Teil 3 der Fundstücke aus der Esoterik-Zeitschrift „Sein“, die ich im Zug gefunden hatte (siehe Teil 1, Teil 2)…
In besagter Zeitschrift lag auch ein Faltblatt des „Netzwerk Kinesiologie Berlin-Brandenburg“ über „Kinesiologie“, die „Lehre vom Energiefluss“, auch unter der Bezeichnung „Edu-Kinestetik“ zu finden, besonders wenn es sich auf die Pädagogik bezieht.
Dieses Faltblatt, das übrigens tatsächlich so unscharf gedruckt ist wie in den folgenden Scans zu sehen, zeigt nicht nur die eklatanten wissenschaftlichen Mängel, auf die ich gleich noch zu sprechen komme, sondern auch, dass sie noch etwas mit ihrem Faltblattgestaltungsprogramm üben sollten, denn sowohl hier auf der Rückseite fehlt etwas…:
… als auch hier im Innenteil an doch recht passender Stelle:
Fragt sich, ob das ganze dadurch inhaltlich an (Un-)Sinn gewonnen oder verloren hat.
Okay, um was für einen Quark handelt es sich dabei? Zitat aus dem auf der GWUP-Themenseite Edu-Kinestetik herunterladbaren Info-Dokument (PDF), alle Hervorhebungen von mir:
Dreh- und Angelpunkt der Edu-Kinestetik sind körpernahe Behandlungstechniken (sog. Korrekturen), die beim Menschen angewandt angeblich viele positive Wirkungen erzielen können. Dabei werden vor allem positive Effekte für den (schul)pädagogischen Bereich bzw. bei Kindern versprochen, wie etwa die Beseitigung von Lernschwierigkeiten, Hyperaktivität und Ängsten, vermehrte Leistungssteigerungen oder eine „Erweiterung des Gehirnpotentials“. […]
Edu-Kinestetik beruht im Wesentlichen auf vorwissenschaftlichen, religiös motivierten mystischen Erklärungen, die der Traditionellen Chinesischen Medizin, einem archaischen Medizinsystem, entlehnt sind. Die Idee von der kosmischen Energie und von Meridianen entspricht also esoterischen Vorstellungen, die nicht durch wissenschaftliche Erkenntnis erworben, sondern aus Glaubenssystemen erwachsen sind. Edu-Kinestetik geht mit diesen Annahmen […] völlig an heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers vorbei.
therapaed (via GWUP-Seite) schreibt zum „Muskeltest“, der auch im Faltblatt betont wird:
Diagnostischer Mittelpunkt der „(Angewandten) Kinesiologie“ ist der vom US-Chiropraktiker George Goodheart von älteren Verfahren abgekupferte sogenannte „Muskeltest“. Die dieser esoterischen Gauklerübung unterstellten physiologischen Gründe sind wissenschaftlich völlig unhaltbar. […] „Edu-Kinestetik“, eine auf den Ideen der Kinesiologie beruhende Gymnastikform, macht aus den unsinnigen Annahmen und kruden Diagnosen der Kinesiologie ein Geschäftsmodell, das an sich völlig wirkungslose Bewegungsübungen zur Therapie erklärt.
Lesenswert auch die Zusammenfassung bei Wolfgang Hund (via GWUP-Seite) – Auszug:
[Kurse:] Um „Lehrender“ zu werden wird vor allem zunächst ein entsprechendes finanzielles Polster benötigt. Später kommen die anfänglichen Auslagen durch die zum Teil unverschämt hohen Kursgebühren der „Lernenden“ leicht wieder herein. […] Die raffinierte Vermarktungsstrategie wird durch die Schaffung eines Markenbewusstseins deutlich, die in der Übertragung des Wortes „Edu-Kinestetik“ etwa auf einfache Bewegungsübungen erfolgt.
Die Persönlichkeiten des Lehrenden und „Behandelten“ werden vernachlässigt. […] „Therapiert“ wird das Kind als Einzelperson ohne Berücksichtigung z.B. sämtlicher häuslicher Faktoren oder anderer Beziehungsprobleme. […] Der erhobene Anspruch auf „Ganzheit“ (ein wie „Energie“ ebenfalls missbrauchtes Modewort) wird dadurch eben nicht erreicht.
Unter Umständen erfolgt ein starker Realitätsverlust bei den Konsumenten bis hin zu pathologischen Zügen.
Eine starke Abhängigkeit des Konsumenten vom Anbieter („Gurutum“) bzw. der Technik kann entstehen.
„Die Muskeltestung ist rein subjektiv und kann manipuliert werden. Die wechselnde Muskelspannung ist abhängig von der psychischen Stimmung und der suggestiven Beziehung zwischen Helfer und Patient. […] Dagegen haben zwei Kontrollstudien, die in amerikanischen Kliniken durchgeführt wurden, und eine deutsche Studie keine der behaupteten Zusammenhänge entdecken können. Fazit der Harvard – Universität: ‚Angewandte Kinesiologie erweckt den Eindruck eines Salontricks.‘“ (Stiftung Warentest, „Die Andere Medizin“, 1996)
» Weiter zu Teil 4 – es wird wieder lustiger.