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Atheismus oder Anti-Wissenschaft

Ein „planvolles Lottospiel“?

Lotto-Spielschein Bei meinem ersten Artikel über „Lottovorhersagen“ hatte kürzlich jemand mit gewissermaßen offizieller E-Mail-Adresse eines Lotto-Totostrategen-Forums kommentiert, und in einem Thread dort hat ein Admin mit den Worten „Hier wird über uns getuschelt“ auf ebendiesem Artikel (bzw. die Kommentare dazu) hingewiesen.1

Ein Thomas meinte dann ein paar Tage später in, sagen wir, eigenwilligem Satzbau:

wer einmal begriffen hat dass sich planvolles Lotto Spiel auf die 2 Hauptpfeiler:

1. die U/G Verteilungen:
4/2 und 2/4 und 3/3 — insgesammt in 81,9 % aller Ziehungen 6 aus 49 seit 1955 auftreten !

2. das Auftreten von Endziffer Paaren !

abstützt.

und alle 49 Zahlen in sein systematisches Spiel einbezieht !

kann sich das Beschäftigen mit weiteren Kommentaren, die immer und immer wieder vorgetragen werden (aber überwiegend völlig banal sind) ersparen !!!

(Dass er außerdem meinte, ich „verstecke“ mich auf meinem eigenen Blog hinter meinem Pseudonym, will ich hier gar nicht weiter thematisieren…)2

Nun geht’s in meinem Artikel, der im Forum verlinkt ist, um die Global-Scaling-„Vorhersage“, deren Haupteigenschaft ein gewisser Mindestabstand zwischen den Zahlen ist (damit es mehr „Beinahetreffer“ (±1 und ±2) gibt, die man den Kunden als „gut“ suggerieren kann, auch wenn sie keine praktische Bedeutung haben) – das entspricht offenbar nicht dem, was sich Thomas unter „planvollem Spiel“ vorstellt. (Wahrscheinlich mag er dann auch Stefano G.s Methode nicht, die sich auf einstellige Zahlen und dabei vor allem die 1 versteift.)

Dass man alle 49 Zahlen ins Spiel einbeziehen sollte, liegt irgendwie schon in der Natur des 6-aus-49-Lottos; wär doch blöd, wenn man etwa die 12 und die 1 weglässt, weil das der Geburtstag der Exfrau ist, oder alle Primzahlen, weil einem die zu mathematisch sind, und deswegen nicht gewinnt…

Und dass Gläubige – wozu ich auch die Lotto­vorher­berechen­woller zähle – „banale“ Kommentare, die auf die Unmöglichkeit ihres Tuns hinweisen, als „Blaa Blaa“ abtun und nicht hören wollen, kann ich gut verstehen, aber ich lege ihnen dennoch nahe, die Situation einmal ordentlich zu überdenken, vielleicht sind sie doch noch nicht komplett lernresistent…

Wenn wir für einen Moment mal ignorieren, dass die Vergangenheit bei einem Zufalls­experiment wie den Lottoziehungen ohnehin keine Rolle spielt, dass man Lottozahlen also weder vorhersagen noch vorherberechnen kann – und jedes Ziehungs­ergebnis stets gleich wahrscheinlich ist (1 2 3 4 5 6 etwa ist genauso wahrscheinlich wie 3 12 13 16 23 41, nämlich 1 : 13.983.816) – und die Statistik hier höchstens dazu geeignet ist, schöne Prozentzahlen zu produzieren (und Zeit zu verschwenden), aber keinesfalls zur Vorhersage (da sind ja die angeblichen Einflüsse jenes Astrologen noch aussichtsreicher…) – wie wahrscheinlich sind die Verteilungen, die Thomas und seine Forumskollegen ausnutzen wollen, denn tatsächlich? Sind die 81,9% wirklich etwas Besonderes? Und hat das überhaupt eine Bedeutung?

Liegt der Irrtum der Strategen nun darin, dass (1) bestimmte Eigenschaften der gezogenen Kugeln vermeintlich deutlich von den rechnerischen Wahrscheinlichkeiten abweichen, oder dass es (2) von Vorteil wäre, Zahlen zu tippen, die zu größeren Gruppen (wie denen mit ungefähr gleich viel geraden und ungeraden Zahlen) gehören? Da diese Frage anhand des Zitats nicht zu entscheiden ist (und sicherlich beide Irrtümer ihre Anhänger haben), betrachten wir beide Fälle.

1a. Ungerade/Gerade

Lotto-Ziehungsgerät Ich versuche mich hier an einer ausführlicheren Erklärung auch für die, die mit Mathematik weniger am Hut haben (wie meine Mutter zum Beispiel ;) ):

Bei jeder der sechs gezogenen Kugeln gibt’s natürlich zwei Möglich­keiten: gerade oder ungerade. Wir ziehen der Einfachheit halber erstmal nur zwei Kugeln – und es sollte offensichtlich sein, dass diese entweder ungerade–ungerade, ungerade–gerade, gerade–ungerade oder gerade–gerade sein können, dass es also vier mögliche Ziehungsergebnisse gibt (auch wenn wir diese später z.T. zusammenfassen). Zu Beginn sind 25 ungerade Kugeln (1,3,5,…,49) und 24 gerade (2,4,…,48) im Ziehungsgerät. Schauen wir’s uns im Detail an:

Möglichkeit A: die erste Kugel ist ungerade – da es eine beliebige der 25 von den 49 Kugeln sein kann, ist die Wahrscheinlichkeit hierfür natürlich 25/49 oder ca. 51,0%.
A1: Die zweite Kugel ist auch ungerade – mit einer Wahrscheinlichkeit von 24/48 (50%) für diese Ziehung, da eben noch 24 von den verbleibenden 48 Kugeln ungerade sind. Die Wahrscheinlichkeit insgesamt für die Folge ungerade–ungerade ist das Produkt: 25/49*24/48 ≈ 25,5%.
A2: Die zweite Kugel ist gerade – auch 24/48, da ja noch alle 24 geraden Kugeln drin waren, also auch 25/49*24/48 ≈ 25,5% für ungerade–gerade.

Möglichkeit B: die erste Kugel ist gerade – hier gilt analog 24/49 ≈ 49,0%.
B1: die zweite Kugel ist ungerade: 25/48 ≈ 52,1%, also 24/49*25/48 ≈ 25,5% für gerade–ungerade.
B2: die zweite Kugel ist gerade: 23/48 ≈ 47,9%, also 24/49*23/48 ≈ 23,5% für gerade–gerade.

Da uns die Reihenfolge egal ist, da wir also ungerade–gerade und gerade–ungerade nicht zu unterscheiden brauchen, addieren wir die Werte und erhalten dann insgesamt für zwei gezogene Kugeln:

beide ungerade: 25,5%
eine ungerade, eine gerade: 51,0%
beide gerade: 23,5%

Das können wir jetzt mit der dritten, vierten, fünften und sechsten Kugel weiterführen und erhalten am Ende 64 (26) verschiedene Ziehungsfolgen von 6x gerade bis 6x ungerade und ihre jeweiligen Wahrscheinlichkeiten – wer will, kann sie sich hier komplett anschauen (Klick). ▼

Addieren wir nun wieder die gleichbedeutenden Kombinationsmöglichkeiten, erhalten wir die Werte in der folgenden Tabelle – die ich auch gleich um die Analyse der tatsächlich gezogenen Zahlen (in gold) aus allen 4970 Ziehungen von 1955 (dem Beginn des deutschen Lottos) bis einschließlich 3.6.2009 (das war der Stand der Daten, die ich für diese Analyse verwendet hatte) ergänzt habe:

Theorie Analyse
ungerade gerade verschiedene
Möglichkeiten
Wahrschein­lichkeit erwartete
Ziehungen
Ziehungen Prozent
0 6 1 0.963% 48 54 1.087%
1 5 6 7.599% 378 375 7.545%
2 4 15 22.796% 1133 1087 21.871%
3 3 20 33.290% 1655 1661 33.421%
4 2 15 24.967% 1241 1320 26.559%
5 1 6 9.119% 453 421 8.471%
6 0 1 1.266% 63 52 1.046%
Zusammengefasst:
2/4 oder 3/3 oder 4/2 50 81.054% 4028 4068 81.851%
alle anderen 14 18.946% 942 902 18.149%

Wir sehen also:

Die Abweichung der tatsächlichen 81,85% von den theoretischen 81,05% ist so gering, dass man sie nun wirklich nicht ernsthaft signifikant nennen kann! (p = 0.1522 im χ²-Test, wer’s genau wissen will.) Die Ziehungen sind also noch klar im Rahmen des Zufalls – und etwas anderes war ja auch nicht zu erwarten.

1b. Endziffergruppen

Da ich nicht weiß, was genau der Stratege bei „Auftreten von Endziffer Paaren“ betrachtet, nehme ich die größte Gruppe gleicher Endziffern pro Ziehung (bei z.B. 4 12 14 16 24 42 wäre das 3, bei 17 18 21 35 36 43 hingegen 1, da keine gleichen Endziffern auftreten).

Dies geht im Prinzip genauso wie oben, nur dass es eben 10 Möglichkeiten pro gezogener Kugel gibt, wodurch es insgesamt 999936 verschiedene mögliche Folgen gibt – eine Million (106) abzüglich der unmöglichen, denn die Endziffern 1 bis 9 sind nur je 5x vorrätig (1,11,21,31,41 etc.) und die 0 nur 4x (10,20,30,40). Es ergibt sich diese Tabelle, wiederum mit der Analyse der 4970 Ziehungen seit 1955 (in gold) ergänzt:

Theorie Analyse
max. Gruppe verschiedene
Möglichkeiten
Wahrschein­lichkeit erwartete
Ziehungen
Ziehungen Prozent
1 151200 20.649% 1026 1022 20.563%
2 691200 70.135% 3486 3486 70.141%
3 144900 8.901% 442 447 8.994%
4 12150 0.312% 15 15 0.302%
5 486 0.003% 0 0 0.000%
Zusammengefasst:
2 bis 5 848736 79.351% 3944 3948 79.437%

Wir sehen hier: Die Abweichung von den erwarteten Werten ist noch deutlich geringer als oben bei ungerade/gerade, für eine „Vorhersage“ wären diese Endzifferngruppen also noch weniger geeignet. (p = 0.9203(!) im χ²-Test.)

2. Große Gruppen

Lotto-Zahlentafel (Zentrale) Nun haben wir im Beispiel ungerade/gerade eine große Gruppe mit 2/4, 3/3 und 4/2 ungeraden/geraden Zahlen, die mit 81,05% deutlich wahrscheinlicher ist als die anderen Kombinationen – doch was bringt es uns, beim Tippen auf solche Gruppen zu achten?

Nichts, denn: Zwar ist es natürlich wahrscheinlicher, dass die gezogenen Zahlen in dieser großen Gruppe liegen, doch ob man eine von 11.334.400 (81,05%) der 13.983.816 möglichen Tippreihen tippt, von denen mit 81,05% Wahrscheinlichkeit eine gezogen wird, oder eine der restlichen 2.649.416 (18,95%), von denen mit 18,95% Wahrscheinlichkeit eine gezogen wird, macht einfach keinen Unterschied, es kommt im Endeffekt dasselbe raus.

Vielleicht ist es beim Würfeln anschaulicher: Offensichtlich ist es viel wahrscheinlicher, dass ein Wurf mit einem (idealen) Würfel in der Gruppe der Zahlen 1 bis 5 landet, als dass die 6 geworfen wird. Würde jemand so eine „Gruppenwette“ (zu gleichen Bedingungen hinsichtlich Einsatz und Gewinn) anbieten, würde man natürlich die Gruppe von 1 bis 5 wählen – nur gibt es verständ­licher­weise keine solchen Anbieter. Und bei einer Wettmöglichkeit auf nur eine Zahl (bzw. im Lotto: eine Tippreihe) ist es wiederum piepegal, ob es da eine Gruppe von 1 bis 5 gibt oder nicht – zumal so eine Gruppeneinteilung auch vollkommen willkürlich ist –, jede Augenzahl ist gleich wahrscheinlich.

Die gezogenen Zahlen interessiert es eben nicht, ob sie in die eine oder andere Gruppe fallen – was für einen Gewinn entscheidend ist, ist, dass man sie getippt hat, und da die Wahrscheinlichkeit für jede einzelne der knapp 14 Millionen Kombinationen nunmal exakt dieselbe ist, kann man sich die Gruppenrechnerei sparen. (Und das Spielen selbst eigentlich auch…)

Fazit

Lottofee Die Ergebnisse in Teil 1a und 1b verwundern natürlich nicht, denn – wie gesagt – bei einem reinen Zufalls­experiment, wie es die Lotto­ziehung nunmal ist, kann man mit Statistik nichts vorhersagen, denn die Wahr­schein­lich­keiten für die nächste Ziehung werden eben nicht von der Vergangen­heit beeinflusst, jedes Ziehungs­ergebnis ist stets gleich wahr­schein­lich – und, wie in Teil 2 erläutert, eine Gruppen­zugehörigkeit anhand irgendwelcher Eigen­schaften ist irrelevant, denn eine wegen ihrer Größe wahrscheinlichere Gruppe macht einzelne Treffer auch nicht wahrscheinlicher.

Die Kugeln haben eben kein Gedächntnis – wie sollten sie auch? –, da helfen weder ach so schlaue „planvolle Systeme“ noch lächelnde Lottofeen noch gedächtnisfördernde Medizin. ;)

 

Siehe auch:

PS: Sollte jemand Rechenfehler finden, darf er gerne Bescheid sagen.
PPS: Nein, dies ist keine Werbung für Glücksspiel, und ich hab auch nichts mit den Lottogesellschaften zu tun.


Fotos: Lotto Baden-Württemberg (Presseseite)

  1. Allzu viele interessierte Forenmitglieder gab’s wohl nicht, wenn ich meine Referrer-Statistik so anschaue… []
  2. Außerdem meint Administrator Norbert dazu: „Gute Antwort – Der Kandidat erhält 10 Punkte“. Tja, selbst in Relation zu den sprichwörtlichen 99 Punkten finde ich das noch etwas viel… []

Projekt 52/21: Emotionen

Das Thema der Woche bei Saris Projekt 52 ist „Emotionen“…

21: Emotions

Thema 21: Emotionen

Hier ist wohl eine etwas längere Erklärung nötig: Es gibt da so Realitätsleugner, die nicht nur glauben, Wasser könne Informationen speichern1, sondern würde auch auf Gedanken und Emotionen reagieren – dass etwa der Gedanke bei der Abfüllung, beschriftete Etiketten auf dem Glas oder die Beschallung mit verschiedenen Musikstilen die Struktur, die „Belebtheit“ des Wassers verändern würden, wobei „Belebtheit“ natürlich eine eigene Definition ohne Realitätsbezug ist; nichtsdestotrotz gibt es Pseudo-/Parawissenschaftler – allen voran der Japaner mit dem passenden Namen Masaru Emoto –, die etwa mit dem Herauspicken und Interpretieren von gefälligen Kristallbildchen ebendies „bewiesen“ haben wollen.

Was natürlich gerne von Anbietern gleichermaßen placebohafter „Wasserbelebungsgeräte“ als eine werbetaugliche Grundlage verwendet wird – wie bei dem hier in der Region immer wieder werbenden, über den ich vor einem Jahr geschrieben habe; Auszüge:

James Randi hat das schon 2003 kommentiert (2. Abschnitt), dort sind auch ausgesuchte(!) Kristall-Bildchen zu sehen. Zitat Randi:

Well, if that didn’t convince you that Dr. Emoto might not have both oars in the water, try this, a quotation from him in answer to his thoughts on what the crystals are: „I came to the realization that these crystals are spirits.“ Okay. Where’s the door….?

Zitat von ZEIT Online, „Kann Wasser denken?“ (Hervorhebung von mir):

Doch wer fragt schon nach Wissenschaft, wenn Emoto sein Glaubensbekenntnis ablegt: „Die Wassermoleküle ließen mich tief verstehen, dass erst, wenn Dankbarkeit doppelt vorhanden ist (H2), die Liebe (O) eine aktive Form annehmen und wirken kann.“

Was soll man dazu noch sagen? :blossnicht:

Dass solch ein Unfug bei mir nicht gerade positive Emotionen hervorruft, mag man sich denken; selbst dieses Glas Wasser – mit sich zufällig ergebenden augenähnlichen Blasen (natürlich nachträglich leicht eingefärbt) – schaut angesichts solcher Ideen sehr missmutig drein…

Edit: Vorsichtshalber hab ich den ursprünglich vorhandenen vogelzeigenden Finger wieder entfernt – nicht dass sich jemand so beleidigt fühlt, dass er zum Anwalt rennt…


  1. der möchtegernwissenschaftlichere Teil der Homöopathen etwa beruft sich gern darauf []

Grafik, Links und Videos der Woche (2009/21)

zensursula1
(von Pantoffelpunk via Cashy) Weitersagen. Weitergeben. Verstehen. Benutzen der Grafik ist ausdrücklich erlaubt.

Und den Fernsehbeitrag von ZAPP „Heftige Proteste gegen Sperrungen im Internet“ hat wahrscheinlich auch schon jeder gesehen:

Weiter zum Rest der Links und Videos:

Geheimes Gewünschel

spicken Ein Kommentarspammer hat etwas beworben, das mit dieser Einleitung beginnt:

What enabled Barack Obama to do what was never done before? To do what some said was impossible? To break all the odds and become the first African-American President and the most powerful man in the world?

Was auch immer im Detail eine Rolle gespielt haben mag – eines war es sicher nicht, und zwar das, was dort als ebook, also als Buch in elektronischer Form angeboten wird: The Law of Attraction. Und wie jene ehemalige Fernsehproduzentin ihre Kunden mit dem leider sehr erfolgreichen „The Secret“ auf Basis ebendieses Bullshit1-„Gesetzes“ verarscht, nennt diese Anbieterin – dem Twitter-Namen zufolge heißt sie Jennifer Anders – ihren Kram passenderweise „TheObamaSecret“. Schauen wir uns mal an, was sie so schreibt:

Exclusive Offer!
For Your Eyes Only!
Never Before Revealed Information!

Das hätte von mir aus auch so bleiben können. Hoffentlich stimmt das „exklusiv“, dann wird man sonst davon verschont – allerdings wirkt das Angebot wie ein allgemeineres, bei dem nur nachträglich Obamas Namen am Anfang und am Ende ergänzt wurden.

1:48 PM Monday Afternoon

Dear Friend,

Seltsame Zeit-/Datumsangabe in einer briefähnlichen Anrede – und nein, ich bin kein Freund von Esozeug-Spammern!

What would you say if I told you that there was a way to achieve anything that you had ever wanted from life just by using the power hidden within the depths of your own mind? What if I said that I could teach you how to overcome all of your inhibitions and fears and use the laws of nature to draw success to you rather than you running after it? What would you say if I said that everything that had occurred to you in your life prior to today was entirely the result of your thoughts and actions, and everything that happens to you from here on out is entirely in your hands?

What would you say if I told you that I could teach you the secret handed down from the greatest minds of all time, reaffirmed by the spiritual leaders throughout history, and that with this information you could change your very destiny?

Die Antwort gibt sie gleich selbst:

You would probably tell me that I’m crazy, that I’ve been watching far too much late night television and that I should get myself to a therapist as soon as possible.

Du hast’s erfasst!

But what if it was the truth?

Tja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär (oder „if“, in diesem Fall)… wenn der Hund nicht geschissen hätte, hätte er den Hasen erwischt, wie mein Opa zu sagen pflegte. Nur, meine liebe Jennifer oder wie du auch heißt, etwas wird nicht einfach dadurch wahr, dass möglichst viele Leute daran glauben, schon gar nicht, wenn die einzig sinnvolle Methode, zu einer einigermaßen objektiven Wahrheit zu gelangen – die Wissenschaft – gänzlich anderer Ansicht ist. Und das ist sie, egal was du schreiben magst:

[…] Sound too good to be true? I know that it sounds like the kind of thing that science fiction novels are made of, but hear me out. This is an example of the power of the mind firmly rooted in scientific fact. The laws of physics applied to the metaphysical to create the perfect blend of fact and idea. A universal law finally discovered and brought into play for the men and women of earth, applying to everyone, regardless of their age, gender or race, and carrying with it guaranteed results!

Die einzige Tatsache hier ist, dass du entweder lügst oder strohdumm bist, wenn du den Quatsch als wissenschaftlich begründet bezeichnest. Da ändert es auch nichts, das ganze als „Gesetz“ zu bezeichnen – dessen Erfíndung übrigens schon etliche Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte zurückliegt und mitnichten neu ist.

Und garantierte Ergebnisse? Pah! Doch nur unter der Voraussetzung, dass man stark genug wünscht und richtig denkt, dass ihr Geheimnisvertuer also (wie diverse Geistheiler auch) immer eine nette Ausrede parat habt, die nebenbei auch ganz schön menschenverachtend werden kann, wenn es um erlittenes Leid geht – wie auch weiter unten im Text anklingt:

So much suffering could be averted if the people involved only knew the power they have hidden within their own minds!

Muss ich noch extra erwähnen, dass das auch bei schweren Krankheiten gefährlich werden kann, wenn jemand sich aufs Wünschen (oder sonstige Placebomedizin) verlässt und auf eine richtige Behandlung verzichtet?

funny-pictures-beaver-cant-hear-you Aber was kann man von solchen Wunschverhökerern auch anderes erwarten? Auch wenn’s um die vermeintliche Wahrheit geht, will man Gegenstimmen einfach immer ignorieren:

I know this sounds a little hard to believe right now, but it’s the truth, it’s always been the truth and it will always be the truth, no matter how many people try to poke holes in it.

Tja, kommen wir nun zur Sache, nämlich zum Geld:

I don’t want this knowledge to fall back into the hands of the already wealthy and successful just because they are the only ones that can afford it, which is why I’m offering it to you at a price much lower than anything you are going to find from my competitors.

Ooooh, wie nobel von dir! Und sogar mit 90-Tage-Geld-zurück-Garantie. Hoffentlich hagelt’s dann keine Klagen von deinen Konkurrenten, falls du etwas zu viel abgeschrieben haben solltest.

Und man kann wählen, ob einem das Zeug 9 oder 14 Dollar wert ist:

Because some cannot afford $14, I am offering this ebook also for $9. This is one of the ways I am using the Law of Attraction to be more like President Obama and to help make this world a better place. […]
Take advantage of this once in a lifetime opportunity to learn what President Barack Obama knows. You’ll never regret it.

Und wieder wird Obamas Name missbraucht. Hoffentlich schickt der den Wünschelwichteln gleich mal Jack Bauer auf den Hals!

Bei den Preisen ist es jedenfalls kein Wunder, dass man auf Spam-Kommentare zurückgreifen muss – andere Wunschverschacherer können sich da schon Google-Anzeigen leisten, etwa eine Dame, die so viel Geld wohl schon beim telefonischen Bestellvorgang für ihren Krimskrams einnimmt, doch davon mehr in einigen Tagen…


Links zum Thema:


Fotos: sonfire/sxcicanhascheezburger

  1. im philosophischen Sinn nach Harry Frankfurt, siehe Wikipedia []

Diese verdammten Atheisten!

betend Diese Atheisten sind doch an allem Schlimmen schuld!

Aber Gott sei Dank gibt’s die christlichen Kirchenfürsten wie den Augsburger Bischof und deutschen Militärbischof Walter Mixa!

Sie nehmen Stellung gegen Kindesmissbrauch durch einzelne Geistliche (sobald die Medien hinreichend darauf aufmerksam geworden sind, denn dann kommt das bevorzugte Unter-den-Teppich-Kehren schlecht), speziell Mixa segnet die Waffen der Bundeswehrsoldaten, um den Frieden zu fördern (oder warum auch immer) und, um nur ein paar Dinge zu nennen, er würdigt die Opfer und die Verfolgten des Dritten Reiches.

Äh, er würdigt sie herab, indem er sie etwa der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche gegen­über­stellt oder aktuell ausgerechnet die Christen als „besonders verfolgt“ herausstellt, und schiebt dem „praktizierten Atheismus“ in seiner Osterpredigt mal eben die Ursache für „die gottlosen Regime des Nationalsozialismus und des Kommunismus mit ihren Straflagern, ihrer Geheimpolizei und ihren Massenmorden“ in die Schuhe. Als ob das eine – Atheismus – mit dem anderen – Massenmorde etc. – zu tun hätte bzw. es gar verursachte – mit derselben „Argumentation“ und mit derselben Recht­fertigung könnte man doch ebenso den christlichen Glauben (ebenso fälschlicherweise) als Ursache für Massenmorde heranziehen.

„Ohne christlichen Glauben gebe es dauerhaft keine wahre Menschlichkeit“? „Wer dem Menschen den Glauben an Gott nehme, raube ihm das Wichtigste im Leben“? Lieber Herr Mixa, wenn Ihnen Ihr Glaube samt seiner Hoffnung auf ein himmlisches Jenseits wichtiger ist als das Leben und die Bedürfnisse der Menschen selbst und die vielzitierte (angeblich christliche) Nächstenliebe, dann wundert es mich nicht, wenn Sie auch anderweitig so himmelhoch abgehoben realitätsfern und die menschliche Natur und den Verstand verachtend daherreden.

Nicht zuletzt solch ein Unsinn ist ein wichtiger Grund, denke ich, warum viele Atheisten nicht einsehen, sich weiter zu verkriechen, sondern u.a. Buskampagnen starten:
motivc_31b
Dass die Hirten dabei Angst haben, dass sich gerade der ohnehin nicht allzu fest gebundene Teil ihrer Schäfchen ihres Verstandes bewusst wird und noch weiter verringert, ist natürlich verständlich…

Apropos realitätsfern: Das kann der Oberhirte in Rom natürlich auch, der in seiner Osterbotschaft u.a. die Auferstehung als „geschichtliche Realität“ bezeichnet. Lieber Herr Ratzinger, Realität entsteht nicht dadurch, dass möglichst viele Menschen an etwas glauben, sondern Realität ist im Gegenteil das, was ist. Das, was man so objektiv wie möglich untersuchen und überprüfen kann. Das, was auch rationalem und kritischem Denken standhält. Das, was übrig bleibt, wenn man den individuellen, subjektiven Glauben weglässt.

Und unter diesen Gesichtspunkten ist Ihr Auferstehungsglaube eben genau das, was Sie ihm in Ihrer Osterbotschaft in Abrede stellen wollen: ein Mythos, ein Traum, ein Märchen. Nur ein mitunter äußerst vehement vertretenes.


Wie auch andere Blogger kommentieren: deltabloc zu Mixas Atheismus-Anschuldigungen:

Wie viel Weihrauch muss jemand inhaliert haben, um so viel unwissenschaftlichen und falschen Bullshit zu verzapfen?

Dr. No auf Leben. Universum. Rest.:

„Eine Gesellschaft ohne Gott ist die Hölle auf Erden.“ Das ist natürlich vollkommener Quark: Ohne Gott gibt es schließlich auch keine Hölle. So what? Eine Gesellschaft ohne Gott würde in erster Linie keine alten, sexuell verklemmten und den lieben langen Tag vor sich hin delirierenden Männer mit Vorliebe für tuntige Kleidung dafür bezahlen, dass sie von einem gasförmigen Wesen halluzinieren, dass alle Ungläubigen bestrafen werde. In einer Gesellschaft ohne Gott würden sie für sowas vermutlich in psychologische Behandlung kommen.

Duckhome:

Es sind Leute wie Ratzinger die gerne tief zurück ins geistige Mittelalter wollen um ihre Machtgelüste leichter ausleben zu können und weniger Angst vor der Wahrheit der Aufklärung haben zu müssen. […]
Wenn Erwachsene an Mixas und Ratzingers Blödsinn glauben wollen, so sollen sie das tun. Auch wenn aus deren Mund keine Wahrheit und schon gar keine Weisheit kommt. Es ist ihre freie Entscheidung. Aber wenigstens die Kinder müssen wir vor solchen Leuten schützen.


Ergänzung: Spiegel Online über Reaktionen: „Ostereklat: Bischof Mixas Atheisten-Predigt empört Nichtgläubige“


Foto: criswatk/sxc

  1. Zitat von Michael Ley, „Apokalyptische Bewegungen in der Moderne“ (1997) nach Michael Schmidt-Salomons Anmerkungen zur Kriminalgeschichte des Atheismus []