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Verbraucher

„Diese Entdeckung hat den Nobelpreis verdient!“

Alfred Nobel

Diese Entdeckung hat den Nobelpreis verdient!
Ab heute werden Fachbücher neu geschrieben…
Die erste Erlebensversicherung der Welt!

Was würdet ihr von einer ganzseitigen Werbeanzeige – gefunden in der Bäckerblume1 46/2009, beworben wird „NattoCalcin“ von Dr. Hittich® Gesundheits-Produkte aus den Niederlanden (mit zusätzlicher deutscher Postfachadresse) – halten, die mit den ersten beiden Sprüchen über der eigentlichen Überschrift „Ein Mittel aus der Apotheke der Natur bringt die Sensation für gesunde Arterien und Knochen!“ und mit dem dritten als hervorgehobene Zwischenüberschrift im Text wirbt? Wo würdet ihr sie auf einer Seriositätsskala von 0 bis 10 einordnen?

Wahrscheinlich – hoffentlich!, angesichts solcher absurd vollmundiger Versprechen – ungefähr da, wo die Verbraucherzentrale Hessen die Werbung derselben Firma für ein anderes Produkt („Dr. Hittich Blasen-Kraft“) angesiedelt und erfolgreich als irreführend abgemahnt hatte – in der Pressemeldung (PDF) vom 9.11.2009 heißt es u.a.:

„Wir haben den Firmeninhaber Dr. Hittich schon seit langem wegen irreführender Werbung für Nahrungsergänzungsmittel im Visier“, so Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen. „Auch die Internetwerbung für viele seiner selbsternannten Wundermittel ist offenkundig unlauter.“ Da der Vertreiber nicht in Deutschland sitzt, ist er rechtlich nur schwer zu belangen, umso erfreulicher ist daher die erfolgreiche Abmahnung.

Da wird’s wohl nichts mit dem Nobelpreis – auch ohne dass Alfred Nobel (Bild oben) lange nachdenkt. Und auch für den Ignobelpreis ist dieser saubere Herr Dr. wohl zu banal und gewöhnlich… da können die noch so viel für ihre angeblichen Wundermittel (bei denen es mich sehr wundern würde, wenn außer dem Hersteller irgendjemand wirklich davon profitiert) werben und die Kunden mit Werbepost überschwemmen, wovor zumindest bei wer-weiss-was jemand vor 3 1/2 Jahren gewarnt hat.

 

(Nachtrag:) EsoWatch über Dr. Hittich Gesundheitsmittel

 

Und bitte auch die Kommentare unten beachten.

  1. eine kostenlose bei einigen Bäckereien ausliegende Kundenzeitschrift – die Anzeige war leider auf der Rückseite, auf der sonst Rätsel und Witze sind, die eigentlich den Hauptgrund dafür darstellen, dass ich dieses Heftchen überhaupt mitnehme… []

„Seir-Ennoc“ – Maria Esmeralda macht Mist

Daumen runter Es gibt wieder etwas Neues zu dieser angeblichen Wahrsagerin mit Postfach-Adresse in Buchs (Schweiz), die den Leuten Quasi-Versprechungen von Gewinnen macht, um ihnen das Geld für die richtigen „Hilfsmittel“ oder „Rituale“ aus der Tasche zu ziehen. „bist57“ meinte gestern in einem Kommentar u.a.:

heute der 4.brief. […] „der schlüssel zum lottogewinn“… eine ausführliche – unvollständige -fragwürdige einführung in das geheimnis des „SEIR – ENNOC“ vorgangs ( kannt das jemand, dieses neuerlich geheimnis ?) , mittels dessen man eine 97,5 %ige chance hat, den betrag von € 450.000,- zu gewinnen..

Nun hab ich den Brief nicht selber vorliegen (wenn „bist57“ oder sonstwer ihn einscannen und mir mailen kann, wäre das nett1), aber es gab schon ein paar Leute, die nach „Seir-Ennoc“, „Seir-Ennoc-Verfahren“ etc. suchten (und zunächst nur auf anderen Beiträgen landeten, die gestern Abend oder heute zufälligerweise von Google aktualisiert wurden und diesen Begriff nur rechts unter „Neueste Kommentare“ enthielten; mittlerweile liefert Google aber auch den Beitrag mit bist57s Kommentar).

Was bedeutet dieser Begriff nun? Er scheint neu zu sein, denn andere brauchbare Erklärungen findet man im Netz nicht – abgesehen davon, dass Seir (getrennt gesprochen: „se-ir“) auch ein Name aus der Bibel, ein Gebirge und ein Dämon ist und Ennoc dem biblischen Namen Enoch/Henoch ähnelt2, was auch eine gute Gelegenheit bietet, um einen mystisch klingenden Namen zu erfinden. Er sah mir aber gleich rückwärts geschrieben aus – manche Namen von Fantasy-Figuren entstehen ja auch so –, und da es kaum um Sean Connery und Familie gehen dürfte, offenbarte ein kurzer Blick ins Leo-Wörterbuch Französisch3 folgendes:

conneries f. pl. [fam.] der Schrott
dire des conneries [pop.] Stuss reden [fam.]
faire des conneries [pop.] Mist (machen|bauen) [fam.]
faire des conneries [pop.] Scheiße bauen [vulg.] [pop.]
Tu dis des conneries. Du quatschst Unsinn.
Ne dis pas de conneries! Erzähl keinen Quatsch!
Ne fais pas de conneries! Mach keinen Mist!
außerdem:
Google-Übersetzer: Bullshit
Babelfish: Dummheiten

Wie passend! :lol3:

Meine Spekulation: Maria Esmeralda (oder wer auch immer hinter dieser Dame steckt) wollte/musste sich einen neuen, mystischen Namen für ein nicht existierendes Ritual ausdenken und hat sich ein Späßchen gemacht – und gehofft, niemand würde diesen Namen und seine Bedeutung hinterfragen…

Überhaupt: Wie kommt diese Dame darauf, ausgerechnet von einer „97,5%-igen Chance“ zu reden und wieso gerade „450.000 €“? (Ob sie jedem dieselben Zahlen nennt?) Eine angebliche hohe Wahrscheinlichkeit, die nur völlig beliebig gewählt worden sein kann – denn wer wird ernsthaft glauben, sie hätte da etwas genau berechnet, wo sie doch schon am Kalender scheitert und nach Geburtsdatum und Sternzeichen fragt? – und das so, dass sie gleichzeitig Exaktheit vortäuscht und ein Schlupfloch bietet, wenn’s halt doch nicht klappt mit dem Gewinn.

Und auch die Summe von 450.000€ (ca. 680.000 CHF) soll wohl suggerieren, dass irgendwas dahinter sein soll, dass die Summe irgendwo in den Sternen, im Kaffeesatz, in den Ritualen oder meinetwegen in der Form der Ausscheidungen der Bodensee-Möwen auf ihrer Yacht steht, weil sie nicht pauschal etwa von einer halben Million spricht.

Conneries par excellence.

 

:arrow: Fazit: Finger weg! Vergesst den teuren Kram von dieser Möchtegern-„Wahrsagerin“ – da kommt nichts Vernünftiges dabei raus, das ist nur Geldverschwendung! Und sie lacht sich ins Fäustchen, wie viele ihr doch Geld schicken – jetzt umso mehr…
Kein Wahrsager kann Lotterie- oder sonstige Gewinne vorhersagen oder gar beeinflussen, und einer mit solchen Methoden der „Kundenbindung“ verdient nicht mal ein kleines bisschen Vertrauen.

Siehe auch:

  1. einen früheren hab ich schon, über den ich noch nicht geschrieben habe – naja, kommt auch irgendwann… []
  2. und eben hab ich noch einen simplen Beispiel-Cartoon auf einer Cartoon-Erstellungs-Community gefunden []
  3. wir erinnern uns: in dem Video auf ihrer Homepage spricht die Dame ebenfalls französisch []

Maria Esmeralda, 3 Münzen und eine Homepage

Daumen runter Wir erinnern uns an die angebliche „Wahrsagerin“ Maria Esmeralda, die u.a. zum Jahreswechsel in Zeitschriftenanzeigen die Wirtschaftskrise dazu missbraucht hat, Gratispröbchen ihres Unsinns an den Mann zu bringen, um natürlich in der Folge kostenpflichtige „wichtige“ Angebote zu unterbreiten – mit dem Kalender nahm sie’s damals schon nicht allzu genau, wie ich in „Maria Esmeralda und die wilde 13“ dargelegt habe.

Es folgten auch etliche Kommentare – vielen Dank nochmal dafür –, in denen Leute von den Briefen und Angeboten Maria Esmeraldas berichteten, wo diese etwa ganz „individuell“ von jedem Kunden geträumt haben und schweiß­gebadet um 3 Uhr aufgewacht sein will u.a.m. und wo auch das aktuelle Angebot von drei „Glücksmünzen“ erwähnt wird.

Ebendiese Glücksmünzen bietet Madame nun auch auf ihrer eigenen Homepage www.mariaesmeralda.com1 an – eine bei einem Schweizer Hoster betriebene deutschsprachige Homepage ohne Impressum, aber mit einem Video, in dem sie nur französisch spricht; ich vermute, sie sagt auch nichts anderes als im Text steht – mag das jemand, der Französisch kann, bestätigen oder ergänzen?

Diese 3 Münzen aus China werden es Ihnen ermöglichen, sich Ihre 3 dringendsten finanziellen Wünsche zu erfüllen.

Das behauptet sie jedenfalls im Titel der Website. Im Text beschreibt sie, wie sie sie von taoistischen Meistern aus Vietnam – wo sie angeblich geboren wurde – mitgebracht habe. 1500 Stück, um genau zu sein, von denen sie noch 1134 für den Versand übrig habe. Und gratis dazu soll es Feng-Shui-Rituale – für die andere (siehe Kommentare ab hier) „völlig kostenlos“ noch 25€ bezahlen sollen – geben:

sie wurden mir ebenfalls von diesen großen Meistern offenbart und sind eine wahre Wunderwaffe, um Ihre finanziellen Wünsche sehr rasch zu verwirklichen

Um es hier zwischendurch klar zu sagen:

:!: Es gibt keine Wunscherfüller und Glücksbringer; reproduzierbare Belege dafür fehlen durch die Bank. Alles, was es gibt, sind mögliche psychologische Effekte, sofern man an eine Wirkung glaubt – das mag z.B. in einer Prüfung hilfreich sein, bleibt aber ohne Wirkung auf das, worauf man keinen Einfluss hat, einen Lotteriegewinn etwa.

Zurück zu ihrer Homepage: Registriert wurde die Domain anscheinend am 10.7. über das „Private Domain Registration“-Angebot des großen Anbieters Network Solutions, bei dem die Kommunikation nur über Network Solutions läuft und keine eigene Adresse in den Whois-Daten steht. Aber eines steht überraschenderweise doch drin, nämlich ein Firmenname im Admin- und Tech-Kontakt2 (nicht aber im eigentlichen Registrant-Eintrag):
admin-tech

Ist also diese „Euromail AG“ der eigentliche Betreiber der ganzen Maria-Esmeralda-Masche oder einfach der Versand- und Internet-Dienstleister für die „Wahrsagerin“? Oder ist es nur ein Datenbankfehler? Für die Dienstleister-Variante spricht jedenfalls, dass der Firmenname nur im Admin- und Tech-Kontakt steht.

Google findet unter diesem Namen (neben einem dubiosen Geld-für-Mail-Angebot unter einer .ag.vu-Adresse, das wohl nichts mit diesem Thema zu tun hat) einen Schweizer Shop mit Sitz in Bischofszell südlich des Bodensees – übrigens nur rund 40 Kilometer Luftlinie von Buchs entfernt, wo das in o.a. Anzeigen genannte Postfach von Maria Esmeralda ist – unter www.euromailshop.com (und www.euromail-shop.eu, das dorthin weiterleitet) sowie die Firmendaten dazu.

Der Shop bietet einige wenige Angebote zum Thema Gesundheit, Abnehmen und Schönheit, die bei mir den Eindruck eines typischen Billig-Teleshopping-Angebots u.a. mit angeblichen „Wunder­mittelchen“ hinterlassen, an deren Wirksamkeit ich gewisse Zweifel habe, ergänzt um Restposten-Gadgets: Bauch-Weg-Trainer, Fernglas, farbwechselnde LED-Kerze, Haar-Entferner, Magnet-Bandagen (im Google-Cache), Schlankheits-Gel, „Slimming Sandals“ (ohne nähere Beschreibung) und Metall-Sohlen:

Unsere Sohle ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Wunder-Metall. Millionen von Menschen sind von dessen wohltuender Wirkung fest überzeugt. Wir haben unzählige Dankes-Schreiben von Kunden, die dank unserer Sohle heute wieder beneidenswert fit, munter und überglücklich sind.

Ebenso wird (gegen Registrierung) ein Buch als kostenloses PDF angeboten: „Das Geheimnis eines langen Lebens ohne Krankheiten“, das irgendwie auf Antarktis-Krill basieren soll.

Ich denke, zu so einem Shop würde auch eine „Wahrsagerin“ passen. Ein Beweis für irgendetwas ist das natürlich nicht. Wer aus Unzufriedenheit o.ä. rechtliche Schritte gegen Maria Esmeralda unternehmen will, kann diesen Shop oder den Hoster (nicht als Schuldige, sondern als Informations­quellen) ja mal seinem Anwalt nennen, vielleicht führt es weiter als die Postfach­adresse…

Wie ist das ganze überhaupt rechtlich zu bewerten? Der Ausruf „Betrug!“ mag manchem auf den Lippen liegen, doch ist das rechtlich tatsächlich der Fall? Ich tendiere zu dieser Ansicht, aber die endgültige Klärung wäre Sache eines Gerichts…

Vage esoterische Versprechungen – oder eben nicht direkt Versprechungen, sondern Andeutungen – machen sehr viele Wahrsager, Medien, Astrologen, Geistheiler etc., und viele davon mögen durchaus auch in gutem Glauben handeln, weil sie selbst von ihren Fähigkeiten überzeugt sind; das Gegenteil muss ihnen erstmal bewiesen werden, sofern sie vorsichtig genug sind mit ihren Behauptungen.

Sicher liegt aber die Annahme durchaus nahe, dass es nicht der Wahrheit entspricht, wenn Maria Esmeralda vielen Kunden praktisch dasselbe schreibt, sie hätte speziell von ihr/ihm geträumt, geschwitzt oder visioniert; und auch das „Ködern“ mit Gratis-Angeboten, die doch wieder kosten­pflichtige Angebote nach sich ziehen, die erst die richtige „Wirkung“ des Gratis-Krimskrams oder einen anderen, größeren Nutzen ermöglichten, hinterlässt bei mir nun wirklich keinen Eindruck von Seriosität, sondern eher von dreister Abzocke.3

Gerade dann, wenn sie an leichtgläubige finanziell notleidende Menschen gerät, die nach jedem Strohhalm greifen mögen – und solche gibt es bestimmt –, finde ich es besonders abscheulich.

:arrow: Fazit: Finger weg! Vergesst den teuren Kram von dieser Möchtegern-„Wahrsagerin“, die angeblich von jedem geträumt haben will – da kommt nichts Vernünftiges dabei raus, das ist nur Geldverschwendung!
Und sie lacht sich ins Fäustchen, wie viele ihr doch Geld schicken…

 

Siehe auch:

  1. Update 1.3.2017: die Domain wird seit einiger Zeit zum Verkauf angeboten – stilecht für knapp 10000 $… []
  2. Allerdings nicht bei Abruf über Network Solutions‘ Website, sondern über andere Dienste wie Domain Dossier bei CentralOps.net oder Whois.de, die Network Solutions dann über das WHOIS-Protokoll befragen. Seltsam… []
  3. Da ist es schon richtig harmlos, wenn die Adressdaten an andere, ähnlich gelagerte Anbieter weiterverscherbelt werden. []

Links und Video der Woche (2009/14)

Links und Video der Woche (2009/9)