Faszinierend

Das Universum, die Natur, das alles ist doch faszinierend. Da explodieren Sterne und erzeugen dabei die schweren Elemente, aus denen wir bestehen. Da ordnen sich Moleküle in Myriaden von Versuchen so an, dass sie beginnen, sich zu reproduzieren. Da entstehen unzählige, vielgestaltige Arten von Tieren und Pflanzen, teils mit den interessantesten, regelmäßigen Formen wie in Sonnen­blumen­blüten oder Tannenzapfen, und ebenso unzählige nicht belebte Faszinosa, die auch entflochten ihren „Zauber“ behalten.

Und da entwickeln sich Lebewesen, die darüber nachdenken können, dass sie über das alles nachdenken können. Die Gefühle haben. Intelligenz und Bewusstsein, was auch immer das genau sein mag, und einen freien Willen – oder zumindest die Illusion davon.

Die Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen und sich mitunter dabei täuschen (und Sätze wie „Mancher, der sich bisher zurückgesetzt fühlte, empfindet Bereicherung durch Gruppen, seien es Freunde oder Gleichgesinnte“ für die höchste Weisheit der ihrerseits selbst­getäuschten Sterndeuter halten mögen), dafür aber Methoden entwickeln, um zu möglichst objektiven Erkenntnissen zu gelangen – und auch die Freiheit haben, diese zu ignorieren und sich weiter täuschen zu lassen, ohne es zu merken.

Ohne die faszinierende Realität zu bewundern, lassen diese die eigene Engstirnigkeit ignorierenden Sei-doch-offen-Sager stattdessen lieber scheinbar faszinierende Phantasien wildwuchernd erblühen.

Und all das (seit Beginn des Lebens) durch fortlaufende Anpassung an die Umwelt. Mutationen, natürliche Selektion, eben Evolution. Da ist die Vorstellung der Kreationisten, ein Gott hätte das alles so, wie es ist, vor kurzer Zeit mit einem Finger­schnippen – oder was Götter sonst so machen, um etwas zu erschaffen – entstehen lassen, doch geradezu höchst­langweilig.1

Auch die gemäßigte Variante, dass ein mit der modernen, aufgeklärteren Gesellschaft kompatiblerer Gott höchstens die Grundlagen geschaffen und die Evolution hier und da in die richtige Richtung geschubst hätte, ist da nicht viel besser – als ob die Vertreter dieser Gottesvariante der Natur zu wenig zutrauten. Aber irgendwo müssen sie eben noch eine Lücke suchen, wie alle Arten von Gläubigen (religiös, esoterisch, ufologisch, lottozahlen­vorher­sagerisch, …) sich generell um argumentativen Gegenwind herumwinden müssen.

Selbst das ist auf eine gewisse Art faszinierend. Aber ich könnte auch gut drauf verzichten.

 

PS: » Trailer zur Animationsverfilmung von Tim Minchins Storm

  1. Und grottenfalsch, aber mit den Massen an Gegenbeweisen will ich hier gar nicht anfangen. []

7 Kommentare

  1. R
  2. S

    Menschen tun sich halt schwer damit, Ungewissheiten auszuhalten. Während die einen wissenschaftlich nach Ursachen suchen, bemühen andere eine göttliche Existenz.
    Bei Kreationisten im Besonderen stell ich mir die Frage, warum hat dieser wunderbare Gott den Menschen denn so unvollkommen gemacht? Ein Fingerschnips – und Kriege, Umweltzerstörung und Co haben ein Ende. Oder ist Gott immer noch der Rachsüchtige aus dem Alten Testament :roll:
    Ja, das Universum ist faszinierend; man stelle sich vor … von der Anordnung der Sonnenblumenkerne bis zur Galaxieform – alles Fibonacci Spiralen – wunderschön

    einen staunenswerten Tag wünscht
    Sabine 8)

    • c

      Nun ja, wenn der Gott des AT, den Richard Dawkins als „jealous and proud of it; a petty, unjust, unforgiving control-freak; a vindictive, bloodthirsty ethnic cleanser; a misogynistic, homophobic, racist, infanticidal, genocidal, filicidal, pestilential, megalomaniacal, sadomasochistic, capriciously malevolent bully“ beschreibt (The God Delusion, 2.Kap.), den Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat, wär das gar nicht so abwegig. :)

  3. jL

    Hat es einen besonderen Grund oder Anlass, dass du diesen Beitrag geschrieben hast? Die Verwunderung über das unermessliche Verdrängungstalent der meisten Menschen müsste dir doch mittlerweile bekannt sein :)

    Aber sehr schön ausgedrückt!

    • c

      Der Anlass waren im Wesentlichen ein kleiner Artikel über Fibonacci-Zahlen in Sonnenblumen & Co., den ich kürzlich gelesen habe, und der neue Storm-Trailer.

      Das mit dem Verdrängungstalent ist mir natürlich schon bekannt, aber wenn ich hier schon kurz meine Gedanken zu dem Thememkomplex niederschreibe, gehört das auch dazu; und es war am Ende eine brauchbare Möglichkeit, den Bogen zu einem weiteren „faszinierend“ zu schlagen. :)

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