Global Scaling und die CPUs

Florian Freistetter schrieb auf Astrodicticum Simplex schon vor einem Jahr einen kritischen Artikel über die Grundlagen von Global Scaling (GS) – einer „Theorie“, die quasi die ganze Welt mit logarithmischen Skaleninvarianzen auf Basis von grundlegenden Eigenschaften von Protonen erklären will (und sich dabei auch vergeblich an Lottoprognosen versucht, worüber ich 2007 geschrieben habe) –, und kürzlich hat „A.F.“ dort in seinem Kommentar (lesen!) etliche Details untersucht und u.a. Fehler in der Grundlage aufgedeckt:

Die Gleichung für die Eigenwellenlänge ist falsch, er muss [statt der Ruhemasse] den Impuls einsetzen, und zwar 3 mal 10 hoch -18 kg m/s, um auf seine gewünschte Wellenlänge zu kommen. Nun muss er begründen wieso ausgerechnet dieser Impuls, den[n] er ist viel zu hoch. Wenn er was erfindet, dann, wieso er die Boltzmann Verteilung unterschlägt, sie sagt aus dass alle Geschwindigkeiten vorkommen und somit Impulse und somit Eigenwellenlängen. Das Gleiche gilt für alle Größen wo die Eigenwellenlänge benutzt wurde, z.B, Eigenfrequenz, Eigenschwingungsperiode, etc.

Das ganze bezieht sich auf S. 15 des „Global Scaling Kompendium (v2.0)“, das beim GS-Institut herunterladbar ist (PDF-Direktlink1).

Wobei ich anmerken möchte, dass eine Änderung des Zahlenwertes des „Eichmaßes“ (Eigenfrequenz etc.) das ganze fraktale Gebilde nur verschiebt, ohne dass sich die Abstände der einzelnen untersuchten Messwerte/Daten ändern – schließlich ist ln ( f / fp ), eine Berechnung in der GS-Analyse, in der jeder Mess-/Datenwert f erst durch das vorab gewählte „Eichmaß“, hier fp, die „Eigenfrequenz“, dividiert wird, dasselbe wie ln ( f ) – ln ( fp ).

Dadurch landen natürlich ggf. andere Daten in den für GS wichtigen Knotenpunkten (und deren „Numerierung“ ändert sich), aber wenn die Daten mit der einen Knotenpunkt-Position eine logarithmische Regelmäßigkeit aufweisen, dann tun sie’s prinzipiell auch mit anderen Positionen – es würden nur andere Daten „wichtig“.

Intel ist GS-kompatibel?

Schauen wir uns folgendes Beispiel aus dem Kompendium (S. 21) über CPU-Taktfrequenzen an:

Analyse-Beispiel: Taktfrequenzen von Mikroprozessoren

GS-CPU-Grafik

Für diese GS-Analyse wird das Protonen-Eichmaß fp = 1,425486…⋅1024 Hz verwendet. Die Taktfrequenzen 16 MHz, 75 MHz, 333 MHz und 1400 MHz sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Protonenresonanz-Frequenzen. Gut zu erkennen ist die logarithmische Skaleninvarianz der Taktfrequenzen, bei denen ein Modellwechsel der Prozessoren stattfindet. Grundlegend neue Konzeptionen in der Prozessor-Architektur entstehen in Knoten des Protonenresonanz-Spektrums.

Schaut ja erstmal ganz nett regelmäßig aus, oder? Tja, aber ein paar Problemchen gibt’s dann doch:

Was an der GS-Analyse nicht stimmt

  • Die „Knoten“-Frequenzen (weiße Mitten der roten (Knoten) und blauen Bereiche (Subknoten)) liegen nicht wirklich exakt bei den angegebenen 4, 16, 75, 333, 1400 und 6600 MHz, sondern (gemäß e k ⋅ fp für die Knotennummern k = −39 etc.) bei 3,67 MHz, 16,46 MHz, 73,8 MHz, 330,6 MHz, 1481,8 MHz(!) und 6641,2 MHz. Verständlich, wenn sie diese zu den tatsächlichen CPU-Frequenzen hin „runden“ wollen, aber die Aussage, dass 16, 75, 333 und 1400 MHz „mit hoher Wahrscheinlichkeit Protonenresonanz-Frequenzen“ sind, wird dann erst recht unsinnig.
  • Die 8086/8088-Chips beginnen bei 4,77 MHz, für den größten Teil des ersten blauen Bereichs (eigentlich −42+3/2, falsch mit −36+3/2 beschriftet) gibt’s also gar nichts.2
  • Es gab keinen Pentium mit 50 MHz, die entspr. Angabe im zweiten blauen Bereich stimmt also nicht.
  • Der Pentium Pro wird komplett ignoriert – dabei ist er der eigentliche Modellwechsel nach dem Pentium, der die Grundlage für Pentium II und III (und weiter modifiziert auch für Pentium M und den ersten „Core“) bildet. Er läge mit 150-200 MHz nicht in einem Knoten/Subknoten, sondern dazwischen – im Widerspruch zur GS-Behauptung über „grundlegend neue Konzeptionen“.
  • Bei diversen Prozessoren passt die angegebene Mitte (in den Knoten oder den grünen Zwischenbereichen) mal besser zu den Taktfrequenzen, die Intel bei der Erstveröffentlichung angeboten hatte (bzw. an den Anfang der Frequenzen) , und mal besser zu später verkauften schnelleren Modellen; die Wahl scheint willkürlich zu sein.
  • Pentium 4 ragt mit bis zu 3,8 GHz de facto weit über seinen blauen Bereich hinaus – und es gibt noch keine neuere CPU, die diese Taktfrequenz erreicht hätte! Insbesondere lägen manche Cores links vom kleinsten Pentium 4.

Nun, vielleicht hat GS ja beim Doppelkern-Prozessor Core Duo die Frequenz doppelt gewertet? Dabei gibt’s folgende Probleme:

  • Es geht GS explizit um die Taktfrequenzen – es wäre also höchst unpassend, Mehrkerne mehrfach zu zählen, denn auch aus zwei Kernen mit z.B. 2 GHz wird keine 4-GHz-Taktfrequenz.
  • Es gibt auch keinen Core Duo (oder Core 2 Duo) mit 1900 MHz, der die genannten 3800 MHz ergäbe.
  • Die Einzelkerne Core Solo dürften auch dann nicht ignoriert werden, und die würden eben wieder viel zu weit links liegen.
  • Quad-Cores erweitern, entsprechend mit 4 multipliziert, die Frquenzbereiche noch mehr, was dann umso lächerlicher wird, weil sie dann schon von einem „(Sub-)Knoten“ in den nächsten reichen.

Um das ganze zu veranschaulichen, hab ich ein eigenes Diagramm mit den tatsächlichen Taktfrequenzbereichen erstellt (anklicken für eine breitere Version):

Intel-CPU-Frequenzen

Horizontale Balken: Frequenzbereiche:
orange: neue Prozessor-Architektur
gelb: eher kleinere Änderungen
weiß/grau: verdoppelte bis vervierfachte Werte bei Dual- und Quad-Cores
kräftig: Frequenzen bei Erstveröffentlichung (ganz blass nach unten fortgesetzt)
blass: Frequenzbereich insgesamt
Die Namen stehen links von den zugehörigen Balken; von GS ausgelassene CPUs haben graue Namen.

Senkrechte Linien:
blau: die von GS genannten Knoten und Subknoten
rosa: die eigentlich errechneten

Unten sind noch mal die von GS genannten Frequenzen markiert.

Die Daten stammen aus der (v.a. engl.) Wikipedia, aus Intel-Spezifikationen und von sandpile.org.

Der Core i7 ist recht neu, daher gibt’s noch wenige Modelle; Core i5 und i3 sollen z.T. im selben Bereich oder darunter erscheinen sowie teils als Single- und Dual-Core – dann würde der weiß/graue Balken deutlich breiter…

Verwendet AMD andere Protonen?

Warum nur Intel? Tja, während Intel-CPUs sich noch wie oben halbwegs ins GS-Schema pressen lassen, müsste man bei AMD zwischen 75 und 1400 MHz „sinnvollerweise“ zwei statt einen Zwischenknoten einlegen (bei der K6- und K7-Erstveröffentlichung), und das geht wohl nicht mit dem ach so fundamentalen e3/2-Faktor zwischen den Knoten, der als einziger im ganzen GS-Kompendium verwendet wird… Und man müsste nach dem K8 aufhören oder Mehrkern-Klimmzüge unternehmen. Hier mein Diagramm dazu:

AMD-CPU-Frequenzen
(Erstveröffentlichungsfrequenzen bei Am286/386 unbekannt)

Fazit zu den CPUs

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass GS hier wohl zu Zeiten, in denen der Pentium 4 jung war, die Prozessor-Frequenzen grob in ihr logarithmisches Schema gepresst haben und später noch mehr Probleme mit dem Core hatten – immer nach dem Motto „Hauptsache es kommt etwas irgendwie Passendes raus“, auch wenn Daten inkonsequent gewählt oder ausgelassen werden.

„Das fundamentale Zeitfraktal“

Auch wenn es gewissermaßen nur ein Exkurs ist, da es nicht mit den CPUs, dem Hauptthema des Artikels, zu tun hat, möchte ich hierzu noch ein paar Worte verlieren. Es geht um angebliche „wichtige Wendepunkte“ im menschlichen (und tierischen) Leben: 7 und 33 Tage nach Befruchtung der Eizelle, im 5. Monat – und dann nochmal von vorne 7 und 33 Tage nach der Geburt, im Alter von ca. 5 Monaten, 2, 8 und 37 Jahren (genauer berechnet: 22,2 Monaten, 8,3 und 37,2 Jahren), wenn „wesentliche physiologische Veränderungen im Leben eines Menschen oder Tieres“ stattfänden.

A.F. hat schon auf die Beliebigkeit der Auswahl hingewiesen – etwa ob die Geburt unwichtig sei –, ich möchte ergänzen:

  • Laut Wikipedia nistet sich die Eizelle nicht nach 7, sondern nach 5-6 Tagen in der Gebärmutter ein (bzw. beginnt damit).
  • Die Pubertät – im Alter von 10-18 bei Mädchen und 12-20 bei Jungen (in unseren Breiten) – wäre also offenbar auch unwichtig und ohne „wesentliche physiologische Veränderungen“…
  • Wenn man sich vor Augen führt, wie enorm unterschiedlich die einzelnen Tierarten sind, sollte man auch sehen, wie enorm unsinnig der Versuch von GS ist, ihnen dieses angeblich allgemeingültige, „fundamentale Zeitfraktal“ überzustülpen..

Gesamtfazit

Meiner Meinung nach drängt sich dieser Schluss auf: Global Scaling ist keine wissenschaftliche Theorie bzw. Forschung, die Zusammenhänge in Natur und Technik entdeckt und berechnet, sondern pseudowissenschaftliche, numerologieähnliche Zahlenspielerei, die ihre Phantasien hinterher hineininterpretiert oder von vorneherein passende Daten sucht und Unpassendes gerne mal ignoriert – wobei die ganzen Protonen-Eigenschaften nur verwendet werden, um dem ganzen willkürlichen Gebäude scheinbar3 eine physikalische Grundlage zu geben.

Und da soll die angebliche GS-Verschlüsselung oder -Datenkommunikation (vor der auch FINANZtest gewarnt hatte) so funktionieren wie behauptet?

 


Linktips (*=schon oben verlinkt):

  1. auch wenn der Dateiname eine andere Version andeutet []
  2. Zumindest nicht in der x86-Welt; davor hatte der 8080 2 MHz, sein Vorgänger 8008 0,5 bis 0,8 MHz, was sogar fast zum nächsten „Knoten“ bei 0,82 MHz passen würde. Schade aber für den 8080, der „allgemein als erster vollwertiger Mikroprozessor angesehen“ wird, er ist offenbar eher unbedeutend – wenn man GS glauben will… []
  3. ich erinnere an dieser Stelle mal daran, dass „scheinbar“ (im Gegensatz zu „anscheinend“) bedeutet: „sieht nur so aus, trifft aber in Wirklichkeit nicht zu“ []

Pro- und Kontrajekte

Okay, blöder Titel, aber einfach „Projekte“ war mir einfach zu einfach. Es geht hier jedenfalls um zwei Blog-Projekte, die ich kurz erwähnen möchte:

Projekt Hörsturz Hörsturz

Bei freeQnet gibt’s ein Musik-Projekt namens Hörsturz, bei dem die Teilnehmer alle zwei Wochen fünf ausgewählte Lieder anhören und bewerten sollen – ohne Zwang und Verpflichtung und man kann auch noch später einsteigen:

Das Projekt Hörsturz soll eine interessante Möglichkeit sein, neue Musik kennenzulernen und auch mal abseits seines Lieblingsgenres zu hören.

Am 1.8. soll’s richtig losgehen, beetFreeQ sammelt aber jetzt schon Songs. Ich finde das jedenfalls sehr interessant und werde natürlich mitmachen.

gvh Gedankendeponie vs. Her-Life

Eine Aktion von Konna und Nadine, die jede Woche ein Fernduell austragen (da passt auch das „Kontra“ im Titel) – zu Beginn geht’s darum, dass eine(r) der beiden die meisten Ping-/Trackbacks auf den eigenen Projektvorstellungsbeitrag sammelt. Nun, das Projekt will bekannt gemacht sein, aber ich hoffe, es gibt in Zukunft auch noch andere Wettkämpfe, die nicht in Linksammelei ausarten…

Nadine1 verlost ein T-Shirt mit ihrer URL drauf, Konna2 hingegen einen Gastbeitrag wahlweise von ihm oder bei sich – tja, da bekommt Konna meinen Trackback, denn wenn ich schon mit einer Webadresse auf der Kleidung rumliefe3, dann mit meiner. :mrgreen:

Vielleicht kann Konna seinen Gastbeitrag ja in Latein schreiben (selbst verfasst und kein abgeschriebener Klassiker, versteht sich)…

  1. dieser Link führt nur auf die Vorschauseite des URL-Verkürzers TinyURL []
  2. Direktlink []
  3. Konjunktiv, da ich kein entsprechendes Shirt habe []

Himmlische Runzeln

Hat jemand Anti-Falten-Creme übrig? Diese Wolken – samt stupsnäsigem Gesicht in der Mitte – könnten nämlich welche vertragen:

runzlige Wolken (hoher Kontrast)

Natürlich hab ich da Kontrast und Farbsättigung „etwas“ verstärkt – so sieht’s mit moderater Kontrasterhöhung aus:

runzlige Wolken (moderater Kontrast)

Das ist das fast schon langweilige Original:

runzlige Wolken (Original)

Und, welche Variante gefällt euch am besten?

Musik-Quiz 68

Musik-Quiz Willkommen zum neuesten Musik-Quiz, heute wieder ein Liedzeilenquiz à la Julia, d.h. es werden ein paar Textzeilen gesucht (und natürlich auch Lied und Künstler), die mit einigen Tips, die ich nacheinander geben werde (im Beitrag ungefähr in 15-Minuten-Abständen und auch in den Kommentaren), beschrieben werden.

Wie lange es heute wohl dauern wird…?

  1. Feierabend! Sowohl für die Retter als auch für die Rowdys. Nur ein Stromausfall stört in einer farbigen Straße. Das erfahren wir jedenfalls in den gesuchten 6 Zeilen.
  2. (16:15) In einem Stöckchen, das ich kürzlich beantworten durfte, könnte man eine Anspielung an den Albumtitel finden…
  3. (16:30) Ein anderes (bekannteres) Lied auf dem Album ist aber auch sowas von egal.
  4. (16:45) Ein Sir, der eigentlich keiner ist…

Gelöst von Yjgalla: „A Rose At Night“ von Bob Geldof (anhören, Text) mit den Zeilen

The city’s quiet
The rioters have all gone home now
The fire brigades‘ sirens have been locked up for the night
There’s a blackout down on Brown Street
Where all the blues come home
And yes there’s a rose that blooms at night

vom Album „The Vegetarians Of Love“ (1990), auf dem auch „The Great Song of Indifference“ ist (anhören, Text).

Zum Sir meint die Wikipedia:

Geldof wurde zwar von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen, darf den Titel Sir jedoch nicht tragen; dieses ist Bürgern des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland oder eines Commonwealth Realms vorbehalten. Dies ist Geldof als Staatsangehöriger der Republik Irland nicht.

Danke fürs Mitmachen und bis (wahrscheinlich) nächsten Dienstag!

 


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