Schlagwort-Archiv:

Atheismus oder Anti-Wissenschaft

Aus-Bildung

Die Bildung muss wirklich ziemlich im Aus stehen bei so einer Anzeige auf den Sonderseiten zum Thema Ausbildung letzte Woche in den hiesigen Anzeigenblättern:

Anzeige: Ausbildung zum Quantenheiler

Eine Bildung in Sachen Quantenphysik kann dieser „Heiler“ sicher nicht aufweisen – offenbar noch nicht mal in den Grundbegriffen, denn er nennt seinen Quark zwar „Quantenheilung“, verliert aber auf seiner Webseite1 ungewöhnlicher­weise kein weiteres Wort über die Quantenphysik. Dort wird es quasi als Ersatz für (bzw. im Standard-Disclaimer neben) „geistigem Heilen“ verwendet; und die Praxis nennt er wiederum „für energetisches Heilen“.

Auch wird es als „traditionelle Quantenheilung“ bezeichnet, wo „traditionell“ doch sonst eher auf wesentlich Älteres als die Quantenphysik bezogen wird. Wo den üblichen „Geistheilern“ schon schnurz ist, ob ihr Tun eine nachweisbare Mehr-als-Placebo-Wirkung auf ihre Patienten hat – sie glauben ja meist selber dran, wer braucht da schon objektive Belege? –, will dieser anscheinend nur ein populäres Schlagwort bedienen, ohne sich auch nur so wenig mit den physikalischen Grundlagen zu beschäftigen, dass er wenigstens mit weiteren sinnentstellten Fachbegriffen herum­schwurbeln könnte. Muss doch schlecht fürs energetische Karma sein, sich solch eine Chance entgehen zu lassen…

Dazu passt auch dieser kuriose Satz auf der Seite:

Die häufigste Frage, die ich in diesem Zusammenhang höre: „Muss ich daran glauben, damit’s hilft?“ kann ich verneinen, denn eines gilt immer und überall – das Gesetz der göttlichen, heilenden Liebe, für die ich während einer Sitzung als Mittler fungiere ist stets für jeden Menschen im Überfluss vorhanden.

Kein alles-mit-allem-schwingend-verbunden-sagt-schon-die-moderne-Physik–Unsinn, sondern schlicht und einfach die „göttliche Liebe“, nur erweitert mit einem angeblichen „Gesetz“, einem Begriff, der in solch absurder Verwendung ja spätestens seit The Secret populär ist – der Ironie, dass er hier „kein Glaube nötig“ und „göttlich“ in einem Satz unterbringt, dürfte er sich auch nicht bewusst sein. Vielleicht sollte er sich da von seinen „geistigen Beratern, Engeln, etc.“ noch etwas besser beraten lassen…

Zu diesem Bezug aufs „Göttliche“ passt natürlich auch, dass er Pfarrer mit anspricht. Gleich und Gleich – religiöser Glaube und esoterische Glaubensmedizin, beide mit gewissen Problemen mit dem Realitätsbezug – mögen sich zwar gut gesellen, doch ob viele Pfarrer auf sowas anspringen? Und Ärzte? Ich würde ja sagen, Ärzte, die sich auf so ein nicht-evidenzbasiertes Niveau herablassen, verdienen diese Berufs­bezeichnung gar nicht, aber das wird den einen oder anderen sicher nicht abhalten. Am meisten Erfolg mit den Seminaren wird er da sicher unter seinesgleichen haben.

  1. torsten-gerbes.de/geistheiler_muenchen/geistheiler_muenchen.html archiviert bei WebCite am 9.2.11 []

Erweitern Sie Ihren Horizont!

goldfishes „Erweitern Sie Ihren Horizont!“ – so titelt das aktuelle Programmheft der VHS Pfaffenhofen, dazu eine Variation des nebenstehenden Goldfisch-Fotos1. Nun hat eine VHS ja wirklich etliche Angebote, die den persönlichen Horizon ganz gut erweitern können – von EDV-Kursen über Reiseberichte, Kunstlehrgänge und Exkursionen bis zu Fremdsprachen.

Doch eben, wenig überraschend, gibt’s auch ein paar realitätsferner Angebote, nicht nur zweimal immer noch unter Ökologie einsortiertes Feng Shui oder ein Wasserader-Elektrosmog-„Rutengänger in der modernen Zeit“ passenderweise in derselben Kategorie, sondern (wie auch schon in früheren Jahren) die Kategorie „Medizinische Themen – Naturheilkunde“, bei der die wegen ihres Einschließens der esoterischen „Alternativmedizin“ zweifelhafte „Naturheilkunde“ in den Seitenüberschriften dann wieder fehlt.

Und so tummeln sich unter dem scheinbar ernsthaften Titel sieben Kurse von fünf esoterischen Heilpraktiker(inne)n, die den einen Kinder-Erste-Hilfe-Kurs eines BRK-Rettungsassistenten und die vier Kurse in der nachfolgenden Kategorie „Gesundheitsforum“ fast schon an die Wand drängen; und ein paar Zimmer, pardon, Kategorien weiter feiern noch die Schamanen fröhliche Urständ.

(Apropos Heilpraktiker: Gibt’s überhaupt eine nennenswerte Anzahl davon, die nicht dem esoterisch–glaubensmedizinischen Bereich angehören?)

Auch wenn ein Kurs wie „Rund ums Herz“ in seiner Beschreibung gar nicht so auffällig esoterisch klingt – wenn ein Blick auf die sonstigen Angebote der Kursleiterin eine volle Palette aus dem evidenzlosen Bereich bietet, suche ich mir meine medizinischen Ratschläge lieber woanders.

Schade jedenfalls, dass gerade die fälschlicherweise so gern „sei doch mal offen“ Sagenden nicht nur berufsbedingt beim Versuch, ihren Horizont zu erweitern, so weit vom Boden der Realität abgehoben haben, dass sie gar keinen Horizont mehr sehen – und das, wo die wissenschaftlichen Lande vor dem immer weiter zurückgedrängten Horizont so vielfältig und faszinierend sein können…

  1. der springende Fisch ist direkt über den Spritzern, das rechte Glas fehlt, der Hintergrund ist himmelblau – aber die Spritzer und die Fische links sind identisch; vielleicht gibt’s auch direkt so eine Variante, die ich aber auf die Schnelle nicht gefunden habe — Quelle: khz – Fotolia.com []

Typisch!

Kirchturmspitze vor dunklen Wolken (Montage) Gut, von einem Seelsorgereferenten einer Erzdiözese kann man nicht unbedingt Ausgewogenheit erwarten – aber ob die Einseitigkeit folgender Ratschläge dort wirklich niemandem ein bisschen komisch vorkommen könnte?

In den wöchentlichen Anzeigenblättern gibt’s diesmal jedenfalls je eine Sonderseite zu Erstkommunion, Firmung & Co. (» hier, S.7 – Achtung, große Bilddateien auf einer Seite!) u.a. mit einer Zehn-Punkte-Liste zum Thema „Das sollten Sie bei der Erstkommunion Ihres Kindes beherzigen“, darunter diese Punkte:

4. Seien Sie dafür offen, dass Ihr Kind zur Erstkommunion geht. Übertragen Sie eine eventuell vorhandene negative Einstellung gegenüber der Kirche nicht auf das Kind.
5. Führen Sie Ihr Kind zum Glauben hin. Nehmen Sie das Kind zum Sonntagsgottesdienst mit.

Oder anders ausgedrückt: Wenn Sie selber gläubig sind, dann beeinflussen Sie Ihr Kind, machen Sie es unbedingt auch gläubig; wenn nicht oder wenn Sie zweifeln (an Kirche oder Glauben), dann beeinflussen Sie Ihr Kind bloß nicht!

:thumbsdown: Eben die typische, erwartete scheinheilige Einseitigkeit.

Sinnvoller wäre es doch nun wirklich, denke ich (auch wenn ich selber keine Kinder habe), den Kindern auf jeweils altersgerechte Weise zu helfen, sich selbst entscheiden zu können! Kein Zum-Glauben-Hinführen, sondern höchstens zeigen, dass es diesen Glauben gibt – aber auch, dass es nur ein Glaube ist, den trotz seiner weitreichenden Präsenz beileibe nicht alle teilen. Keinen Gruppenzwang aufbauen (lassen) à la „die andern machen’s doch auch.“ Keine Gehirnwäsche und kein Verbot, sondern zum eigenen, vernünftigen Nachdenken anregen – nicht was man denken müsse, sondern wie man vorgehen sollte, um Irrtümer zu minimieren und nicht auf Täuschungen reinzufallen, egal in welchem Bereich.

Aber das kritische Nachdenken ist im Endeffekt eh etwas, das den Kirchenfürsten nicht allzu recht sein dürfte…

Glasklar

In einem der hiesigen Anzeigenblätter mit einem kleinen redaktionellen Teil bekam eine Heilpraktikerin zu ihrem 10-jährigen Berufsjubiläum 12 cm x 18 cm Platz mit Artikel und Foto von sich – so weit nichts Unge­wöhnliches, auch ihre Angebote bieten das Übliche der Möchtegernmedizin. Aber nachdem erst von Stress und wenig Zeit und des (sicher nicht zu bestreitenden) positiven Effekts eines ausführlichen Gesprächs die Rede ist, kommt dann eine unfreiwillig ironische Formulierung, die mir doch diesen Blogbeitrag wert war (Hervorhebung von mir):

Das Leistungsrepertoire umfasst selbstverständlich auch glasklare medizinische Erkenntnisse. So gehört die Blutbildanalyse mit der Dunkelfeldmikroskopie neben Akupunktur, Homöopathie und anderen naturheilkundlichen Verfahren zu den Diagnose- und Therapieschwerpunkten.

:loll: Unnötig zu sagen, dass wirklich glasklare medizinische Erkenntnisse sowohl bei den angegebenen als auch weiteren auf ihrer Homepage zu findenden Verfahren (Bachblüten, Fußreflexzonen, …) zeigen würden, wie wenig davon zu halten ist, oder?1

Oder der Autor des Textes meinte Trübglas (Milchglas) oder anderweitig undurchsichtiges, verschmutztes oder verzerrendes Glas. Kann natürlich auch sein.


Foto: David Hoffman, CC-by-nc-sa-Lizenz (Flickr)

  1. Wer doch mehr erfahren will, möge wie üblich einfach bei der GWUP, bei EsoWatch oder in den kritischen Abschnitten in der Wikipedia nachlesen. []

Links und Video der Woche (2010/42)