Morgen ist Landratswahl hier in Pfaffenhofen. Losgelöst von den sonstigen Kommunalwahlen, weil der Vorgänger 2010/2011 mittendrin des Amtes enthoben wurde als Folge einer Verurteilung wegen Untreue in seiner Bürgermeisterzeit.
Schon damals gab es Diskussionen, ob der Nachfolger nicht gleich nur für drei Jahre antritt, um die Wahlen wieder zusammenzulegen; der Sieger damals, Martin Wolf (CSU), wollte aber die vollen sechs Jahre zur Umsetzung seiner Ideen, will sich aber jetzt im Falle seiner Wiederwahl auf drei Jahre beschränken.
Da zudem offenbar recht viele der Ansicht sind, er hat seine Sache bisher recht gut gemacht, erhält er auch Unterstützung von der SPD, die keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat – und so gibt’s nur zwei Gegenkandidaten: von der FDP und den Grünen.
So viel anders wollen sie eigentlich auch nicht machen, der Grüne will nur „grünere“ Prioritäten setzen, der FDPler konzentriert sich im Wahlkampf auf den Lärmschutz an der Autobahn und seine Ablehnung von Windkraftanlagen1 – beides Themen, wo der Landkreis bzw. er als Landrat eigentlich recht wenig Entscheidungsfreiheit haben…
Wie’s halt so kommt, hatte der Amtsinhaber Anfang April einen schweren Motorradunfall. Allzu viele Details zu den Verletzungen bekam man nicht zu hören – was aus privater Sicht absolut verständlich ist. Er befände sich eben langsam aber sicher auf dem Weg der Besserung. Die Opposition hat trotzdem immer wieder über mangelnde Offenheit gemeckert.
Und an diesem Mittwoch kam dann heraus, dass er unter Amnesie leidet. Was erst am Dienstagabend diagnostiziert worden sei und in Abstimmung mit der Familie dann eben am nächsten Tag bekannt gemacht wurde. Natürlich beschwert sich die Opposition wieder, was die CSU wieder zurückweist.
Die Ärzte sind zuversichtlich, dass diese Gedächtnisstörung nach und nach wieder verschwindet und er sein Gedächtnis vollständig wiedererlangt.
Schön. Aber ein wahlkampftaktisches Gschmäckle bleibt m.E. doch: Kein Wort darüber, wie schwer die Amnesie ist. Nur bis zum Unfall zurück oder geringfügig mehr? Dann hätten sie’s wohl gesagt. Weiß er noch, dass Wahlen sind, dass er Landrat ist – und wer er ist? Hm. Und dass man erst dadurch nebenbei erfährt, dass er so lange beatmet werden musste, dass erst jetzt ein richtiges Gespräch und eben die Diagnose möglich war, dass er also wohl schwerer verletzt war, als man in der Öffentlichkeit den Eindruck gehabt haben mag.
Und jetzt? Wahlrechtlich sind Ersatzmann oder Verschiebung anscheinend nicht möglich, es hängt dann wohl nur an der Frage, ob Wolf die Wahl offiziell annimmt bzw. annehmen kann (wenn er denn gewinnt). Ich bin jedenfalls mal gespannt, was da morgen und dann in den nächsten Wochen rauskommt – und ob die Wahlbeteiligung ein neues Rekordtief erreicht.2 Sogar ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt wählen gehen soll…
Update: » Ergebnis
- ironischerweise will er aber frischen Wind ins Landratsamt bringen [↩]
- Vorteilhaft zumindest für die Stadt Pfaffenhofen ist, dass morgen auch Dult ist, was die Leute in die Stadt lockt. Zumindest wenn das Wetter nicht so verregnet ist wie angekündigt. Und die Stadt stellt auch nur ein gutes Fünftel der Landkreis-Einwohner. [↩]