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Esoterik

Kräuter für den Aberglauben

Königskerze Nichts gegen Heilkräuter, sie können ja durchaus helfen. (Wenn auch bestimmt nicht gegen alles, was im Lauf der Jahrhunderte so behauptet wurde.) Und nichts gegen etwas Vorratshaltung, wenn man sich mit den Kräutern auskennt und sie regelmäßig benutzt, auch wenn es heutzutage kaum lebensnotwendig sein dürfte, dass jeder bei dieser Vorratshaltung mitmacht. Und natürlich auch nichts gegen Gewürzkräuter.

Aber muss man für einen Aberglauben wie eine Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt massenweise Pflanzen wie die Königskerze und unzählige andere mehr in die Kirchen tragen, um sie dann daheim irgendwo hinzuhängen oder -legen und sich davon alles Mögliche zu versprechen?

Nun ja, ist ja irgendwie konsequent, schließlich hat man etwas früher im Kirchenjahr, an Fronleichnam(?), auch etliche Zweige, Äste und kleine Bäume abgeschnitten, um sie in den Straßen als Dekoration aufzustellen. Und die Leute versprechen sich von so vielem, das auch ihnen selbst reichlich seltsam anmutete, dächten sie einmal genauer darüber nach, so einiges. Aber zurück zum aktuellen Feiertag:

„Traditionsgemäß soll [der Kräuterbuschen] sich aus lebensnotwendigen und heilkräftigen Pflanzen wie Brotgetreide, Heil- und Gewürzpflanzen zusammensetzen“, erläutert Josef Stadler, Kreisfachberater für Landschaftspflege und Gartenbau am Landratsamt Pfaffenhofen. Den Mittelpunkt bildet in der Regel die Königskerze, auch Wetterkerze oder Muttergotteskerze genannt.

Und wozu das ganze? (Hervorhebung von mir.)

„Nach altem Volksglauben steht der geweihte Kräuterbuschen in hohem Ansehen. Man misst ihm außerordentlich Heil- und Wirkkräfte bei.

Und das nur, weil ein besonders gekleideter Mann ein paar eigenwillige Handbewegungen macht und vielleicht etwas Wasser versprüht? Und die Zahl der Kräuter soll eine Rolle spielen, obwohl man sich nicht einigen kann, wieviele es denn sein sollen – 7, 9, 12, 14, 24, 72 oder gar 99? (Wikipedia) Und man muss dreimal auf einem Bein im Kreis hüpfen und danach im Schneidersitz laut Ommm… rufen? Ach nein, das im letzten Satz ist kein Bestandteil dieser Esoterik.

Früher warf man bei heranziehenden Gewittern oder drohenden Unwetter einige der geweihten Kräuter in das Herdfeuer, um es abzuwenden.

Ach, man hat tatsächlich gemerkt, dass das nichts hilft? Erstaunlich. Oder hat man damit nur aufgehört, weil Herdfeuer so selten geworden sind?

Videos der Woche (2008/32)

Eine videoreiche Woche – denn hier gibt’s gleich vier davon. (Wenn euch das zu viel ist und ihr in Zukunft lieber Links hättet, sagt Bescheid…)

Blitze in Super-Zeitlupe (via Wissen belastet):

Hier gibt’s noch mehr davon.

Damals in Sydney beim olympischen Schwimmwettbewerb: Ein einsamer Schwimmer… (via mlogger)

Die esoterische Lösung für Computer-Probleme! ;) (via Bad Astronomy)

Rhabarberbarberabarbarbier… oder so. :rotfl: (via Resistance Is Futile)

Gelenkt von Elementarkräften?

Heißluftballon Ist so natürlich Unsinn – nur weil man in den Antworten auf 15 Persönlichkeitstest-Fragen mehr in die eine oder andere Richtung tendiert, hat das nichts damit zu tun, dass man von Feuer, Wasser, Erde oder Luft „gelenkt“ würde; die Test-Erstellerin hat einfach verschiedene Charakter-Eigenschaften in vier Gruppen gepackt und diese plakativ mit diesen antiken Elementen assoziiert.

Aber natürlich sind solche kleinen Tests wie eben „Welche Elementarkräfte lenken Sie?“ (gefunden u.a. bei Nadine, Wu, Trixie) eigentlich eh nur kleine Spielereien, ein Zeitvertreib, den man nicht allzu ernst nehmen sollte – und ein mitunter willkommener Sommerloch-Blog-Füller.

Also mischen wir mal meine Ergebnisse

Feuer : 20 %
Wasser : 13 %
Luft : 47 %
Erde : 20 %

zusammen, und wir erhalten einen Heißluftballon, der Erde als Ballast abwirft, die dann ins Wasser fällt. Oder so ähnlich. Immerhin kann man sagen, dass ein Heißluftballon von der Luft (dem Wind) gelenkt wird (wenn auch nicht der Charakter der Ballonfahrer)…

(Wer die Beschreibungen zu den Test-Ergebnissen lesen will, ohne den Test selber zu machen: hier.)


Und wem das nicht reicht, der kann sich ja in diesem Beitrag sein persönliches Horoskop erstellen lassen. ;)

„Gesund durch Kunst“

zwei Hände Der dritte Teil der Artikelserie über (das) „Wunder Heilung“ der Fernsehzeitschrift HÖRZU, auch online komplett verfügbar, inklusive Kommentar-Möglichkeit. Meine früheren Beiträge: » Teil 1, Teil 2.

Ein künstlerischer Gemischtwarenladen erwartet uns diesmal:

Sie töpfern, bildhauern, malen, tanzen und rezitieren auch mal Verse: Immer mehr Patienten schwören auf die Heilkraft kreativer Betätigung. Und auch die Schulmedizin hat die Chancen solcher Methoden erkannt.

In der ersten Hälfte des Artikels kommt erst Mal die „gewöhnliche“ Kunsttherapie dran, die durch ihre insbesondere psychologische und psychosomatische Wirkungen durchaus in vielen Bereichen zur Bewältigung schwieriger Krankheiten und schwieriger Lebenssituationen ihre Daseinsberechtigung auch in der Schulmedizin hat. Dagegen gibt’s nicht großartig was einzuwenden.

In der zweiten Hälfte hingegen wird von einer seltsamen Variante von Chronobiologie, bei der gestörte „Körperrhythmen“ für viele Krankheiten verantwortlich gemacht werden – die dann „natürlich mit Rhythmus“ behandelt werden – weitergeleitet:

Zum Beispiel mit Eurythmie, einer Art Therapietanz, der auf den Gründer der Anthroposophie Rudolf Steiner zurückgeht. Oder die Patienten bekommen Präparate der Heilpflanze Mistel gespritzt, weil diese die Körpertemperatur im Tagesverlauf wieder in Bewegung versetzt.

Tänzerin Die Eurythmie (auch: Eurhythmie) wird auch in einem Kasten prominent erwähnt. Nichts gegen Tanzen, das sicher auch Spaß machen und so positive psychologische Wirkung haben kann – aber wenn das Grundprinzip auf diesem unsäglichen quasi-religiösen, okkulten Rundumschlag gegen den Verstand, den Rudolf Steiner mit seiner Anthroposophie da aufgebaut hat – die ihrem eigenen Anspruch an Wissenschaftlichkeit nun wirklich nicht gerecht werden kann, von Steiners geheimwissenschaftlich-mystischem Gerede über Prophezeiungen, Atlantis, „Christus im Ätherischen“, „Zugang zu unumstößlichen Wahrheiten“ & Co. ganz zu schweigen –, dürfen die Details von Vorgehensweise und Wirkung auf jeden Fall angezweifelt werden, da helfen auch etwaige partielle Erfolge in der Pädagogik oder anderswo nichts. (Natürlich könnte auf einer schlechten Grundlage auch mal etwas Gutes entstehen – nur wie wahrscheinlich ist das hier? Und wie nebenwirkungsfrei in mentaler und intellektueller Hinsicht?)

Dass viele anthroposophische Heilmittel anscheinend mit den homöopathischen vergleichbar sind (die bekanntermaßen nur Placebo-Wirkung haben) und die angesprochene Mistel mitnichten das von den Anthroposophen erträumte Wundermittel ist – es sollte ursprünlich gar gegen Krebs helfen –, ist da eigentlich nur eine Nebensache…


Es sei noch schnell aus einem der seltenen kritischen Kommentare (#94 bei Teil 1, von Hans-Peter H.) zitiert:

Am unerträglichsten empfinde ich jedoch die Darstellung dieses naiven Geisterglaubens, der davon ausgeht, dass unser Glück und Leid durch außerweltliche und unkörperliche gute und böse Dämonen verursacht wird. Demzufolge benötigt man offenbar nur ein geeignetes Medium, z.B. eine Trance-erfahrene kleine unscheinbare Frau, um diese bösen Mächte durch magische Zeichen auf zerknüllten Zetteln günstig zu beeinflussen. Eine Woge von Energie rast durchs Gehirn und die bösen Dämonen verlassen daraufhin den Körper und der Krebs ist besiegt. Wie beim katholischen Exorzismus.

Warum kein kritisches Wort über diesen Unsinn? Diese Vorstellungen stammen aus der Altsteinzeit, in der keinerlei Kenntnis über Naturereignisse und Krankheitserreger bekannt waren.

Auf jeden Fall darf das subjektive Wundergefühl im emotionalen Ausnahmezustand eines Betroffenen nicht als objektive Tatsache dargestellt und somit quasi zur Nachahmung empfohlen werden!

Da hilft es den Glaubensmedizingläubigen auch nicht, dass Irene H. (#98) am Tag darauf Bibelstellen nennt, die zeigen sollen, „dass Jesus auch heilen kann, wenn die ärztliche Medizin versagt. Alle anderen Heilungsversuche sind nicht im Sinne der Bibel.“ Denn an sich ändert sich die mangelnde Realitätsnähe nicht, wenn man ein zugrundegelegtes Glaubenssystem gegen ein anderes austauscht…


Linktips:


Klecks-„Kunst“ von mir mit dem Pollock-Generator; Foto Tänzerin © domiphoto – Fotolia.com (denen ich hiermit keinen Zusammenhang mit Eurythmie unterstellen will)

„Das Geheimnis der Zauberhände“

zwei Hände Der zweite Teil der Artikelserie über (das) „Wunder Heilung“ der Fernsehzeitschrift HÖRZU, auch online komplett verfügbar, inklusive Kommentar-Möglichkeit.1 Mein Beitrag zum 1. Teil findet sich » hier.

In diesem Teil darf der ehemals krebskranke Autor, Georg Francken, nun von seinen eigenen Erlebnissen in Brasilien berichten – was natürlich auch bedeutet, dass es noch subjektiver und noch unkritischer wird, und auf die Erwähnung des Placeboeffekts, die schon im ersten Teil gefehlt hat, darf man erst recht nicht hoffen. Ist ja wahnsinnig ausgewogen, diese Serie… und auch wenn man die Hoffnung nicht aufgeben soll, irgendwie glaub ich nicht so recht, dass das in den nächsten Wochen besser wird.

Therapie mit Magie: In Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern befragen Heilerinnen gern die Karten, um in die Zukunft zu sehen.
(Bildunterschrift, nur im Heft)

Klar, warum etwas auslassen, lieber gleich mehrere esoterische Angebote vereinen. Wie meinte der Taxifahrer in Franckens Geschichte:

Christopher schüttelte den Kopf: „Ihr seid doch verrückt, ihr Europäer“, sagte er immer wieder. „Kommt von weit her, um ein bisschen Zauberei zu erleben. Und glaubt noch daran!“ Dass auch viele seiner Landsleute auf diesen „Zauber“ vertrauen, verschwieg er. Rituelle Handlungen, Wahrsagen, Geisterbeschwörung und Handauflegen stehen bei den Brasilianern hoch im Kurs.

Beim Satz über die Landsleute kann ich Herrn Francken sogar mal zustimmen… Was geschah also in Brasilien?

Die kleine, unscheinbare Frau hatte nur kurz gefragt, wie es mir ginge. Dann hatte sie ein paar Karten gelegt, sie gedeutet – und war unvermittelt in Trance gefallen. […]
Sie kam auf [m]ich zu, berührte meinen Kopf. Eine Woge von Energie strömte durch mein Gehirn, raste dann die Wirbelsäule hinab. Mir wurde heiß. Du wirst Fieber bekommen, sagte sie noch, dann wachte sie abrupt aus der Trance auf. […]
Am nächsten Tag schüttelte mich übrigens heftiges Fieber. Fast eine Woche lang hielt es an. […] Ich glaube, es war der Moment, in dem ein Körper begann, sich selbst zu heilen.

Schön für ihn. Wirklich. Aber was beweist diese Anekdote, was lernen wir wirklich daraus?

  • Dass die Brasilianerin Heilenergien ausströmen und in die Zukunft sehen kann? Nein.
  • Dass sie eine gute Show2 abziehen kann, die Leute, die sie glauben wollen, beeindruckt? Ja.
  • Ob sie es selber glaubt? Gut möglich.
  • Dass der menschliche Körper sich besser heilen kann, wenn man an eine Heilung glaubt? Sieht so aus.
  • Dass die Hörzu unkritisches Esoterik-Geschwurbel als Versuch, „Antworten zu geben“3 und „Alles über Wunderheilung“4 zu berichten, verkaufen will? Scheint mir so…

Noch zu ein paar Kommentaren:

Anja S.N. (#48) zur Fernheilung per Telefon:

Nun frage ich mich warum per Telefon… Jede Form von Elektrizität oder Elektromagnetischer Strahlung können störend auf das aussenden von Heilenergien wirken

Strommast Wie ich dort auch schon geantwortet habe (#51):

Wenn „Heilenergien“ durch Elektrizität und elektromagnetische Strahlung gestört werden, was ist dann mit den Unmengen an Stromkabeln, Rundfunk-, Handy-, Satelliten- usw. -wellen zwischen Heiler und „Empfänger“? :)

Warum nicht das Telefon verwenden, so kann man dem „Empfänger“ viel leichter einreden, was er glauben soll…

Und Walter E. (#58) verwechselt die Heiler, die mystische Heilung versprechen, mit der Telefonseelsorge:

Wenn ein verzweifelter Mensch die Telefon-Seelsorge in Anspruch nimmt und Hilfe findet ist dass ein toller Erfolg. Und dass wird jeden Tag vielfach erlebt trotz Elektrosmog. So kompliziert wie oft dargestellt ist Heilung nicht.

Mit dem letzten Satz (Hervorhebung von mir) hat er unbeabsichtigt sogar recht, wie ich finde: Denn jede solche Heilung geht nur durch den Glauben des Patienten daran – ein Heiler sendet genausowenig Energie aus wie ein Telefonseelsorger, er behauptet nur etwas anderes. (Zumindest wenn sich der Telefonseelsorger nicht auf „göttliche Hilfe“ versteift.)

Und die christliche Fraktion kam in Form von Renate P. (#67) auch schon vorbei, die davor warnt, auch der Teufel würde Wunder bewirken, und die Leser in einem Absatz gar anbrüllt5:

JEDER; DER ZU EINEM HEILER GEHT; DER NICHT AUSDRÜCKLICH IM NAMEN JESU CHRISTI DIE KRAFT GOTTES ZUR HEILUNG ANRUFT; BEGIBT SICH AUF “OKKULTE WEGE2 UND ZAPFT DIE KRAFTQUELLE SATANS AN; UND WIRD DIE DARAUS ENTSTEHENDEN NEGATIVEN KONSEQUENZEN (DES GÖTZENDIENSTES) ENTWEDER SELBER ODER IN DER FAMILIE TRAGEN MÜSSEN! DER WIDERSACHER GOTTES VERSUCHT UNS MENSCHEN IN DIE KNECHTSCHAFT; BINDUNGEN UND SÜNDE ZU FÜHREN; DAMIT ER UNS BEHERRSCGHEN KANN!

Und wie wollen diese Heilandsheilergläubigen erkennen, ob sie nicht von einem „teuflischen Heiler“ geschickt getäuscht werden, indem er einfach behauptet, „göttliche Heilkraft“ weiterzugeben?
:shake:

Naja, jeder Wunder- und/oder Gott- und/oder Esoterikgläubige schafft sich so seine eigene Welt, mit Logik kann man da wohl wenig ausrichten…

Genug für heute.6

 


Linktips:


Foto Hände: shlomaster/sxc; Strommast: leefis/sxc

  1. Auch wenn kürzlich zwei weitere kritische Kommentare kamen (#74 und #75), wäre etwas Unterstützung dort vielleicht nicht schlecht… []
  2. mehr im Artikel, ich hab nicht alles zitiert []
  3. Editorial Teil 1 []
  4. Hefttitel bei Teil 1 []
  5. die Großschreibung, in Mails und Foren meist mit Schreien gleichgesetzt, kann natürlich auch ein Versehen gewesen sein []
  6. Und auch genug mit den Fußnoten, das waren schon wieder recht viele… ;) []