Monatsarchiv:

Dezember 2008

Magischer Start ins neue Jahr

Halloween-Hexe Erinnert sich noch jemand an meine Ankündigung im September, immer wieder aus dem „Hexenkalender“ für 2009 (Moewig-Verlag) von „Anthea“ (nicht hier abgebildet) zu berichten? Nun, dies ist der erste Beitrag dazu, der allen Hexen (und solchen, die darüber lachen) zu einem guten Start ins neue Jahr verhelfen soll.

Ein Kuriosum vorneweg: Der Haftungsausschluss zu Beginn des Kalenders enthält auch den Satz:

Insbesondere handelt es sich bei den Ratschlägen und Empfehlungen dieses Kalenders um unverbindliche Auskünfte gemäß § 676 BGB.

Aha – nur was hat die Kündigung von Übertragungsverträgen von Wertpapieren mit Hexen zu tun? Nun gut, vielleicht kenne ich mich in der Welt der Wertpapiermagie zu wenig aus, um das zu verstehen. Auf zu den allgemeiner verständlichen magischen Ratschlägen – halten wir uns gleich an den Spruch, mit dem der 1. Januar Faust-aufs-Auge-mäßig beginnt:

Mische ein bisschen Torheit in dein ernstes Tun und Trachten! Albernheiten im rechten Moment sind etwas Köstliches!
(Horaz)

Kurzes Gedächtnis

Hexen – oder die Gestirne? – haben offenbar nur ein kurzes Gedächtnis und/oder nicht viel Abwechslung zu bieten. So heißt es am 7. Januar:

Der Mittwoch ist dem Planeten Merkur zugeordnet, der uns zu praktischem Denken und Handeln auffordert. Beides sollte aber immer auch von spirituellen Wahrheiten durchdrungen sein.

Und am 14. Januar:

Der Mittwoch ist dem Planeten Merkur zugeordnet, der uns zu praktischem Denken und Tun auffordert. Als Götterbote will Merkur uns dazu anhalten, unser tägliches Handeln spirituell zu durchdringen.

Vielleicht kommt ja noch ein Hexenapothekenmittelchen später im Jahr, das dagegen hilft. Oder hofft die Autorin, dass solche im Spirituellen selbstdefinierten „Wahrheiten“ wie die der Astrologie wahrer werden, wenn sie nur oft genug wiederholt werden, und dass sich die geneigten Leserinnen daran erinnern, damit sie bloß nicht zu praktisch denken und solchen Astro-Aberwitz gleich links liegen lassen?

Oder sie hatte einfach Probleme, die 5 Seiten pro Woche richtig zu füllen? Ein Verdacht, der angesichts diverser anderer Platitüden und bloßer Namensnennung nicht zu weit hergeholt scheint, wie ich finde…

Rückzug und Spaziergänge

Winterspaziergang Einerseits soll man sich im kalten Januar wie die Natur zurückziehen und Kräfte sammeln, und Meditation, Musik und Kunst seien „besonders heilsam für die Seele“ – andererseits „viel frische Luft und Bewegung“ gönnen. Am 14. Januar sogar zu Ehren eines indischen Gottes, des Sonnengottes Surya – der ob seiner Herkunft (10-15° in Nordindien, im Süden wärmer (Wikipedia)) kaum unsere winterliche Kälte gewohnt sein dürfte:

Ehren Sie ihn mit einem Spaziergang, auch wenn die Sonne nicht scheint – sie ist dennoch da.

Ach? Auf die Idee wäre ich nun wirklich nicht gekommen! Aber ist das genug Ehre für diesen Gott?

Die Speisekarte für die erste Januarhälfte

Allzu reichhaltig ist die Speisekarte nicht – auch wenn dies nur ein Auszug ist:

  • Lindenblütentee hilft am 1. Januar gegen Husten – doch was hilft gegen den „typischen“ Neujahrskater? Hier verschenkt der Kalender eindeutig Potential.
  • Zwei Bananen pro Tag sind ein idealer Grippeschutz – und nein, nicht in die Nase stecken, die Oberhexe schreibt explizit „essen“! (Schade.)
  • Hirsebrei oder sonst ein Hirsegericht – aber nur mittwochs, da Merkur (s.o.) mit Hirse verbunden ist. Man müsste mal Astrologen fragen, wie sie diese Zuordnungen ausgewürfelt haben…
  • „Essen Sie Äpfel stets zwischen 10 und 16 Uhr“ – der Körper könne die Wirkstoffe dann besonders gut aufnehmen. Mist, das war gestern ein paar Minuten zu spät.

Und die Lösung gegen Akne und Hautunreinheiten: einen Brei aus Bäckerhefe und Milch aufs Gesicht klatschen!

Nur wie soll das helfen, wenn die Unreinheiten gar nicht im Gesicht sind? Ach ja, Hexerei, ich vergaß.

Was sagen die Sterne?

Tierkreis Die Sterne faseln ganz gern mal z.B. von „passenden“ Schmucksteinen oder zählen Steinbock-Promis auf – oft ohne auch nur ansatzweise einen Rat zu geben. Oder geben Tips für Steinbockhexen bzw. Steinbock-Hexen – wohl nur Meisterastrohexen mit Eris im 13. Haus wissen, wann der Bindestrich zu verwenden ist und wann nicht –, weil das das aktuelle Sternzeichen Anfang Januar ist. (Pardon, liebe selbstgefällige Stern-Schamanen: Tierkreiszeichen; ihr müsst euch ja um die astronomischen Erkenntnisse herumdrücken.) Nur was soll das allen anderen Leser(inne)n helfen, die gerne hilfreiche Heucheleien, äh, Hinweise für den heutigen Tag hätten?

Den Donnerstag verbindet man mit dem Planeten Jupiter, der von uns verlangt, über uns hinauszuwachsen und damit zum Herrscher über uns selbst zu werden.

Was für gefährliche Ratschläge gibt sie denn da?!? Das heißt, gefährlich für Astro-Anbieter, Mystik-Marktschreier, Herrgotts-Händler und Bullshit-Berater, die doch selbst so gern das alleinige Heilswissen (jeder sein eigenes) verkaufen und die Leute von den Sternen bzw. deren Deutung und dem ganzen Kram beherrscht sehen wollen. Wie war das noch mit der „Verantwortung im Horoskop“? Aber wem von der Kalender-Zielgruppe wird sowas schon in den Sinn kommen…?

Enden wir mit dem wiederum Faust-aufs-Auge-mäßigen Spruch für den 16.-18. Januar:

Beim Ratgeben sind wir alle weise, aber blind gegenüber eigenen Fehlern.
(Euripides)

In diesem Sinne: Einen guten Rutsch!


Fotos: alitaylor/sxc, cinezi/sxc

Projekt 52 Woche 52: Hinter der Kamera

Das Thema der Woche 52 in Saris Foto-Projekt 52 – auch wenn es aus persönlichen Gründen erst in Woche 1 gestellt wurde (im Jahr 2008 befinden wir uns eben trotzdem noch):

Hinter der Kamera
Projekt 52 Dabei geht es darum, dass man am Ende des Jahres ein wenig über die Person erfährt, die das gesamte Jahr nun hinter den jeweiligen Fotos steckte. Man zeigt also ein Bild von sich selbst oder auch eine abstrakte oder karikative Version. Derjenige, der sich nicht zeigen möchte, kann das Thema ja durchaus wieder etwas interpretieren. Immerhin gibt es schwarze Balken, Masken und ähnliches.

52: Hinter der Kamera

Woche 52: Hinter der Kamera

Ganz klassisch: Ich mit Kamera im Spiegel. Und wie’s auf meinem Blog auch nicht alles über mich zu erfahren gibt, ist in meinem mehrteiligen Spiegel auch nicht alles von mir zu sehen…


So, das war’s mit dem Projekt 52 des Jahres 2008 – bin gespannt, ob/wie’s 2009 weitergeht (Sari will in den nächsten Tagen dazu etwas sagen)…

Sechs Fragen (aber keine Sex-Fragen)

Ich schnappe mir mal das Stöckchen der Welt des Wissens offiziell bei Frau Buchstaeblich, das ich ähnlich ernsthaft wie sie beantworten will:

  1. Kann man mit Dir Schuhe kaufen gehen?
    Rein technisch gesehen natürlich. Empfehlen würde ich es aber nicht. Außer wenn alle Stühle und Fußstützen besetzt sind, denn dann könnte ich jemanden als menschlichen Ersatz brauchen. Obwohl, das wäre auch nicht empfehlenswert…
  2. Welchen Nachholbedarf hast Du?
    Alles nachher hervorholen, wofür zuvor der Bedarf des Nachhintenholens bestand.
  3. Welche Farbe(n) haben Deine Wände?
    Weiße Wandfarbe – welch Wunder!
  4. Wobei machst Du keine Kompromisse?
    Beim Kompromittieren von Kom-, Pro- und anderen Missen.
  5. Wofür schlägt Dein Herz höher?
    Fürs Stehen – denn da schlägt es (relativ zum unteren Ende meines Körpers) höher, als wenn ich liege.
  6. Was tust Du, wenn die Krokusse blühen?
    Drauftreten.

Zum gezielten Weiterwerfen fehlen mir aber gerade Kraft und Zeit – das Stehen ist schon recht anstrengend, und ums Hervorholen muss ich mich ja auch noch kümmern –, also bediene sich bitte, wer will.

„Die Esoterik-Zeitschrift mit dem Fernsehprogramm!“

Blaue Edelsteine …wäre zumindest ein passender Untertitel für die Hörzu, wenn das so weitergeht. Ich benutze sie ja seit einiger Zeit ja nicht mehr, aber meine Eltern noch, und so konnte ich bei meinem weihnachtlichen Besuch einen Blick in vier Ausgaben werfen. Gut, noch nehmen Fernsehprogramm und andere Artikel den größten Raum ein, die Esoterik und Pseudowissenschaft nur einen Artikel – aber wer weiß, ob sich das nicht noch steigert…

Edle Gaben der Steine

In Heft 51/2008 wird natürlich die Existenz der Chakren und der angeblichen Heileffekte von (am besten dort) aufgelegten Edelsteinen durch ominöse Schwingungen als gegeben angenommen und vermeintliche „Beweise“ für die Wirkung der verschiedenen Kristalle genannt – Kritik natürlich Fehlanzeige:

Der Tübinger Experte Michael Gienger: „Bei Versuchspersonen wurden während des Auflegens mithilfe einer Elektro-Enzephalografie veränderte Hirnströme gemessen. Das beweist, dass wir auf die Steine energetisch reagieren.“

Nö, das beweist, dass die Versuchspersonen an eine Wirkung glaubten, die sich in ihren Gedanken, in ihrem Gehirn gezeigt hat. Kontrollgruppe mit anderen Materialien? (Ohne dass die Versuchspersonen das, was aufgelegt wurde, sehen konnten, versteht sich.) Übereinstimmung der Reaktionen mit den behaupteten Wirkungen? Ich vermute mal, sowas gab’s nicht… wäre doch mal interessant zu wissen, wie die Gläubigen auf z.B. Lego-Steine oder Bonbons reagiert hätten…

Siehe GWUP: Mineralmagie und schwingende Kristalle (Hervorhebung von mir):

Die Beobachtung einer von Mineralen ausgehenden Heilwirkung am Menschen ist also rein subjektiv und stützt sich auf psychologische Effekte wie den Placebo-Effekt, Autosuggestion und die Erzeugung positiver Assoziationen. Die eigentliche Heilwirkung geht also vom Menschen selbst aus. Der Stein ist dabei nur Mittel zum Zweck ohne direkte Heilwirkung.

Jahreshoroskop

Eigentlich keine Überraschung, dass in Heft 52/2008 für die „Wirkung“ des „mächtigen Mars“ samt sternzeichenspezifischen „Mars-Kraft-Kurven“ für 2009 vier Seiten verschwendet werden.

2012, Bewusstseinssprung, Erdmagnetismus, Fall der Mauer, Maya-Kalender, naturgegebene Göttlichkeit, Offenbarung, professionelle Seher, Quantenphysik, Sonnenaktivität, Synchronisationsstrahl

Sonne (Röntgen) Oder wie ein „Biophysiker“ namens Dieter Broers im Interview „Ist die Sonne unser Schicksal?“ (Hörzu 01/2009; auch online, sogar ausführlicher) durch die pseudowissenschaftliche Verquickung unzähliger Mystizismen einen permanenten Sonnenstich zu offenbaren scheint – den Eindruck habe ich jedenfalls. Lest es euch ruhig schon mal durch, wenn ihr wollt, ist an sich ganz „lustig“ (und wer weiß, wie lange es online bleibt) – vielleicht gehe ich noch in einem separaten Beitrag darauf ein, hier wäre der Platz zu knapp; ich weiß nur noch nicht, ob es ein ernsthafter Artikel mit der nötigen (aufwendigen) Recherche (noch dazu durch einen Mangel an frei verfügbaren Quellen erschwert) wird – dass das den Aufwand wert ist, bezweifle ich irgendwie – oder nur eine kurze lästernd kommentierte Zusammenfassung…

Dass ein Buch, das Dieter Broers unter dem Pseudonym Morpheus veröffentlicht hat – „Physik des Bewusstseins“, das ein Rezensent als „Verquaste Mixtur aus Wissenschaft und freier Phantasie“ beschreibt –, erwähnt wird1 und ebenso sein „Dokumentarfilm“ namens „(R)Evolution 2012?“, der im Februar ins Kino kommen soll, ist aber sicher kein Zufall.

Nachtrag (13.1.): Ich werde doch nichts weiter darüber schreiben. Es würde viele lange Recherchen (und den Kauf von Broers‘ Buch) erfordern, es richtig zu machen, und das ist es mir einfach nicht wert – zumal es sich auch nur um einen von unzähligen pseudowissenschaftlichen Mystizismen ohne nennenswerte Bedeutung handelt, der es eben in die Hörzu geschafft hatte.

» Ein Astronom beantwortet Fragen zu 2012. Darunter:
» Speziell zu Broers hier.
» Rezension von Broers‘ Buch „(R)Evolution 2012“
» EsoWatch über Broers

Gratis-Wahrsagerei

Gleich nach dem Sonnen-Interview folgt eine ganzseitige Anzeige von Maria Esmeralda, „eine[r] der erfolgreichsten und erfahrensten Hellseherinnen der Welt“, wie sie sich nennt – zu einer eigenen Website hat’s aber anscheinend genausowenig gereicht wie zu einem Wikipedia-Eintrag, nur zu einer Schweizer Postfachadresse und einer knappen Warnung im Call-in-TV.net-Forum –, die, bevor sie sich nach 35 Jahren Erfahrung in Selbst- und anderer Täuschung zurückziehen will, noch 500 Menschen ach so großzügig beschenken will: Mit „13 persönlichen Ereignis-Daten“, „goldenen Glückszahlen, ohne die kein Gewinn möglich ist“, und ihrem „berühmten Glücksbringer“. Wow! :roll:

(Der Text findet sich übrigens auch – mit kleinen Unterschieden zu dieser Anzeige – auf diesem Blog.)

» Mehr zu den „Fähigkeiten“ dieser Dame hier: „Maria Esmeralda und die wilde 13“.

Besuch bei Uri Geller

Heft 02/2009 – immerhin passend zur Zauber-Show. Was erfährt man? Der Besucher darf am Klavier spielen, Uris Biografie wird runtergeleiert, und vor dem nochmaligen Klavierspielen der bauchpinselnde Fast-Schlussabsatz:

Wer also ist dieser Uri Geller? Er ist kein Scharlatan. Er ist kein Trickser. Er ist ein Charismatiker, den das Leben geprägt hat. Er ist ein weiser Mann, der besser motivieren kann als jeder Politiker. Er ist ein Mann mit verblüffenden Fähigkeiten, die erhaben sind über alle Vorurteile.

Und der Leiter des Ressorts Medien und Aktuelles, der diese Hausbesuche macht und diesen Text ebenso geschrieben hat wie auch das obige Sonnen-Interview, ist über jeglichen auch nur ansatzweise kritischen Journalismus erhaben, scheint mir. Aber das ist halt die Hörzu…

  1. das erste Werk hieß „Matrix-Code“, ein offensichtlicher Versuch, auf der entsprechenden Film-Welle mitzuschwimmen, ohne, wie es scheint, thematisch wirklich zu passen []