Der Mond macht, was er will…

Mondkalender …doch weiß er auch genau, was er überhaupt will? Der Mondkalender 2010, auf dessen Februar-Aussagen ich hier eingehen will, weckt daran doch gewisse Zweifel. Oder sollte es doch nur daran liegen, dass der Kalender einfach Haushaltstips mit beliebigen, sinnfreien astrologischen Aussagen verknüpft? Explizite Aussagen dazu verkneife ich mir natürlich lieber, denn trotz:

„Zu fürchten sind, die nicht sagen, was sie denken, und die nicht denken, was sie sagen.“
(Paul Valéry)

…gibt es zu fürchtende Leute, die das bestrafen würden, und die haben Jura studiert…

Sind Schützeimpulse logisch?

Ein Tip gleich zu Monatsbeginn rät: „Im Beruf sollten Sie sich Aufgaben widmen, die logisches Denken erfordern.“ Aber Achtung: Nehmen Sie dazu keinen Mondkalender oder sonstiges Astrologiewerk, das ist nicht kompatibel mit logischem Denken! Dieser Zusatz fehlt leider… Dafür gibt’s anscheinend einen Feuerpfeil-Fan:

Der Schützeimpuls begünstigt alle Arbeiten, die mit Wärme zusammenhängen: Bügeln, Kochen oder Backen.

Hoffentlich übertreibt’s der Impuls nicht – sommerliche Hitze brauchen wir im Februar noch nicht.

Quizfrage: Was haben Wäschefärben, Getreideeinweichen und Aquariumsäubern gemein? Es sind anscheinend die einzigen Putz- und Bügelarbeiten – ja, wirklich! –, die an einem bestimmten Tag gut von der Hand gehen sollen:

Heute ist ein guter Tag, um Wäsche zu färben, Getreide einzuweichen und ein Aquarium zu säubern. Andere Putz- und Bügelarbeiten dürften heute jedoch eher schwerfallen.

Man lernt nie aus! Auch nicht, wenn’s drum geht, eine Offensichtlichkeit mit einem Wörtchen wie „derzeit“ eher lächerlich zu machen:

Der Mondstand eignet sich heute ausgezeichnet zum Düngen. Für Zimmerpflanzen gilt, dass man sie derzeit lieber nicht zu viel gießen sollte, da die Gefahr besteht, dass die Wurzeln ertrinken.

Denn wann gilt denn nicht: zu viel gießen ⇒ Gefahr, dass die Wurzeln ertrinken?

Weil der Mond abnimmt, passt die Analogie „natürlich“ auch auf den Körper:

Die Hüften und das Becken stehen jetzt unter dem Einfluss des abnehmenden Mondes, daher wirkt sich Gymnastik besonders positiv aus.

Wieso bringt eigentlich kein Mondkalender die Analogie, dass es eine Rolle spielt, von welcher Seite der Körper von der Sonne angestrahlt wird – wie der Mond? Etwa so: Vermeiden Sie, die Sonne links von sich stehen zu haben, denn dann sehen Sie von vorne wie ein zunehmender Mond aus, und Ihre Diät wird scheitern.

Gemeine Fische!

Wenn an einem Dienstag dieser Gesundheitstip gegeben wird:

Jetzt sollten Ihre Füße verstärkt auf Ihrem Pflegeprogramm stehen. Vermeiden Sie lange Fußmärsche und Wanderungen. Am Samstag können Sie Schuhe kaufen, die nie Druckstellen verursachen.

…kann das doch nur heißen, dass der Autor etwas durcheinandergeraten ist und evtl. einen Wochenendtext von einem früheren Jahr zu unaufmerksam übernommen hat. Aber, ach, wer aus der Zielgruppe achtet schon so genau darauf, ob das, was da steht, schon so genau passt…

Der Grund für das Hauptthema Füße an diesen paar Tagen ist natürlich:

Die Fische verursachen oft schmerzende Füße.

Die sind wohl neidisch, weil sie selber keine Füße haben, hm? Schämen sollen sie sich!

Leider lässt es sich der Kalender auch diesen Monat nicht nehmen, auch mal zum Verschieben von Operationen zu raten. So heißt es an einem Wochenende (das hier immer Freitag bis Sonntag enthält):

Da der Stier den Hals-, Rachen- und unteren Kopfbereich regiert, sollten Sie heute keine Termine für einen Zahnarztbesuch oder Kieferoperationen ausmachen. Warten Sie damit bis kommende Woche.

Nun denke ich bei „Stier“ eher an die Hörner, also eher den oberen Kopfbereich – aber, ach, ich denke schon wieder zu logisch für sowas. Zumal der Kalender am darauffolgenden Mittwoch für die Krebstage meint:

Legen Sie Operations- und Zahnarzttermine nicht auf heute oder morgen.

Na immerhin bleiben noch ein paar Tage. Leute, hört lieber auf euren Arzt, ob die Operation dringend ist oder nicht, und nicht auf haltlose, realitätsferne Mondmystik.

Seelische Verdauungsprobleme

Ich liebe diese Analogien! Diesmal nicht zwischen Mondphase oder Tierkreiszeichen, sondern zwischen den Bereichen:

Der Jungfraumond bringt mitunter Verdauungsprobleme wie Verstopfung oder Durchfall mit sich. Auf seelischer Ebene führt er zu Schwierigkeiten im Bereich des Gebens und des Nehmens.

Und wenn der Jungfraumond aus eurer Seele schließlich einen Darm gemacht hat – oder umgekehrt –, dann denkt dran:

„Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“
(2. Korinther 9,7)

Und ein Guru oder Esoteriklehrer – der eher selten Probleme mit dem Nehmen haben dürfte – sicher auch. Denn wenn er viele zahlende Schüler hat, dreht er diesen Spruch sicher gerne um:

„Reich ist, wer zufrieden ist.“
(Aus Frankreich)

 


PS: Für die noch nicht ganz dem Mond-Aberglauben anheim Gefallenen seien noch ein paar kritische Links ergänzt:

Lebensgleitmittel

Are you looking for something in our Groceries department? If so, you might be interested in these items. - 8 types of Personal Lubricant

Was überrascht einen mehr – dass Amazon.com Gleitmittel offenbar in der Lebensmittelabteilung führt, oder dass sie glauben, jemand, der sich dort umsieht, könnte sich für Gleitmittel – noch dazu in Mehrfach-Paketen – interessieren? Ich meine, sicher gibt’s, ähm, geeignet geformte Lebensmittel1, aber … … …

Zugegeben, die Oberkategorie heißt „Grocery, Health and Beauty“ und die Unterkategorie „Health & Personal Care“, dennoch ist es eine interessante Kombination, die Amazon vielleicht etwas überarbeiten sollte. :D

(Warum sie mir das überhaupt anbieten? Das müsste mit einem dieser Amazon-Witze „Kunden, die dieses gekauft haben, kauften auch jenes“ vor einiger Zeit zusammenhängen. ← Ausrede muss sein.)

  1. wie es heißt, sollen sie aber trotzdem nicht wirklich geeignet sein, also nicht gleich ausprobieren… ↺

Ermittlungen gegen zyprische Global-Scaling-Vermarkter

Meine Stammleser erinnern sich vielleicht noch an die angeblichen Lottovorhersage einer Pseudowissenschaft namens Global Scaling, die mit fundamentalen Fraktalen und Protonen­resonanzen quasi die ganze Welt erklären will – was ihr bei Prozessoren (und anderen Dingen) nicht mal mit radosophischer Rosinenpickerei so recht gelingt, wie ich letztes Jahr dargelegt habe – und zu der es eine in Nordzypern ansässige Firma gibt, die Anleger für eine Verschlüsselungs­technologie gesucht hatte.

Wie mir nun zugetragen wurde (danke!), wird nun gegen diese Firma, die GSDI Cyprus Ltd., ermittelt – wie auf der Seite der Kanzlei Lippke gemeldet wird:

Jetzt bangen die Anleger um ihr Geld. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Dresden wird im Zusammenhang mit der GSDI Cyprus Ltd. ein umfangreiches Ermittlungsverfahren geführt. Nach vorliegenden Informationen hat die Staatsanwaltschaft Dresden dabei Konten der ebenfalls in Nord-Zypern ansässigen Yesilada-Bank gepfändet.

(Kurze Hinweise für Anleger, die ihr Geld zurück wollen, gibt’s dort auch.) Die Hauptwebsite, die für die Anlegerwerbung benutzt wurde, www.morint.com, ist seit kurzem anscheinend nicht mehr erreichbar. Zudem ist die Website www.protosafe-security.com der Verschlüsselungsprodukte namens ProtoSafe derzeit „under construction“ – muss natürlich nicht viel bedeuten…

Das deutsche Global-Scaling-Institut wiederum, das sich mit den Schwerpunkten Ausbildung, Forschung, Projekten, Dienstleistungen und Programmen präsentiert – die „Lottoprognose“ wird nicht mehr so auffällig präsentiert wie noch vor ein paar Jahren, ist aber noch da und aktiv –, gibt in einem aktuellen „Rundbrief an betroffene Anleger“1 an, sie hätten nur „die Entwickung der Technologie bis 2007 konsultativ begleitet“ und nicht gewusst, wie viel Geld GSDI seitdem bekommen hätte. Weiter schreiben sie:

Seit mehr als einem Jahr wurde uns jegliche Möglichkeit und jegliche Versuche, mehr über die technischen Details von ProtoSafe oder Secureball zu erfahren, seitens der GSDI unterbunden. Hätten wir gewusst, dass schon seitens der Gläubiger enorm viel Geld investiert wurde, hätten wir uns auf jeden Fall in die Sache eingemischt um die Menschen zu warnen.
[…]
Wir haben vor, gegen die Firma, die Investoren gelockt hat, wegen Missbrauchs des Global Scaling Namens rechtlich vorzugehen. Gleichzeitig wäre es geschickt, wenn alle Anleger und Investoren per Gericht die Rückzahlung der Gelder einfordern.

Man gibt sich nun also ganz unwissend und nobel. Ob das mit dem Namensmissbrauch klappen kann, obwohl das GS-Institut ja früher begleitend dabei war? Keine Ahnung. Den folgenden Vorschlag finde ich dann schon sehr dreist:

Wir unsererseits greifen den Anlegern unter die Arme mit folgendem Vorschlag: Gelder, die für die Entwicklung der Global Scaling Technologien investiert worden sind, nach Rückholung in die gemeinnützige Global Scaling Stiftung einzuzahlen, die bei einer deutschen Bank angelegt und unter Aufsicht der oberbayerischen Stiftungsbehörde verwaltet werden.

Die GS Stiftung unterstützt zentral zahlreiche Projekte, die Global Scaling als Idee in sich tragen. Dabei sind die Themenbereiche so optimal gewählt, dass sie durch die Streuung ein riesiges Markt-Potential haben. Durch die Art der Innovationen, Umweltfreundlichkeit, Gesundheitsförderung etc. sind nach unseren Einschätzungen und nach Einschätzungen führender Branchen-Spezialisten hohe Erträge bei diesen Projekten zu erwarten.

Die von GSDI Cyprus geprellten Anleger sollen also nun weiter in GS investieren?? ’tschuldigung, aber auch wenn eine deutsche Stiftung ein Fortschritt gegenüber obskuren ausländischen Firmen ist, hoffe ich doch, die Anleger werden klüger und werden GS ganz den Rücken kehren – die, vorsichtig ausgedrückt, wissenschaftlich obskuren, unsinnigen Grundlagen bleiben schließlich dieselben, und das mit angeblich hohen Ertragsmöglichkeiten sollte auch irgendwie vertraut vorkommen…

Wie ehrlich ist das GS-Institut hier überhaupt hinsichtlich ihrer GSDI-Cyprus-Nichtbeteiligung? Nun, ich maße mir da kein Urteil an, das wird im Zweifelsfall die Staatsanwaltschaft zu klären haben; aber es gibt da ein Youtube-Video (das ich vorerst nicht verlinke), in dem auch ein „Prof. Müller“ als Fragenbeantworter einer ProtoSafe-Pressekonferenz angekündigt wird – im Juni 2009. Und wenn es sich dabei um den Instituts­geschäftsführer Hartmut Müller handeln sollte…

 

Update 19.2.: Das GS-Institut schrieb vor einigen Tagen (in m.E. ziemlich eingebildeter und fast schon unfreiwillig komischer Weise) über Ergebnisse der Anleger-Versammlung und „Warnung vor falschen Investitionen“2, was Florian Freistetter heute trefflich kommentiert hat.

Update 15.3.: Eine Meldung über den Anlagebetrugsvorwurf beim Finanznachrichtendienst GoMoPa vom 9.3.2010 mit ein paar Details (leider nicht in voller Länge frei verfügbar).
Update 4.5.: Den kompletten Text (4 weitere Absätze) gibt’s jetzt bei bei konsumer.info.

Update 11.2.12: Urteile im Betrugsprozess

  1. www.global-scaling-institute.de/74-0-Aktuelle-Investitionen.html archiviert bei WebCite® am 3.2.2010 ↺
  2. www.global-scaling-institute.de/75-0-GSDI-Affaere-aktuell.html archiviert bei WebCite® am 19.2.2010 ↺