopf: „Ihr seid doch verrückt, ihr Europäer“, sagte er immer wieder. „Kommt von weit her, um ein bisschen Zauberei zu erleben. Und glaubt noch daran!“ Dass auch viele seiner Landsleute auf diesen „Zauber“ vertrauen, verschwieg er. Rituelle Handlungen, Wahrsagen, Geisterbeschwörung und Handauflegen stehen bei den Brasilianern hoch im Kurs.

Beim Satz über die Landsleute kann ich Herrn Francken sogar mal zustimmen… Was geschah also in Brasilien?

Die kleine, unscheinbare Frau hatte nur kurz gefragt, wie es mir ginge. Dann hatte sie ein paar Karten gelegt, sie gedeutet – und war unvermittelt in Trance gefallen. […]
Sie kam auf [m]ich zu, berührte meinen Kopf. Eine Woge von Energie strömte durch mein Gehirn, raste dann die Wirbelsäule hinab. Mir wurde heiß. Du wirst Fieber bekommen, sagte sie noch, dann wachte sie abrupt aus der Trance auf. […]
Am nächsten Tag schüttelte mich übrigens heftiges Fieber. Fast eine Woche lang hielt es an. […] Ich glaube, es war der Moment, in dem ein Körper begann, sich selbst zu heilen.

Schön für ihn. Wirklich. Aber was beweist diese Anekdote, was lernen wir wirklich daraus?

  • Dass die Brasilianerin Heilenergien ausströmen und in die Zukunft sehen kann? Nein.
  • Dass sie eine gute Show2 abziehen kann, die Leute, die sie glauben wollen, beeindruckt? Ja.
  • Ob sie es selber glaubt? Gut möglich.
  • Dass der menschliche Körper sich besser heilen kann, wenn man an eine Heilung glaubt? Sieht so aus.
  • Dass die Hörzu unkritisches Esoterik-Geschwurbel als Versuch, „Antworten zu geben“3 und „Alles über Wunderheilung“4 zu berichten, verkaufen will? Scheint mir so…

Noch zu ein paar Kommentaren:

Anja S.N. (#48) zur Fernheilung per Telefon:

Nun frage ich mich warum per Telefon… Jede Form von Elektrizität oder Elektromagnetischer Strahlung können störend auf das aussenden von Heilenergien wirken

Strommast Wie ich dort auch schon geantwortet habe (#51):

Wenn „Heilenergien“ durch Elektrizität und elektromagnetische Strahlung gestört werden, was ist dann mit den Unmengen an Stromkabeln, Rundfunk-, Handy-, Satelliten- usw. -wellen zwischen Heiler und „Empfänger“? :)

Warum nicht das Telefon verwenden, so kann man dem „Empfänger“ viel leichter einreden, was er glauben soll…

Und Walter E. (#58) verwechselt die Heiler, die mystische Heilung versprechen, mit der Telefonseelsorge:

Wenn ein verzweifelter Mensch die Telefon-Seelsorge in Anspruch nimmt und Hilfe findet ist dass ein toller Erfolg. Und dass wird jeden Tag vielfach erlebt trotz Elektrosmog. So kompliziert wie oft dargestellt ist Heilung nicht.

Mit dem letzten Satz (Hervorhebung von mir) hat er unbeabsichtigt sogar recht, wie ich finde: Denn jede solche Heilung geht nur durch den Glauben des Patienten daran – ein Heiler sendet genausowenig Energie aus wie ein Telefonseelsorger, er behauptet nur etwas anderes. (Zumindest wenn sich der Telefonseelsorger nicht auf „göttliche Hilfe“ versteift.)

Und die christliche Fraktion kam in Form von Renate P. (#67) auch schon vorbei, die davor warnt, auch der Teufel würde Wunder bewirken, und die Leser in einem Absatz gar anbrüllt5:

JEDER; DER ZU EINEM HEILER GEHT; DER NICHT AUSDRÜCKLICH IM NAMEN JESU CHRISTI DIE KRAFT GOTTES ZUR HEILUNG ANRUFT; BEGIBT SICH AUF “OKKULTE WEGE2 UND ZAPFT DIE KRAFTQUELLE SATANS AN; UND WIRD DIE DARAUS ENTSTEHENDEN NEGATIVEN KONSEQUENZEN (DES GÖTZENDIENSTES) ENTWEDER SELBER ODER IN DER FAMILIE TRAGEN MÜSSEN! DER WIDERSACHER GOTTES VERSUCHT UNS MENSCHEN IN DIE KNECHTSCHAFT; BINDUNGEN UND SÜNDE ZU FÜHREN; DAMIT ER UNS BEHERRSCGHEN KANN!

Und wie wollen diese Heilandsheilergläubigen erkennen, ob sie nicht von einem „teuflischen Heiler“ geschickt getäuscht werden, indem er einfach behauptet, „göttliche Heilkraft“ weiterzugeben?
:shake:

Naja, jeder Wunder- und/oder Gott- und/oder Esoterikgläubige schafft sich so seine eigene Welt, mit Logik kann man da wohl wenig ausrichten…

Genug für heute.6

 


Linktips:


Foto Hände: shlomaster/sxc; Strommast: leefis/sxc

  1. Auch wenn kürzlich zwei weitere kritische Kommentare kamen (#74 und #75), wäre etwas Unterstützung dort vielleicht nicht schlecht… []
  2. mehr im Artikel, ich hab nicht alles zitiert []
  3. Editorial Teil 1 []
  4. Hefttitel bei Teil 1 []
  5. die Großschreibung, in Mails und Foren meist mit Schreien gleichgesetzt, kann natürlich auch ein Versehen gewesen sein []
  6. Und auch genug mit den Fußnoten, das waren schon wieder recht viele… ;) []

Links der Woche (2008/30)

„Medizin der magischen Kräfte“

So heißt der erste Teil der von Georg Francken geschriebenen Artikelserie über (das) „Wunder Heilung“ der Fernsehzeitschrift HÖRZU, praktischerweise auch online komplett verfügbar, inklusive Kommentar-Möglichkeit.1

Der Chefredakteur Thomas Garms stellt diese Serie in seinem Editorial u.a. mit diesen Worten vor:

„Gerettete erscheinen anderen Kranken als Boten der Hoffnung. Heiler werden zu Heiligen stilisiert. Was ist wirklich dran an diesem Phänomen? Ab S. 24 versuchen wir Antworten zu geben, sprechen mit Betroffenen, stellen Methoden vor und lassen auch die Kritiker zu Wort kommen.“

Ach? Ja wo sind sie denn, die Worte der Kritiker? Findet jemand welche? Ich nicht. Der einzige, der neben einem Heiler und zwei Patientinnen direkt zu Wort kommt, ist der „Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für Naturheilkunde“, und sein Bedauern der „erheblichen Defizite in diesem Forschungsfeld“ kann kaum als Kritik bezeichnet werden. Aber auch echte nicht persönlich wiedergegebene Kritik fehlt; der Kasten „Wie Sie Nieten und Kurpfuscher entlarven“ scheint mir mit Ausnahme der letzten Empfehlung „Lassen Sie mögliche Diagnosen von einem Arzt überprüfen!“ mehr zur Unterscheidung „seriöser Heiler“ von diesen „Nieten und Kurpfuschern“ zu dienen denn zu einer generellen Vorsicht zu mahnen.

Da kann man eher das Folgende als Kritik an der Wissenschaft verstehen:

Die Art, wie Aldo Berti oder Waltraud Bleile Krankheiten heilen, wird allerdings von der Schulmedizin kategorisch abgelehnt. Zu Recht. Denn wissenschaftlich erforscht sind alternative Heilmethoden generell nicht.

Mit der pauschalen Aussage im letzten Satz dieses Zitats wird die Wissenschaft meines Erachtens viel zu schnell beiseite gefegt – darauf werde ich unten noch näher eingehen, Stichwort Placebo-Effekt.

Zunächst zu weiteren Oberflächlichkeiten und Unzulänglichkeiten – ein Beispiel:

„Ein Beispiel: Bei Krebserkrankungen wird nur einer von 80000 Betroffenen spontan geheilt. Biologische Heilverfahren können diese Spontanheilungsrate signifikant erhöhen (1:600), wie eine US-Studie erst kürzlich feststellte.“

Was versteht der Autor hier unter „biologischen Heilverfahren“? „Gewöhnliche“ Medikamente mit pflanzlichen Wirkstoffen? Das heilertypische Handauflegen? Bei Vollmond gepflückte und in großen Schwimmbecken aufgelöste Blütenblätter? Streicheln empfindlicher Körperteile mit Brennnesseln?

Eine präzisere Quellenangabe könnte auch nicht schaden, die USA sind nicht gerade klein.

Georg Francken ergänzt in Kommentar #20 (leider kein Direktlink möglich):

Heiler arbeiten ausschließlich im feinstofflichen Bereich.

Wobei es sich um religiöse und esoterische Konzepte handelt, die keinen Bezug zur wissenschaftlich akzeptierten Realität haben. (Vgl. Wikipedia)

Sie arbeiten mit Energie,

…ein Begriff, der in der Esoterik weit verbreitet ist, ohne mit dem Energiebegriff in der Physik vergleichbar, richtig greifbar oder auch nur vernünftig definiert zu sein (und somit praktischerweise nicht widerlegbar ist)…2

mit Schwingungen, mit Rhythmen und verwenden ähnliche Methoden wie sie die alternative Medizin aus vielen anderen Bereichen kennt, vom Ayurveda über die Mistel bis zur Schwingungsmedizin (Biofeldtherapie). Das kann bei Heilern dann durch Handauflegen passieren, durch handverlesene und handgestoßene Kräuter, durch rituelle Handlungen oder durch Anbetung einer Ikone.

Die Vielzahl von Methoden, die sich die Leute im Laufe der Zeit ausgedacht haben, wird nicht automatisch durch ebendiese Vielzahl überzeugender oder realitätsnäher. Eher im Gegenteil.

Alle Handlungen dienen letztlich nur diesem einen Zweck, den Selbstheilungsprozess zu fördern. Denn heilen kann sich der Betroffene nur selbst. Darin sind sich sogar Schulmedizin und Alternativmedizin mal einig.

Nur bleibt dem Betroffenen bei Heilern mit ihren „Energien“ und z.B. einem Aberglauben wie der Homöopathie gar nichts anderes übrig. Die Anhänger der Glaubensmedizin wettern doch so gerne gegen die langen Nebenwirkungslisten der Medikamenten-Beipackzettel? Vielleicht liegen diese einfach daran, dass solche Präparate tatsächlich Wirkstoffe enthalten, die klinisch erprobt wurden…?

Aber „sind die Erfahrungsberichte nicht Beweis genug?“, meint R.G. in Kommentar #28. Ich denke nicht – sie sind keine echten Beweise, denn sie sind stark subjektiv, man erfährt nichts über Patienten mit möglichst vergleichbaren Erkrankungen, bei denen die Heilbehandlungen versagt haben, und es fehlt entsprechend die Vergleichsmöglichkeit mit dem Krankheitsverlauf ohne diese Heilbehandlungen (Krankheiten können sich auch ohne äußeres Zutun verbessern oder verschlimmern).


Um auf das Zitat weiter oben zurückzukommen: Heilmethoden an sich mögen nicht wissenschaftlich erforscht sein, aber eine wissenschaftlich akzeptierte Sache, der Placebo-Effekt, wird nicht ein einziges Mal in diesem Artikel erwähnt.

Mir scheint, der Autor könnte Angst vor zuviel wissenschaftlicher Realität haben… nur schade, dass sich der Artikel dadurch m.E. schon grundsätzlich nicht als ausgewogene, ernsthafte Beschäftigung mit diesem Thema qualifizieren kann – was in Anbetracht des ungebrochenen Interesses so vieler Menschen an diesem Thema angebracht wäre. Angesichts der „vielen Erfahrungen bei Heilern, Heilpraktikern und Schamanen weltweit“ und der daraus folgenden Voreingenommenheit des Autors, die er in Kommentar #8 nennt, überrascht mich das aber auch nicht wirklich.

„Der Glaube kann Berge versetzen“, heißt es – und der Placebo-Effekt beschreibt eben positive Wirkungen auf die Gesundheit allein dadurch, dass der Patient an eine Wirkung glaubt, ganz ohne Bedarf an wissenschaftlich nachweisbaren physiologischen Wirkungen oder dass irgendwelche ominösen Energien oder Schwingungen durch ominöse Wege wie Handauflegen, Mantraaufsagen oder Gebete übertragen werden müssten.

Und die Heiler, Gurus und Schamanen bauen auf eine große Vielfalt solcher ominösen Methoden – einige sicher in gutem Glauben und ohne betrügerische Absichten, einige andere sicher mit der Absicht, zufriedene (oder sich für zufrieden haltende) Stammkundschaft aufzubauen, gar psychisch abhängig zu machen, die sie abzocken können. Zu dieser Unterscheidung ist der erwähnte Kasten im Artikel sicher hilfreich. Wissenschaftlich–realer oder auch nur weniger ominös werden die zugrundegelegten Methoden dadurch aber auch nicht.

Und Schutz vor Selbstbetrug ist auch schwer. Wenn ich von der Freude über „mehr Wohlbefinden“ lese3, nachdem jemand in einer anderen Stadt mit einem „Fern-Clearing“ zur Befreiung „von belastenden, negativen Energien […], die auch noch aus früheren Leben vorhanden sein können“ durchgeführt hat, frage ich mich wirklich, wohin die letzten Jahrhunderte seit Beginn der Aufklärung verschwunden sind.

Als Schlusswort dieses schon wieder viel zu lang geratenen Beitrags eine Erwiderung auf ein Zitat aus Kommentator #21 von Walter E.:

„‚Wirkung nicht erforscht‘ oder wissenschaftlich nicht erwiesen heisst nichts anderes als dass die Wissenschaft z.Zt.zu dumm ist die Vorgänge zu erklären.“

Oder es stecken jenseits des Placebo-Effektes einfach keine speziellen Vorgänge dahinter.

 


Linktips:

  1. Ja, der dort kommentierende Andreas bin ich. Und von etwas allgemeiner Kritik an der Oberflächlichkeit des Artikels abgesehen, bin ich dort offenbar der einzige „Realist“… []
  2. Mal abgesehen davon, dass für Arbeit (im physikalischen Sinn) ohnehin Energie (im physikalischen Sinn) nötig ist… []
  3. Kommentar #35 von Evelyn R. []

Wirkungsloses und Placebos en masse?

Akupunktur-Nadeln Unter der Überschrift „Wellness und Gesundheit“ auf einer Doppelseite in der aktuellen Ausgabe eines lokalen Wochenblattes (diesmal „Aktion – Der Hallertauer“) finden sich etliche Textblöcke, farbig hinterlegt und so an eine grafisch gestaltete Anzeige gebunden – wobei ich durchaus eine Verwechslungsgefahr mit redaktionellen Artikeln sehe –, zu denen (neben Reisen, Kosmetika, Tanzkursen u.a.) nicht nur der bereits bekannte Avaro-Lichtler gehört, der seinen Rauchfrei-Kurs bewirbt, sondern auch weitere zweifelhafte Angebote aus dem Bereich der Paramedizin, zu denen ich mir die Kritik nicht verkneifen kann:

Eine Heilpraktikerin namens Renate Oefele bietet z.B. eine Elektroakupunktur nach Voll“ (EAV) an, angeblich „ein Weg zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden“. Und wie soll das funktionieren? Im die grafische Anzeige begleitenden „Artikel“ heißt es (Hervorhebung von mir):

„[…] stützt sich auf das Meridiansystem der [Traditionellen] Chinesischen Medizin. Es werden mit einem sehr empfindlichen EAV-Gerät die Hautwiderstände an bestimmten Akupunkturpunkten gemessen. Dadurch erhält man einen Überblick über den energetischen Zustand der 12 Meridiane und der Stellen am Körper, an denen der Energiefluss gestört ist. Auch geben diese Messungen Hinweise darauf, wie die Krankheit entstanden ist. Doch die EAV kann noch mehr: Sie kann […] auch testen, ob sich bestimmte Substanzen auf den Organismus gut oder schlecht auswirken würden. Dazu wird eine Probe […] in den Messkreis […] eingebracht.“

Klingt wohl nicht nur für mich schon auf den ersten Blick hanebüchen – Hautwiderstand zur Krankheitsdiagnose? Und mit dem Widerstand bestimmter Substanzen zusammengeschwurbelt soll das auch etwas aussagen? Und in der realen Welt ist es nun mal auch so, dass es keine solchen „Meridiane“ der TCM gibt, und auch der Rest der EAV ist, vorsichtig ausgedrückt, zweifelhaft:

„Der Hautwiderstand wird in erster Linie durch die Aktivität der Schweißdrüsen bestimmt. Allein deshalb ist seine Nutzung zur Diagnose und Bewertung von Krankheiten abwegig, denn ihre Aktivität wird auch von mehreren Faktoren beeinflusst, die nicht mit Krankheiten in Verbindung stehen.
[…]
Wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Akupunktur haben ergeben, dass Meridiane nicht existieren und es keinen signifikanten Unterschied in der Wirksamkeit ausmacht, ob man mit Nadeln an traditionellen Akupunkturpunkten oder an zufällig gewählten Punkten sticht oder sogar mit Tricknadeln nur ein Stechen vortäuscht. In der Allergiediagnostik versagte das Verfahren der EAV. Widerstands- oder Impendanzänderungen an Akupunkturpunkten zu benachbarten Punkten konnten nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden.“
(aus der Wikipedia, Quellen siehe dort; Hervorhebungen von mir)

Dieselbe Dame bietet zudem „Biochemie nach Dr. Schüssler“, quasi Homöopathie mit anderen Mitteln und genauso wirkungslos jenseits von Placebo-Effekten. Wikipedia dazu (meine Hervorhebungen):

Schüßler-Salze sind alternativmedizinische Präparate von Mineralsalzen in homöopathischer Dosierung (Potenzierung). Die Therapie mit ihnen basiert auf der Annahme, Krankheiten entstünden allgemein durch Störungen des Mineralhaushalts der Körperzellen und könnten durch homöopathische Gaben von Mineralien geheilt werden.

Diese Annahmen sind wissenschaftlich nicht anerkannt, eine Wirksamkeit der Schüßler-Salze ist nicht nachgewiesen. Die Stiftung Warentest kommt zu dem Urteil: „Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.“

Und Fußreflexzonenmassage gibt’s auch noch – da verweise ich der Kürze wegen einfach nur auf die Süddeutsche und zitiere daraus nur kurz:

„Es gibt keinerlei Belege für die tatsächliche Existenz der angeblichen Reflexverbindungen. Überdies weicht die Reflexzoneneinteilung auf dem Fuß bei verschiedenen Autoren erheblich voneinander ab.“


Achtung Wer jetzt allgemein meint, solche und andere paramedizinischen Methoden wären doch kein Problem, wenn’s nicht wirken sollte, schadet’s wenigstens auch nicht, dem sei gesagt, dass durch solche wirkungslosen (und trotzdem sicher nicht kostenlosen) Methoden gern – und das kann durchaus schädlich sein! – zu lange oder generell darauf verzichtet wird, wirkungsvolle Therapien der evidenzbasierten Medizin anzuwenden; und wenn sich Gutgläubige z.B. aufgrund einer EAV-„Diagnose“ gesunde Zähne ziehen lassen, wie Martin Lambeck bei ZeitWissen berichtet, oder andere falsche Krankheiten eingeredet bekommen – das soll kein Schaden sein?

(Anmerkung: Ich weiß nicht, was die inserierende Heilpraktikerin so „diagnostiziert“, und will ihr nichts unterstellen, ich kann nur allgemein über die von ihr beworbenen kritikwürdigen Methoden schreiben und Berichte über andere Vertreter ihrer Zunft erwähnen.)


Eine andere Anzeige mit der aufsehenerregenden Überschrift „Angst – Depression – Sucht“ macht Werbung für psychotherapeutische Heilpraktiker-Kurse. Zitat:

„Heilpraktiker für Psychotherapie arbeiten mit unterschiedlichsten Methoden, wie z.B. mit Gespräch, Meditation, inneren Bildern, energetischen Heilweisen, dem Atem u.a.“

Nichts gegen Gespräche, aber „energetische Heilweisen“?? „Energien“, bei denen alle Versuche, sie wissenschaftlich und seriös zu beweisen, gescheitert sind? Ohne mich…


Weitere Linktips:
ZeitWissen: Harter Test für sanfte Heiler
GWUP-Themenseite Paramedizin
Die Süddeutsche über Schüßler-Salze


Foto: hradcanska / flickr

Die Vollmondin und ihre Empfehlungen

Mond „Heute ist Vollmondin“, meint Wakanda (gefunden auf dem BloggerAmt), und „die Mondin steht heute immer noch in Zeichen des Steinbocks.“ Oder im Schützen, wie alle anderen Astrologieseiten meinen, die ich mir angeschaut hatte (unten dazu mehr), erst ab ca. 23:50 Uhr wäre der dann abnehmende Mond im Steinbock, aber dann ist der Vollmond-Moment um ca. 19:30 Uhr ja schon wieder vorbei. Aber wer will das schon so genau nehmen, diesen Krampf mit den Sternzeichen

Ach ja, der Mond… warum können nicht einfach alle Leute sich ihn zum Freund machen ;) und hanebüchene Deutungen außen vor lassen? Wie Basti in seiner ausführlichen Mondkalender-Analyse (Lesebefehl!) letzten Dezember geschrieben hat:

…muss man der Spezies Mensch eines lassen: Sie ist kreativ. Verdammt kreativ.

Sie bringt es zum Beispiel fertig, und das hat sie allen anderen Tieren voraus, für Dinge, die zunächst unerklärbar scheinen, unterhaltsame, weil an den Haaren herbeigezogene Erklärungen zu ersinnen.

Wie wahr. Übrigens, wussten Sie, geneigter Leser, dass heute mondastrologisch ein „Wärmetag“ und morgen ein „Kältetag“ ist? Da sind sich zumindest die besuchten Seiten einig, wenn sie denn diese seltsam anmutende Einteilung überhaupt vornehmen – die ihnen aber immerhin für so manches eine „Grundlage“ bietet. Also schön ab Mitternacht die Heizung aufdrehen! (Dass die Wetterdienste was ganz anderes sagen – spielt das denn eine Rolle?)

Praktische Tips gibt’s natürlich auch viele – man darf es nur nicht wagen, darüber nachzudenken oder gar verschiedene Astrologieseiten zu vergleichen, Gott bewahre! –, zum Beispiel:

Haare, vor allem die abgeschnittenen oder entfernten, wollen morgen offenbar viel langsamer nachwachsen („Günstige Zeit um Haare zu entfernen, sie wachsen nur sehr langsam wieder nach“) als heute („Damit die Haare schneller wachsen, sollten sie an einem Wärmetag geschnitten werden“; jew. mondhandy.de). Wobei mondkalender-online.de meint, morgen wäre ein schlechter Tag fürs Haareschneiden, aber ein guter für die Enthaarung.

Aber hallo, heute eine Dauerwelle empfehlen, mondkalender-online? An einem Wärmetag? Geht’s noch?? Denn mondhandy.de weiß: „Dauerwellen halten besonders lange, wenn sie an Kältetagen gelegt werden“, also morgen! Gleiches gilt fürs Umtopfen von Pflanzen, mondhandy.de morgen („Kältetage eignen sich gut zum Umtopfen von Zimmerpflanzen“), mondkalender-online heute. Tststs…

Wichtig: Düngen Sie heute noch schnell Ihre Pflanzen und Beete, wenn der Server von astrowoche.de, die dies empfehlen, Ihrem Balkon oder Garten näher steht als der von astrologie-er-leben.de, denn jene raten davon ab!

dreckige Schuhe Die Empfehlenswertigkeit einer chemischen Reinigung steigt anscheinend von heute auf morgen sprunghaft an, aber auch ohne Chemie gilt: Warten Sie auf jeden Fall mit dem Wäschewaschen und dem Schuheputzen bis nach 0 Uhr, denn „Flecken sind hartnäckig“ heute (astrologie-er-leben.de), der morgige Tag hingegen ist ideal für Fleckenentfernung, Fensterputzen, Metallreinigung, Schuhpflege etc. (mondkalender-online.de), denn, wie uns mondhandy.de belehrt, „Schuhe lassen sich besonders gut und gründlich bei abnehmendem Mond reinigen.“ Dann können Sie endlich auch Ihre Extrem-Verschmutzungen wie im Bild links in Angriff nehmen – puh, kein wochenlanges Herumlaufen mit diesem Dreck mehr!

Wenn Sie ein Handy mit sich führen, vermeiden Sie morgen Operationen im Kieferraum (denn das sagt mondhandy.de), wenn nicht, vertrauen Sie astrologie-er-leben.de, die sehen eine günstige Zeit nicht nur für Kieferoperationen, sondern auch für solche im Brust- und Bauchbereich und generell für Schönheitsoperationen. Packen Sie am besten noch Fuß-, Hüft-, Herz-, Kopf-, Hals-, Schulter-, Unterschenkel- – aber auf keinen Fall an Knochen, Gelenken oder Haut! (mondhandy.de) –, Verdaunungsorgan- und, ganz wichtig, Geschlechtsorgan-Operationen dazu (mondkalender-online.de); wenn Sie auf diese Astrologieseiten verweisen, zahlt Ihnen das alles bestimmt auch Ihre Krankenkasse. Ganz sicher, die Sterne lügen nicht, der Mond noch viel weniger!

Aber Achtung, lassen Sie Ihre Hornhaut und Ihre Warzen dran! Morgen ist ein ganz schlechter Tag für deren Entfernen, vor allem für die Jünger von mondkalender-online.de (die dies behaupten)! Es sei denn, natürlich, Sie verwenden Ihr Handy, denn mondhandy.de meint: „Besonders leicht lässt sich die Hornhaut bei abnehmendem Mond entfernen.“ Ich denke, ein Motorola RAZR („razor“ = Rasiermesser) dürfte dafür am besten geeignet sein.

Auf die Banalität von Aussagen wie „Nehmen Sie ausreichend Vitamine und Mineralien zu sich, essen Sie viel Obst und Gemüse“ (mondhandy.de) oder „Liebe: Wer jetzt melancholische Gefühle verspürt, muss sich ablenken – lesen Sie ein Buch, gehen Sie ins Kino“ (astrowoche.de), die gar auf einen expliziten Mondbezug verzichten, gehe ich hier gar nicht erst ein, solche Standard-Sprüche findet man ja eh zuhauf in Horoskopen. (Wenn man sich denn mal dazu herablässt, sie zu lesen, z.B. um einen Beitrag wie diesen zu schreiben…)

So bleibt uns am Ende nur noch, den „Magischen Tipps“ von Wakanda (die übrigens, um das zu ergänzen, meinen Pingback bei sich offenbar gelöscht hat – hat sie Angst, ihre Leser könnten durch Kritik überfordert sein? ;) ) zu folgen und einen Wunschzopf zu flechten, und nicht vergessen, „bei jedem Blick auf den Wunschzopf, solltest Du deinen eigeflochtenen Wunsch möglichst bildhaft visualisieren. Sie werden dir schon bald gewährt“ – wir wissen ja, Wünschen ist sooo einfach, äh, einfach Bullshit; nur die Cimddologie hat wirklich die Lösung dafür! ;)