Hier geht es um einen Vorbericht zur ersten deutschen Staffel von „The Next Uri Geller“ von Anfang 2008. Sie können auch:
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Eben lief auf ProSieben die als Dokumentation getarnte Werbesendung „Das Phänomen Uri Geller“ – als „Vorbereitung“ auf die erste Folge der Casting-Show „The next Uri Geller – Unglaubliche Phänomene Live“ am Dienstag um 20:15 zur Suche nach einem „Nachfolger“ des „bekanntesten Mystifiers der Welt“, so ProSieben.
Nachfolger in welcher Hinsicht eigentlich? Sich zu blamieren, wenn die Bedingungen von den Vorbereitungen abweichen? Von angeblich echten übernatürlichen Kräften zu reden, ohne sie seriös auch nur ansatzweise zu beweisen zu versuchen? Stattdessen auf lächerlichste Art gegen Kritiker zu klagen? Stefan Niggemeier hat eine schöne Aufzählung in seinem Kommentar für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, und auch die Themenseite der GWUP lässt sich ausführlich darüber aus und enthält auch Beschreibungen der Tricks sowie einige Videos inkl. dem „Klassiker“ von James Randi.
Stefan Niggemeier schließt mit:
„Dass ProSieben das Format trotzdem gekauft hat, von „übersinnlichen, übernatürlichen, unerklärlichen” Phänomenen faselt, die zehn Kandidaten als „Auserwählte” bezeichnet und wie so viele andere diesen ekligen Hochstapler hofiert: Das ist das einzige unerklärliche Phänomen des Uri Geller.“
Nun ja – das ist eben ProSieben und die Jagd nach Quote…
A propos „Mystifier“: Auch das GWUP-Blog hat sich schon über diese Wortwahl gewundert, bedeutet „mystify“ doch irreführen, täuschen, verblüffen, verwirren, vor ein Rätsel stellen, mit einem Geheimnis umweben (Leo); quacksalbern, Kurpfuscherei betreiben, narren, mystifizieren, zum besten halten (Wikiquote zu franz. mystifier) – weitere im GWUP-Blog und via OneLook.
Nun aber wieder zu dieser netto ca. 45-minütigen „Dokumentation“: Dass sie auch nur annähernd an den umfangreichen Artikel über diese „Medien-Realsatire“ bei Telepolis heranreicht, war ohnehin nicht zu erwarten. Eher schon das Gegenteil, nämlich das, was man zu sehen bekam…
Geller selbst sagt zu Beginn etwa: „Manche glauben, es ist ein Trick. Manche glauben, es ist eine Gabe. Ich möchte immer geheimnisvoll bleiben.“ Klar. Wen wundert’s. Er ist ja selber überrascht, wie lange der Hype um ihn anhält…
Man erfährt etwas über seine Anfänge, seinen Lebenslauf – Kram aus der Kindheit wie einer „seltsamen Lichterscheinung“ oder Uhrenverstellungstricks samt Aussagen einiger Weggefährten; Familie; 1974 erstmals im deutschen Fernsehen; sowas halt. Sein „Ego-Trip“, die Sucht nach Ruhm v.a. in den 70-er Jahren, Bulimie-Erkrankung – oooch, der Arme. Bekanntschaften mit anderen Promis. Wünschelruten-Suche nach Bodenschätzen. Millionär. Arbeit für Geheimdienst und Polizei, über die er lieber nicht sprechen will. Schmuckdesigner. 16-facher Buchautor. Ein toller Typ, oder?
Sarkasmus beiseite. Dazu übrigens viele kurze Einblendungen einiger Moderatoren o.ä. (Oliver Welke, Aiman Abdallah, Sonya Kraus, Möchtegern-Models, …), die grad nichts besseres zu tun gehabt zu haben schienen, was heutzutage – leider – wohl überall sein muss. Und natürlich war praktisch nur Positives, Unskeptisches, Bewunderndes zu hören.
Zu seinem Debakel bei Johnny Carson damals? Nur kurz den unverbogenen Löffel gezeigt und es praktisch als Erklärungsgrundlage für seine weitere Publicity und die Erkenntnis „Es gibt keine schlechte PR“ genutzt. Sonstige kritische Stimmen? Äußerste Mangelware, nur kurz über zweifelhafte, nicht hinreichend verlässliche Tests, von denen einer (mit einem Schwein?) ihn so sehr abgeschreckt haben soll, dass er nichts mehr mit der Wissenschaft zu tun haben will. Wie praktisch…
Vergleich mit Zaubertricks? Keine. Nur wenige Male fallen die Worte „Mentalist“ (wer aus der Zielgruppe kann damit was anfangen?) oder „Magier“, aber eher zusammenhanglos bzw. in Bezug auf die Casting-Show. Wissenschaftliche Erklärungen wie z.B. bei der GWUP zu finden? Null. Im Gegenteil, angeblich streiten die Wissenschaftler seit 40 Jahren darüber, ob das alles Tricks sind oder nicht.
Hätte ich etwas anderes erwartet? Natürlich nicht.
„Staunen statt begreifen“, sagt der ProSieben-Trailer. Ist wohl Voraussetzung für die Show – am besten nicht mal versuchen zu begreifen, scheint mir. Soll ich mir das wirklich morgen heute Abend antun?
Nachtrag: Einschaltquoten dieser „Doku“: 0,79 Mio. (6,0% Marktanteil) aller Zuschauer ab 3 Jahren (Platz 10 in ProSiebens Tages-Hitliste) bzw. 0,59 Mio. (9,5%) von 14-49 Jahren. (Quelle: ProSieben-Videotext)