Schlagwort-Archiv:

Anti-Wissenschaft

Energetisch verletzt

Homöopathisches Aufmacher-Bild

(homöopathisch verdünntes Aufmacher-Bild)

Die hiesige Schyren-Apotheke bietet einer monatlichen Vortragsreihe der „Heilpraktiker Initiative PAF“ Platz in ihren Räumlichkeiten, und während manche Themen noch keinen eindeutigen Schluss auf die Ausrichtung – evidenzbasiert? glaubensbasiert? wellnessorientiert? – zulassen, geht’s im Januar um:

Verletzungen – so hilft die Homöopathie

Ich schlage vor, dies um diese Vorträge zu ergänzen:

  • Draufpusten – die ultimative Hilfe bei Verletzungen
  • Intensiv lächeln gegen Verletzungen
  • Schokoladengeschenke gegen Verletzungen bei Kindern

Genauso wirksam!

In der Anzeige ebenfalls mit angegeben ist die zugehörige eher gewöhnliche Versandapotheke unsere-apo.de sowie eine „Energetische Apotheke“ unsere-theke.de, auf ersterer verlinkt mit dem Hinweis, man fände dort (besser gesagt: im zugehörigen Shop ohne eigene Domain) „alles, was mit Natur­heilkunde zu tun hat.“ Aber von wegen: Es geht nicht einfach um ein paar Natur­heilmittel, sondern um das ganze glaubens­medizinische Getue, das die Bezeichnung „Energetische Apotheke“ schon befürchten lässt (und das mit „Natur­heilkunde“ höchstens in den Wunsch­vorstellungen ihrer Propa­gandisten zu tun hat). So beginnt die Seite „Energetik“ schon mit:

„Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen“
Albert Einstein

Natürlich, ein Einstein-Zitat muss einfach sein. Leider hören gerade solche Energie- und andere Esoteriker, die gerne Einstein zitieren, dort zu fragen auf, wo es darum geht, ihre vermeintlichen Erkenntnisse auf ein solides objektives, reproduzierbares, wissenschaftliches Fundament zu stellen.

Jedes Lebewesen (Mensch, Tier, Pflanze) besteht aus einem materiellen, sichtbaren Körper und aus einem feinstofflichen nicht sichtbaren geistig-seelischen Bereich.

Das ist eines der beliebtesten Esoteriker-Dogmen, das aber auch nicht dadurch wahrer wird, je öfter es wiederholt wird. Oder sollte ich mal anfangen, in jedem zweiten Satz (nicht nur hier, sondern überall in Kommentaren, in Geschäfts­mails, …) etwas vergleichbar Irreales zu schreiben in der Hoffnung auf weit­verbreitete Akzeptanz? Etwa: „Jedes Lebewesen besteht neben dem grob- und fein­stofflichen Bereich aus einem bügelfrei­stofflichen nur aus den Augenwinkeln sichtbaren Bereich, über den es mit dem Großen Bügelbrett des Multiversums verbunden ist.“ Vielleicht wäre das auch ein Ansatz für eine Therapie gegen chronische Bügel-Unlust – könnte ich selber auch brauchen…

Wenn heute immer noch behauptet wird, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, kann man nur darauf hinweisen, dass bereits Einstein die Äquivalenz von Masse und Energie (E=mc⊃2; ) bewiesen hat. Energie ist also in Materie umwandelbar und umgekehrt.

blue fibers Das mit dem Quadrat üben wir besser noch mal… Nun, wenn heute immer noch behauptet wird, dass Einstein und E=mc² mit feinstofflich-ganzheitlicher Energie-Esoterik nichts zu tun hat, kann man nur darauf hinweisen, dass dies richtig ist. Geschickt herausgepickte Versatzstücke aus der Wissenschaft sind zwar in Esoterik umwandelbar, aber nicht umgekehrt.

Wie man auch in dem grauenvollen Video sieht, das gerade die Blog-Runde macht: eine Dr. Werner „erklärt“ die Homöopathie (und das ganze Universum) auf „leicht“ hanebüchene Weise. Siehe z.B. bei Orac, der auch inhaltlich auf ein paar Details eingeht (engl.).

Seid ihr Einsteinformelmissbraucher eigentlich strahlende (höhö) Befürworter von Kernenergie und Atombomben?

Die Relativitätstheorien und die moderne Quantenphysik liefern weitere Beweise, dass die Realität, wie sie sich den meisten von uns darstellt, bei weitem nicht alles ist. (s. Heisenbergsche Unschärferelation, Doppelspaltversuch, Viele – Welten(=Realitäten)-Theorie usw.)

Sie liefern aber keinerlei Argumente oder gar Beweise für eure Esoterik-Energetik! Herr­gott­nochmal! Nur weil ihr offenbar keine Ahnung von der modernen Physik habt (und euch nicht mal ernsthaft dafür zu interessieren scheint), heißt das nicht, dass damit alles möglich und erklärbar wäre!

Glaubt doch meinetwegen was ihr wollt, aber BELEGT EUER ZEUG ERST MIT WISSENSCHAFTLICHER METHODIK, BEVOR IHR EUCH AUF DIE WISSENSCHAFT BERUFT!
:motz:

Wie die alten Lateiner schon sagten:

– alles fließt
OMNIA FLUUNT d.h. befindet sich im Wandel
d.h. alles ist Energie

Das sagten sogar schon die alten Griechen – da hieß es noch πάντα ῥεῖ, panta rhei. Wie wär’s denn, wenn ihr mal ein klitzekleines Loch in eure Staudämme zum Schutz vor der Flut der Wissenschaft bohrt? Oder habt ihr Angst, dass das etwa eure seit 200 Jahren erstarrte Homöopathie fort­schwemmen könnte?

Die Energetik beschäftigt sich demzufolge nicht nur mit lebenden Organismen
sondern auch mit:

– Materie (Mineralien z.B. Heilsteine Wasser z.B. Grander, Emoto)
– Räumen (Feng Shui)
– Orten (Geomanthie)

Energetiker untersuchen also sowohl den Energiefluss innerhalb von Lebewesen (Chakren, Meridiane, Aura usw.) […]

Da haben wir ja eine wahrlich vertrauenerweckende Kombination „transrealer Vorstellungen“1!

  • „Nach einem Urteil des LG Hamburg ist es irreführend und daher unzulässig, sog. „Heilsteinen“ krankheitsvorbeugende oder krankheitslindernde Wirkung zuzumessen.“ (Jurablog u.a.)
  • Urteil des OLG Wien: Die Bezeichnung „aus dem Esoterik-Milieu stammender, parawissenschaftlicher Unfug“ für Granderwasser ist sachlich begründet (Wikipedia).
  • Masaru Emoto, der mit Musik und Etiketten das Wasser beeinflussen will und sehr selektiv seine Kristallbildchen auswählt – „aus Sicht der Wissenschaftler haarsträubende Behauptungen“ (Stern; s.a. James Randi).
  • Und bei Feng Shui, Geomantie (ohne h), Chakren, Meridianen, Aura u.s.w. geht’s genauso fernab der Realität zu.

Ich glaub, hier höre ich lieber auf und erspare es mir (und euch), auch noch auf die Unterseiten „Pflanzenenergetik“, „Tierenergetik“ und „Raumenergetik“ einzugehen…

 

Weitere Linktips:

  1. Zitat-Quelle: Dr. Berndt []
  2. Update 5.9.11: Link geändert, da der urspr. derzeit/mittlereile nicht öffentlich zugänglich ist []

Links und Videos der Woche (2009/42)

(Hier war etwas als Flash-Objekt eingebunden. Nicht mehr zeitgemäß.)

 

 

  • Blechbläser spielen Bohemian Rhapsody – inkl. einiger witziger Einlagen (via @gillyberlin):

    https://youtu.be/hBLm747tyn0

Die Geschichte vom Sonnensystem und dem Synchronisationsstrahl

Sonnensystem Es war einmal ein Sonnensystem, das fühlte sich ganz wohl an seinem Platz zwischen zwei Hauptarmen seiner Galaxie. Hier war es nicht so voll, dass ständig andere Sterne im Weg herumliefen, aber auch nicht so leer, dass gar nichts zu sehen wäre. Hier konnte es gemütlich seine Bahnen ziehen, Bahnen um das Zentrum der Galaxie, in dem dieses große unsicht­bare Ding das Maß aller Dinge war. Ein großes unsicht­bares Ding, das wahnsinnig schwer war, millionenmal schwerer als das Sonnen­system selbst, und das sich für diese Masse unglaublich schnell drehte.

Das Sonnensystem bewunderte dieses Ding. Es schleuderte nicht ständig riesige Mengen Materie von sich, um auf sich aufmerksam zu machen, denn das hatte es gar nicht nötig; nein, es zog sogar noch alle Materie in seiner Nähe an, die freudig strahlend in das Ding hineinstürzte. Den Rand, an dem dies geschah, nannte man Ereignishorizont. Dieser Gedanke gefiel dem Sonnensystem – es stellte sich diesen Horizont als von großartigen Events erfüllt vor, sodass es niemals langweilig werden würde.

Aber andererseits war das Sonnensystem auch froh über sein Dasein, denn es war eher das galaktische Äquivalent eines Stubenhockers: Es blieb lieber gemütlich zu Hause zwischen den beiden Hauptarmen und zog gemächlich seine Bahnen. Außerdem hatte es auch eine gewisse Verantwortung, denn sein dritter Planet befand sich in einem Abstand von der Sonne, in dem er Leben hervorbringen konnte und auch hervorgebracht hat. Und dessen Fortbestehen lag dem Sonnensystem sehr am Herzen.

Und was für ein Leben das war! Es war sogar intelligentes Leben; Leben, das sich seiner selbst bewusst war! Soweit das Sonnensystem von seinen Nachbarn erfahren hatte, war dies ein sehr seltener Fall in der Galaxie. Ein Grund für das Sonnensystem, sich für etwas Besonderes zu halten – und das mit Recht.

Wie das Sonnensystem mitbekam, machten sich einige der intelligenten Lebensformen – sie nannten sich übrigens Menschen – auch Gedanken über ihre Position in der Galaxie, ja im gesamten All. Es bekam allerdings nicht alles mit, woran die Menschen so dachten, es waren ja auch ziemlich viele: mehrere Milliarden! Zwar nicht ganz so viele wie Sterne in der Galaxie, aber doch fast.

Das Sonnensystem war stolz.

Doch dann schnappte es einen Gedanken auf, der ihn noch beunruhigen sollte: Manche Menschen – dem ersten Vernehmen nach Wissenschaftler, renommierte Forscher – sprachen von einem „Synchronisations-Strahl.“ Ein Synchronisations­strahl? wunderte sich das Sonnensystem. Was soll denn womit synchronisiert werden? Es bekam nun nicht alle Details mit, aber ein Gedanke war dann doch klar: Der Synchronisations­strahl sollte aus dem Zentrum der Galaxie kommen. Dem Zentrum, in dem das große unsichtbare Ding sitzt!

Sgr A* (u.a.) Zwar freute sich das Sonnensystem zunächst über diese Verbindung. Doch was genau sollte da synchronisiert werden? Das Sonnensystem konnte sich nur eine Eigenschaft vorstellen, bei der dieser Begriff Sinn ergeben würde: Sein Umlauf um das große unsichtbare Ding würde mit dessen Rotation verbunden werden, praktisch wie wenn man sie mit einer starren Achse verbände. Aber… aber das würde ja bedeuten, sorgte sich das Sonnensystem, dass es vorbei ist mit meinem gemütlichen Weg zwischen den beiden Hauptarmen!

Das Sonnensystem war traurig. Es würde enorm beschleunigt werden, und das in weniger als 50 Umdrehungen seiner Sonne – ein Klacks im Vergleich zu seinem bisherigen Leben. Und es war nicht nur traurig, weil sein gemütliches Dasein ein jähes Ende fände, sondern auch, weil diese riesige Geschwindigkeit für „sein“ menschliches Leben, auf das es so stolz war, nichts Gutes verheißen konnte. Eine Bewegung mit milliardenfacher Lichtgeschwindigkeit würde auch die relative Leere des Weltraums zu einem heftigen, orkanartigen Gegenwind werden lassen – selbst die Sonne würde dadurch wohl sehr schnell aufgelöst werden.

Das Sonnensystem war am Verzweifeln.

Was sollte es tun? Es wollte das alles nicht! Und warum gerade jetzt? Warum in diesem Jahr, das die Menschen 2012 nennen? Warum nicht wenigstens eine langsame Beschleunigung in Lauf von ein paar Milliarden Jahren, so zum daran Gewöhnen?

Das Sonnensystem musste mehr erfahren. Es konzentrierte sich ganz stark auf den Ursprung der Informationen über diesen Synchronisations­strahl, auf den Wissenschaftler, der ihn entdeckt hatte. Doch was war das? Der Wissenschaftler sprach gar nicht von der Umlaufgeschwindigkeit, sondern von… Bewusstsein und Multi­dimensionalität… Paradigmen­wechsel… Bio­metrisierung von Struk­turen… verschiedenen anderen Dingen jedenfalls, die nicht so genau zu verstehen waren, denn das Ganze war doch sehr verworren.

Und selbst mit seinem begrenzten Wissen erkannte das Sonnensystem: Das war ja alles Unsinn! Der Wissenschaftler hatte keine Ahnung, wovon er da sprach! Noch nicht mal die Lage des Sonnen­systems in der Galaxie und die grund­legendsten Vorgänge in ihr hat er richtig erkannt! Aber wieso dann das ganze Gerede vom Synchronisations­strahl? Panik­mache, Aufmerksam­keits­heischerei, Geld­macherei, oder was sonst?

Aber das Sonnensystem interessierte das gar nicht mehr. Und es fand auch andere Wissen­schaftler, echte Wissen­schaftler, die die Unsinnigkeit des Synchronisations­strahls und der anderen Hirn­gespinste des anderen auch erkannt hatten.

Das Sonnensystem war wieder beruhigt.

Doch es wunderte sich, warum sich die Menschen solche Dinge ausdenken und daran glauben, und fragte sich, ob es die Intelligenz „seines“ Lebens richtig eingeschätzt hatte.

 


Bilder: NASA (Wikimedia, Chandra X-Ray Observatory)

Links und Videos der Woche (2009/30)

Global Scaling und die CPUs

Florian Freistetter schrieb auf Astrodicticum Simplex schon vor einem Jahr einen kritischen Artikel über die Grundlagen von Global Scaling (GS) – einer „Theorie“, die quasi die ganze Welt mit logarithmischen Skaleninvarianzen auf Basis von grundlegenden Eigenschaften von Protonen erklären will (und sich dabei auch vergeblich an Lottoprognosen versucht, worüber ich 2007 geschrieben habe) –, und kürzlich hat „A.F.“ dort in seinem Kommentar (lesen!) etliche Details untersucht und u.a. Fehler in der Grundlage aufgedeckt:

Die Gleichung für die Eigenwellenlänge ist falsch, er muss [statt der Ruhemasse] den Impuls einsetzen, und zwar 3 mal 10 hoch -18 kg m/s, um auf seine gewünschte Wellenlänge zu kommen. Nun muss er begründen wieso ausgerechnet dieser Impuls, den[n] er ist viel zu hoch. Wenn er was erfindet, dann, wieso er die Boltzmann Verteilung unterschlägt, sie sagt aus dass alle Geschwindigkeiten vorkommen und somit Impulse und somit Eigenwellenlängen. Das Gleiche gilt für alle Größen wo die Eigenwellenlänge benutzt wurde, z.B, Eigenfrequenz, Eigenschwingungsperiode, etc.

Das ganze bezieht sich auf S. 15 des „Global Scaling Kompendium (v2.0)“, das beim GS-Institut herunterladbar ist (PDF-Direktlink1).

Wobei ich anmerken möchte, dass eine Änderung des Zahlenwertes des „Eichmaßes“ (Eigenfrequenz etc.) das ganze fraktale Gebilde nur verschiebt, ohne dass sich die Abstände der einzelnen untersuchten Messwerte/Daten ändern – schließlich ist ln ( f / fp ), eine Berechnung in der GS-Analyse, in der jeder Mess-/Datenwert f erst durch das vorab gewählte „Eichmaß“, hier fp, die „Eigenfrequenz“, dividiert wird, dasselbe wie ln ( f ) – ln ( fp ).

Dadurch landen natürlich ggf. andere Daten in den für GS wichtigen Knotenpunkten (und deren „Numerierung“ ändert sich), aber wenn die Daten mit der einen Knotenpunkt-Position eine logarithmische Regelmäßigkeit aufweisen, dann tun sie’s prinzipiell auch mit anderen Positionen – es würden nur andere Daten „wichtig“.

Intel ist GS-kompatibel?

Schauen wir uns folgendes Beispiel aus dem Kompendium (S. 21) über CPU-Taktfrequenzen an:

Analyse-Beispiel: Taktfrequenzen von Mikroprozessoren

GS-CPU-Grafik

Für diese GS-Analyse wird das Protonen-Eichmaß fp = 1,425486…⋅1024 Hz verwendet. Die Taktfrequenzen 16 MHz, 75 MHz, 333 MHz und 1400 MHz sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Protonenresonanz-Frequenzen. Gut zu erkennen ist die logarithmische Skaleninvarianz der Taktfrequenzen, bei denen ein Modellwechsel der Prozessoren stattfindet. Grundlegend neue Konzeptionen in der Prozessor-Architektur entstehen in Knoten des Protonenresonanz-Spektrums.

Schaut ja erstmal ganz nett regelmäßig aus, oder? Tja, aber ein paar Problemchen gibt’s dann doch:

Was an der GS-Analyse nicht stimmt

  • Die „Knoten“-Frequenzen (weiße Mitten der roten (Knoten) und blauen Bereiche (Subknoten)) liegen nicht wirklich exakt bei den angegebenen 4, 16, 75, 333, 1400 und 6600 MHz, sondern (gemäß e k ⋅ fp für die Knotennummern k = −39 etc.) bei 3,67 MHz, 16,46 MHz, 73,8 MHz, 330,6 MHz, 1481,8 MHz(!) und 6641,2 MHz. Verständlich, wenn sie diese zu den tatsächlichen CPU-Frequenzen hin „runden“ wollen, aber die Aussage, dass 16, 75, 333 und 1400 MHz „mit hoher Wahrscheinlichkeit Protonenresonanz-Frequenzen“ sind, wird dann erst recht unsinnig.
  • Die 8086/8088-Chips beginnen bei 4,77 MHz, für den größten Teil des ersten blauen Bereichs (eigentlich −42+3/2, falsch mit −36+3/2 beschriftet) gibt’s also gar nichts.2
  • Es gab keinen Pentium mit 50 MHz, die entspr. Angabe im zweiten blauen Bereich stimmt also nicht.
  • Der Pentium Pro wird komplett ignoriert – dabei ist er der eigentliche Modellwechsel nach dem Pentium, der die Grundlage für Pentium II und III (und weiter modifiziert auch für Pentium M und den ersten „Core“) bildet. Er läge mit 150-200 MHz nicht in einem Knoten/Subknoten, sondern dazwischen – im Widerspruch zur GS-Behauptung über „grundlegend neue Konzeptionen“.
  • Bei diversen Prozessoren passt die angegebene Mitte (in den Knoten oder den grünen Zwischenbereichen) mal besser zu den Taktfrequenzen, die Intel bei der Erstveröffentlichung angeboten hatte (bzw. an den Anfang der Frequenzen) , und mal besser zu später verkauften schnelleren Modellen; die Wahl scheint willkürlich zu sein.
  • Pentium 4 ragt mit bis zu 3,8 GHz de facto weit über seinen blauen Bereich hinaus – und es gibt noch keine neuere CPU, die diese Taktfrequenz erreicht hätte! Insbesondere lägen manche Cores links vom kleinsten Pentium 4.

Nun, vielleicht hat GS ja beim Doppelkern-Prozessor Core Duo die Frequenz doppelt gewertet? Dabei gibt’s folgende Probleme:

  • Es geht GS explizit um die Taktfrequenzen – es wäre also höchst unpassend, Mehrkerne mehrfach zu zählen, denn auch aus zwei Kernen mit z.B. 2 GHz wird keine 4-GHz-Taktfrequenz.
  • Es gibt auch keinen Core Duo (oder Core 2 Duo) mit 1900 MHz, der die genannten 3800 MHz ergäbe.
  • Die Einzelkerne Core Solo dürften auch dann nicht ignoriert werden, und die würden eben wieder viel zu weit links liegen.
  • Quad-Cores erweitern, entsprechend mit 4 multipliziert, die Frquenzbereiche noch mehr, was dann umso lächerlicher wird, weil sie dann schon von einem „(Sub-)Knoten“ in den nächsten reichen.

Um das ganze zu veranschaulichen, hab ich ein eigenes Diagramm mit den tatsächlichen Taktfrequenzbereichen erstellt (anklicken für eine breitere Version):

Intel-CPU-Frequenzen

Horizontale Balken: Frequenzbereiche:
orange: neue Prozessor-Architektur
gelb: eher kleinere Änderungen
weiß/grau: verdoppelte bis vervierfachte Werte bei Dual- und Quad-Cores
kräftig: Frequenzen bei Erstveröffentlichung (ganz blass nach unten fortgesetzt)
blass: Frequenzbereich insgesamt
Die Namen stehen links von den zugehörigen Balken; von GS ausgelassene CPUs haben graue Namen.

Senkrechte Linien:
blau: die von GS genannten Knoten und Subknoten
rosa: die eigentlich errechneten

Unten sind noch mal die von GS genannten Frequenzen markiert.

Die Daten stammen aus der (v.a. engl.) Wikipedia, aus Intel-Spezifikationen und von sandpile.org.

Der Core i7 ist recht neu, daher gibt’s noch wenige Modelle; Core i5 und i3 sollen z.T. im selben Bereich oder darunter erscheinen sowie teils als Single- und Dual-Core – dann würde der weiß/graue Balken deutlich breiter…

Verwendet AMD andere Protonen?

Warum nur Intel? Tja, während Intel-CPUs sich noch wie oben halbwegs ins GS-Schema pressen lassen, müsste man bei AMD zwischen 75 und 1400 MHz „sinnvollerweise“ zwei statt einen Zwischenknoten einlegen (bei der K6- und K7-Erstveröffentlichung), und das geht wohl nicht mit dem ach so fundamentalen e3/2-Faktor zwischen den Knoten, der als einziger im ganzen GS-Kompendium verwendet wird… Und man müsste nach dem K8 aufhören oder Mehrkern-Klimmzüge unternehmen. Hier mein Diagramm dazu:

AMD-CPU-Frequenzen
(Erstveröffentlichungsfrequenzen bei Am286/386 unbekannt)

Fazit zu den CPUs

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass GS hier wohl zu Zeiten, in denen der Pentium 4 jung war, die Prozessor-Frequenzen grob in ihr logarithmisches Schema gepresst haben und später noch mehr Probleme mit dem Core hatten – immer nach dem Motto „Hauptsache es kommt etwas irgendwie Passendes raus“, auch wenn Daten inkonsequent gewählt oder ausgelassen werden.

„Das fundamentale Zeitfraktal“

Auch wenn es gewissermaßen nur ein Exkurs ist, da es nicht mit den CPUs, dem Hauptthema des Artikels, zu tun hat, möchte ich hierzu noch ein paar Worte verlieren. Es geht um angebliche „wichtige Wendepunkte“ im menschlichen (und tierischen) Leben: 7 und 33 Tage nach Befruchtung der Eizelle, im 5. Monat – und dann nochmal von vorne 7 und 33 Tage nach der Geburt, im Alter von ca. 5 Monaten, 2, 8 und 37 Jahren (genauer berechnet: 22,2 Monaten, 8,3 und 37,2 Jahren), wenn „wesentliche physiologische Veränderungen im Leben eines Menschen oder Tieres“ stattfänden.

A.F. hat schon auf die Beliebigkeit der Auswahl hingewiesen – etwa ob die Geburt unwichtig sei –, ich möchte ergänzen:

  • Laut Wikipedia nistet sich die Eizelle nicht nach 7, sondern nach 5-6 Tagen in der Gebärmutter ein (bzw. beginnt damit).
  • Die Pubertät – im Alter von 10-18 bei Mädchen und 12-20 bei Jungen (in unseren Breiten) – wäre also offenbar auch unwichtig und ohne „wesentliche physiologische Veränderungen“…
  • Wenn man sich vor Augen führt, wie enorm unterschiedlich die einzelnen Tierarten sind, sollte man auch sehen, wie enorm unsinnig der Versuch von GS ist, ihnen dieses angeblich allgemeingültige, „fundamentale Zeitfraktal“ überzustülpen..

Gesamtfazit

Meiner Meinung nach drängt sich dieser Schluss auf: Global Scaling ist keine wissenschaftliche Theorie bzw. Forschung, die Zusammenhänge in Natur und Technik entdeckt und berechnet, sondern pseudowissenschaftliche, numerologieähnliche Zahlenspielerei, die ihre Phantasien hinterher hineininterpretiert oder von vorneherein passende Daten sucht und Unpassendes gerne mal ignoriert – wobei die ganzen Protonen-Eigenschaften nur verwendet werden, um dem ganzen willkürlichen Gebäude scheinbar3 eine physikalische Grundlage zu geben.

Und da soll die angebliche GS-Verschlüsselung oder -Datenkommunikation (vor der auch FINANZtest gewarnt hatte) so funktionieren wie behauptet?

 


Linktips (*=schon oben verlinkt):

  1. auch wenn der Dateiname eine andere Version andeutet []
  2. Zumindest nicht in der x86-Welt; davor hatte der 8080 2 MHz, sein Vorgänger 8008 0,5 bis 0,8 MHz, was sogar fast zum nächsten „Knoten“ bei 0,82 MHz passen würde. Schade aber für den 8080, der „allgemein als erster vollwertiger Mikroprozessor angesehen“ wird, er ist offenbar eher unbedeutend – wenn man GS glauben will… []
  3. ich erinnere an dieser Stelle mal daran, dass „scheinbar“ (im Gegensatz zu „anscheinend“) bedeutet: „sieht nur so aus, trifft aber in Wirklichkeit nicht zu“ []