Kleinanzeigen waren ja schon manchmal eine Quelle für Esoterisch-Wundersames – so auch aktuell eine knappe zweizeilige im Bayrischen Taferl (38/2008), die nur die Web-Adresse www.urchristliches-heilen.de und „in 18 Sprachen“ enthielt.
Untertitel der Website: „Glaubensheilung – Die Ganzheitsheilung“, „Weltweites GEBETS- und GLAUBENSHEILZENTRUM des JESUS, des CHRISTUS“.
Ich will gar nicht so sehr auf die Einzelheiten des Angebots dieser Website – inklusive „Notdienst der Glaubens-Fernheilung“! – eingehen, denn es sind eigentlich nur die üblichen verschwurbelten Wunschvorstellungen von Leuten, die an Geist- und Fernheilungen, Gebete u.s.w. glauben, wenn auch viel esoterischer, als ich es von Christen erwarten würde, und in diesem Fall seien es natürlich die Heilkräfte des „Christus-Gottes-Geist“, „des JESUS, des CHRISTUS“, die von den Anbietern nur weitergeleitet würden, anstatt von ihnen selbst zu stammen. Das übrigens an sich kostenlos, man bittet nur um Spenden.
Das Wesentliche ist hingegen, dass es sich nicht einfach um einen gewöhnlichen kommerziellen Anbieter esoterischer Dienstleistungen handelt, sondern – wie auch im Impressum zu lesen – um ein Angebot des „Universelles Leben e.V.“, die Religionsgemeinschaft der selbsternannten Prophetin Gabriele Wittek. (Zu denen übrigens auch der Verlag DAS WORT gehört, der bereits auf ähnlich knappe Art inseriert hatte.) Und die sind keine Unbekannten:
Zitat aus dem Info-Faltblatt der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (PDF-Direktlink):
Beurteilung
Das Universelle Leben ist eine in ihrer Konfliktträchtigkeit meist unterschätzte Gruppierung. Frau Wittek selbst versteht sich als das „absolute Gesetz“ nicht nur für ihre Anhänger, sondern für die ganze Welt. […] Aussteiger sprachen von einem „Klima der Angst und des Terrors“ in der „Bundgemeinde“. […]
Die christlichen Versatzstücke im Glaubenssystem des UL sind durchweg in ihrem ursprünglichen Charakter entstellt und reine Fassade. […] Die große Mehrheit der Anhänger verlässt das UL jedoch früher oder später wieder, oft allerdings erst nach Jahren der Zugehörigkeit. So mancher, der erwartungsgemäß auch in finanzieller Hinsicht das „Gemeinwohl“ des UL vor sein Eigenwohl gestellt hat, stand schließlich vor seinem wirtschaftlichen Ruin. Im Einzelfall muss auch mit der Gefahr schwerer psychischer Schäden gerechnet werden.
Mehr auch in der Wikipedia.
Also kann’s nicht schaden, sich zweimal zu überlegen, ob man sich an dieses „Urchristliche Heilen“ oder dessen übergeordneten Verein wenden will…
Auf ein Detail möchte ich doch noch eingehen: Auf der Unterseite „Weltweites Heilgebet für die Tiere und die Natur“ schreiben sie u.a.:
Deshalb:
- Helft mit, den Mord an Menschen zu beenden!
- Helft mit, den Krieg gegen Menschen zu beenden!
Dagegen gäbe es an sich nichts einzuwenden. Aber mit Gebeten? Träumt weiter.
- Helft mit, den Krieg in Wald und Flur, in den Schlachthäusern und Laboratorien zu beenden!
Krieg in Schlachthäusern? Rinderhüfte gegen Schweinehälfte, oder was?
- Esst nicht das Fleisch Eurer Mitgeschöpfe!
Da ihr euch doch so sehr auf Jesus beruft: Wo in der Bibel steht bitte, dass seine Gläubigen Vegetarier sein sollen? Im Gegenteil, die „Speisung der 5000“ enthielt neben Brot auch Fisch (Mt 14:14-21), und bei der „Vorbereitung des Passahmahles“ (Mt 26:17-19) befiehlt er seinen Jüngern die Bereitung des Osterlamms. Oder kommt diese Ansicht von eurer „Prophetin“?
Theoretisch müssten sie dann, gerade bei dieser Formulierung, eigentlich auch etwas dagegen haben, dass Tiere ihre Mitgeschöpfe, also andere Tiere, fressen…
Foto: joejoe77/sxc
buchstaeblich1 22.09.2008 um 14:12 75 Kommentare
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Wird wieder einmal fremdgebetet? Wie schön.
„Krieg in Laboratorien“? Werfen die da mit Reagenzgläsern oder greifen sie gleich mit dem Bunsenbrenner an?
Keine Tiere totmachen und Christentum geht ja überhaupt nicht:
Es war immerhin der biblische Herr namens Gott, der Abels Opferlamm ansprechender fand als die Getreidegarben seines Bruders Kain.
In der Bibel wird andauernd geschlachtet und gemampft. Selbst die Hostie in der Kirche ist „nehmet hin, dies ist mein FLEISCH“ und der Messwein „dies ist mein BLUT“. Und da geht es sogar um den Verzehr von jemand, der unter den Begriff „Leute“ zu zählen ist. Dat Jesulein wird zwar gern Lamm Gottes tituliert, war aber doch wohl kein Schaf, so die Figur überhaupt je existiert haben sollte. Ich weiß es ja nicht, aber ich sage immer: „Das ist ja schließlich nur ein Buch!“, und nach der Lektüre des Silmarillions habe ich auch nicht angefangen, Bäume für heilig zu halten.
Grund genug für mich, nicht in Kirchen zu gehen, wenn da Veranstaltungen laufen – ich ekle mich leicht, und hey, nach solchen Sprüchen schmeckt einem doch der sonntägliche Schweinebraten nicht mehr!
cimddwc2 22.09.2008 um 15:30 6323 Kommentare
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Als „Urchristen“ können sie sich ja nach Belieben von den ganzen Kirchen und ihren Riten distanzieren, und im Zweifelsfall kann die „Prophetin“ im eigenen Hause ja schnell mal die überlieferten Geschichtchen „korrigieren“… praktisch, oder?
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