Die Wohnungen werden auch immer kleiner… wie man in 13,6 m² aber 4 Zimmer reinquetschen will?
Na immerhin ist der Balkon fast genauso groß!
Werbezettel Okt. 2008
Dieses Eindrucks kann ich mich jedenfalls nicht erwehren, wenn ich das esoterische Gelaber in der fast halbseitigen Anzeige im Donaukurier von diesem Samstag lese: „LABERTALER Vollmondwasser ist Lebensenergie“ steht dort in großer dunkelblauer Fettschrift.
Ich war übrigens mal so frei, mit dem derzeit in ein paar Blogs erwähnten „Soft Drink Can Generator“ eine Dose für dieses Getränk zu entwerfen.
Der Mond regt offenbar die Fantasie an – insbesondere die von esoterischen Toren und gewieften Geschäftsleuten. Über die „Vollmondin“ und ihre abstrusen und widersprüchlichen Bedeutungen in verschiedenen Mondkalendern hatte ich ja im Juni auch schon etwas geschrieben.
LABERTALER Heil- und Mineralquellen fangen im „Vollmondwasser“ die mystische Kraft des Mondes ein.
Sie fangen wohl eher die mystischen Mond-Verrückten – als Kunden. Diese Aktion hatten sie vor zwei Jahren übrigens schon einmal in einer etwas knapperen Formulierung, aber ähnlicher Aufmachung – siehe diesen Scan in ihrem (2008 noch nicht aktualisierten) Pressearchiv.
In diesem Artikel in der Mittelbayerischen Zeitung zum Start der Vollmondwasser-Abfüllung Anfang 2006 heißt es noch (Hervorhebungen von mir):
Beobachtet wurde das Procedere nicht nur von einem Notar, sondern auch von rund 200 geladenen Besuchern, die die erste Vollmond-Abfüllung probieren wollten. „Ganz normal“ urteilten die meisten. Was laut Geschäftsführerin Lilo Sillner logisch ist: „Vollmondwasser unterscheidet sich nicht durch Geruch oder Geschmack, sondern durch ein Plus an Bio-Energie – es ist lebendiger. Das ist aber Glaubenssache.“
Glaubenssache – richtig. Die Zielgruppe will solchen Eso-Kram eben glauben und dafür auch mehr Geld ausgeben (auch wenn’s nur 50 Cent pro Kasten (20 Flaschen à 0,5 l) sein sollen, so zumindest dieser Artikel 2006) – und sich mal wieder selbst täuschen. Und, wen wundert’s, es gibt eben Verkäufer, die solche Wünsche wecken und bedienen.
Die Anzeige, die sich irgendwie nicht entscheiden kann, ob sie einen Artikel imitieren soll oder nicht – so enthält sie (wie auch die von 2006) einen einleitenden quasi redaktionell klingenden Absatz samt Ort und Namenskürzel, endend mit „Wir sprachen darüber mit LABERTALER-Geschäftsführerin…“, gefolgt vom „Interview“, aber auch große Abbildungen und Ähnliches, die keinen Zweifel am Anzeigencharakter lassen –, tönt da aber anders, weniger defensiv, natürlich nicht nur in der Überschrift, sondern auch im weiteren Text (Hervorhebungen von mir):
SCHIERLING (nw). Längst haben auch die hochzivilisierten Länder der Erde erkannt, dass ein wirklich gutes Leben nur im Einklang mit der Natur möglich ist. Viele Faktoren sind wichtig und sogar entscheidend. Einer dieser Faktoren ist der Mond mit der hohen Bedeutung seiner geheimnisvollen Urkräfte und mit den positiven Konsequenzen für das Wohlbefinden. Immer mehr Menschen passen Lebensrhythmus und Lebensweise dieser Rückbesinnung auf die Natur an.
Ja, die irrationalen Träumer und Mondkraftgläubigen werden kaum weniger, die „Rückbesinnung“ auf den Vor-Aufklärungs-Aberglauben scheint zuzunehmen – ein bedauerlicher Atavismus.
Die LABERTALER Heil- und Mineralquellen Getränke Hausler GmbH füllt seit über zwei Jahren bei Vollmond ein Mineralwasser ab, bei dem die bioenergetischen Schwingungen ihre stärkste Ausprägung erfahren.
Schwingungen, ja klar. Eines der Lieblingswörter von Eso-Anhängern. Bioenergetisch, mm-hmm. Wissenschaftlich fundiert und nachweisbar? Fehlanzeige, wie immer. De facto sind das leere Worthülsen, die reale, jedoch nicht existierende Wirkungen vorgaukeln sollen. Die einzigen Wirkungen sind Placeboeffekte bei den Konsumenten.
Im „Interview“ darf die Geschäftsführerin dann erst mit Allgemeinplätzen Platz verschwenden – hätte ein echter Interviewer eigentlich so eine Frage gestellt? –, bevor sie auf Detais eingeht:
Frau Sillner, wann genau wird das Vollmondwasser abgefüllt?
Sillner: Das LABERTALER Vollmondwasser aus dem LABERTALER Stephanie Brunnen wird nur bei Vollmond abgefüllt. Vollmond ist immer dann, wenn sich Sonne und Mond gegenüberstehen und die Erde dazwischen liegt.
Wahnsinn – wer hätte das gedacht! (Ist das der Teil der Antworten für diejenigen Mystikliebhaber, die sich gern von simplen wissenschaftlichen Platiüden einlullen lassen?)
Aus dieser Konstellation hat das Vollmondwasser einen ausgesprochen weichen und milden Geschmack und es ist ein Tiefenwasser von höchster Reinheit.
Also ist das an anderen Tagen abgefüllte Wasser derselben Quelle nicht von höchster Reinheit…? Oder ist das Wasser doch exakt dasselbe…? Ich finde einfach keine Deutung dieses Satzes, die vorteilhaft für den Anbieter wäre…
Wieso ist eigentlich gerade der Abfüllzeitpunkt entscheidend? Das Wasser ist jahre- bis jahrtausendelang unter der Erde und tage- bis monatelang in der Flasche; was, wenn es währenddessen Licht vom abnehmenden Mond abbekommt? Oder gar Lichtenergie an den Neumond verliert? Oder könnte nicht eher der Zeitpunkt entscheidend sein, an dem man die Flasche öffnet und austrinkt? Schließlich kommt das Wasser erst dann mit dem Körper in Berührung!
Aber wahrscheinlich fällt den Esoterikern schon irgendeine „Begründung“ dafür ein.
Was sagt die Geschäftsführerin nun u.a. zu den Besonderheiten?
[…] mit seinem niedrigen Gehalt an Kochsalz wird das Ausscheiden von Schadstoffen gefördert.
Nur unterscheidet es sich darin nicht vom „normalen“ Wasser aus diesem „Stephanie Brunnen“, das sogar auf der Webseite (übrigens im benutzerunfreundlichen „Alles-ist-ein-Bild“-Design) selbst als „natrium- und kochsalzarm“ beworben wird; die Ergebnisse der amtlich anerkannten chemischen Analyse sind (natürlich) auch identisch. Also soll offenbar auch mit den Eigenschaften allen Wassers dieses Brunnens das Vollmondwasser beworben werden. Tja, so ist die Werbung halt…
Welche Erfahrungen gibt es mit dem Vollmondwasser?
Sillner: Die Rückmeldungen unserer Kunden sind sehr positiv. Sie bestätigen, dass man sich nach dem Genuss von Vollmondwasser vitaler und wohler fühlt, […]
Wetten, dass sie keinen Unterschied merken bzw. nur Zufallstreffer landen würden, wenn sie nicht wüssten, wann das Wasser abgefüllt wurde? So ist das bei Placebos nun mal.
Zum Schluss wird noch der Mondkalender beworben:
Sillner: Der Kalender zeigt die verschiedenen Mondphasen an.
Nun ja, manchmal ist es bewölkt, sodass ein Blick aus dem Fenster nicht reichen würde. Wozu auch immer man die Mondphase wissen wollte.
Außerdem stellt er den Einfluss der Mondrhythmen auf die verschiedenen Bereiche des Alltags dar.
Also ist er entweder sehr klein (selbst scheckkartengroße Taschenkalender können ja die Mondphasen abbilden) oder enthält sehr viel leeres Papier. Zumindest wenn nur reale Einflüsse drinstehen…
Es gibt Hinweise für die beste Zeit um Haare zu schneiden,
Den Hinweis geb ich jetzt kostenlos: Wenn sie zu lang sind.
Pflanzen zu gießen
Sollte das nicht eher von der Art der Pflanzen anhängen? Oder gibt jemand seinen Kakteen lieber so viel Wasser, wie es selbst für Seerosen zuviel wäre, nur weil ein Mondkalender das Gießen empfiehlt?
oder den Christbaum zu schlagen.
Autsch! Ähm, der Frühling wäre hier sicher ein schlechter Termin.
So ist er eine wichtige Hilfe für alle, die sich bereits am Mond orientieren und wieder mehr mit den Rhythmen der Natur leben wollen.
Oder die sich von irgendwelchem erfundenen oder überholten Aberglauben abhängig machen wollen.
Selbst wenn der Aufpreis aktuell auch nur 50 Cent betragen sollte und es dazu einen (im Handel sicher teureren) Mondkalender gibt – da so ein Teil nicht das Papier wert ist, auf dem es gedruckt ist, ist es immer noch zu teuer. Dafür tragen die Labertaler und diverse Getränkehändler zu dieser kleinen verstandverachtenden Vollmondkraft-Volksverdummung bei und verdienen sich ein kleines Zubrot damit. Und leisten dem Esoterik-Aberglauben weiteren Vorschub, egal ob nun neue Gläubige hineingelockt oder „nur“ die alten bedient werden.
Linktips:
Gestern hatte ich vom Werbeplakat „Spielt Lotto – Lotto ist sicherer als die Börse!!!“ einer örtlichen Lottoannahmestelle berichtet – und das Ergebnis: Totalverlust, gerade zweimal eine richtige Zahl, und damit gewinnt man nichts. Das sieht nicht gut aus für die Börse…
Ein Geschenk mit der Hoffnung auf ein Gegengeschenk in Form eines Werbe-Beitrags auf dem Blog, wie es verschiedene Blogger immer wieder erhalten, versteht sich. In diesem Fall war heute eine stiftförmige LED-Taschenlampe mit zweiseitigem Anschreiben von einem Berliner Reisebüro namens Stern Tours in meinem Briefkasten.
Und nicht nur in meinem: Das MoehBlog berichtet schon darüber, ebenso Baynado, der auch gleich die Firmengeschichte wiedergibt… und wer noch?
Nach der Einleitung (immerhin mit persönlicher Anrede und nicht rein geschäftsmäßig) auf der ersten Seite und der Erkenntnis, dass eine Taschenlampe u.a. besser ist als ein Feuerzeug, wenn man am Kabelgewirr unter dem Schreibtisch herumbasteln will, gibt’s auf der zweiten Seite die Firmengeschichte; irgendwie, so scheint es, ist der Inhaber sich in diesem Brief nicht ganz sicher, ob er jetzt das 55jährige Jubiläum, die Gründung 1955 oder das 50jährige Bestehen feiern soll – auf der Webseite steht dann wenigstens klar „Reisebüro seit 1953“.
So sag ich denn auch artig danke für das LED-Penlight samt Batterien (und Klarsichthülle, in der sie drin lag), ist sicher mal nützlich.
Nun hab ich weder etwas gegen solche kleinen Geschenke – sie sind mir immer noch tausendmal lieber als einfache Mails, die z.B. einen Werbelink in einem aktuellen Beitrag hinter einem Wort wie „Feuerwerk“ für 30€ kaufen wollen, wie neulich angeboten –, noch geht’s mir hier auf meinem Blog ums Geld (oder geldwerte Gegenstände), aber wann ich wie für wen Werbung mache, entscheide ich selber, und entsprechend konnte ich mich (ähnlich wie bei der Schwanenhals-USB-Lampe damals) gerade noch zu obiger Namensnennung durchringen; nun hat Thomas, der Absender, seine Sache nicht unbedingt schlecht gemacht1, aber für die nächste Werbesendung erwarte ich schon mehr.2
Vielen Dank an die Buchhandlung-Bürobedarf-Lottoannahmestelle Pesch für diesen Anlagetip!
Ich habe den Tip auch gleich befolgt und das letzte Geld, das mir in dieser Finanzkrise noch geblieben ist, in vier Lotto-Tips investiert. Ich werde dann morgen Abend berichten, was daraus geworden ist. Drückt mir die Daumen, klopft auf Holz, werft Salz über die Schulter, und was sonst noch Glück bringt!
Hinweis: Dies stellt im rechtlichen Sinne keine Anlageberatung dar, jeder ist für sein Geld selbst verantwortlich. Oder wie heißt diese Standardformulierung nochmal…?