Beim Hans gefunden: Die Anti-Denglisch-Webseite „Deutsch retten!“ (Achtung, Ton beim Klicken auf ein Wort! Rechts oben abschalten), bei dem man Wärter „adoptieren“ soll, d.h. mehr Ansporn bekommt, bestimmte deutsche Ausdrücke anstelle ihrer Denglisch-Äquivalente zu benutzen.
In vielen Fällen eigentlich keine schlechte Idee. Gerade im Business- und Management-Bereich, pardon, in der Geschäftswelt und vor allem in der Geschäftsführung kommen ja aberwitzige (D)Englisch-Häufigkeiten vor, und auch in anderen Bereichen finde ich die Sache in gewisser Weise unterstützenswert. Man muss nicht „downloaden“ statt „herunterladen“ sagen, den ohnehin nicht im Englischen verwendeten Begriff „Handy“ benutzen, und wer zum Teufel kommt auf die Idee, in einem deutschen Satz „round about“ zu sagen, wäre irgendwie sinnvoll?
Dass man aufpassen muss, einige Vorschläge auch im richtigen Zusammenhang zu benutzen, ist klar: „Training“ ist nicht nur die allgemeine „Körperertüchtigung“, nicht jedes „Interview“ ein „Vorstellungsgespräch“, nicht jede „Show“ eine „Sendung“; dass für „Check-in“ der Flughafen („Abfertigung“), für „Check-out“ aber das Hotel („abreisen“) herhalten müssen, von mir aus; wenn ich hier einen Beitrag „poste“, dann „verschicke“ ich ihn nicht; an PC & Co. kann ich auch auf eine Art „surfen“, die man besser nicht mit „wellenreiten“ übersetzt, etc. Aber so intelligent dürften die „Adoptiveltern“ schon sein. Und wenn ich als Queen-Fan Musik höre, dann weiß ich auch, dass da sicher nicht „die britische Königin“ spielt und singt.^^
Manche Vorschläge jedoch sind für den praktischen Nutzen einfach zu lang: „Blog“ – „Internettagebuch“? („Internet“ ist also akzeptabel? Und passt zu einem Blog wie meinem wirklich die Bezeichnung Tagebuch?) „Blind Date“ – „die Verabredung mit einem Unbekannten/einer Unbekannten“? „One-Night-Stand“ – „einmaliges sexuelles Abenteuer“? „Single“ – „eine allein lebende Person“? „googlen“ – „mit Google im Internet suchen“? Wer will da wirklich das Adoptionsversprechen, „es so oft wie menschenmöglich zu benutzen und den fiesen Denglisch-Ausdruck […] nie wieder in den Mund zu nehmen!“, dauerhaft einhalten?
Und bei aller Akzeptanz von Länge fehlt die Konsequenz – wo der Vorschlag, statt „USA“ immer „die Vereinigten Staaten von Amerika“ zu sagen, schon lächerlich anmutet, soll man doch glatt „American Way of Life“ durch „die US-amerikanische Lebensart“ ersetzen. Also da ist „US“ auf einmal wieder okay, pardon, in Ordnung?
Bei manchem fehlen m.E. wesentliche Aspekte: „leasen“ ist nicht einfach nur „mieten“, da gibt’s schon einen Unterschied (man frage mal eine Autovermietung). „Bookmarken“ würde ich im Browser (und wo verwendet man das Wort sonst?) jetzt überhaupt nicht mit „markieren“ übersetzen. Bei „Pay-per-View“ – „Bezahlfernsehen“ fehlt der „per view“-Aspekt, und „arbeiten“ erfasst auch nicht alles, was bei „jobben“ noch mitschwingt. „Look-and-feel“ – „die Ansicht“? Okay, das ist der Look, aber was ist mit dem Feel? Na, und wann kommt der erste Shitstorm, äh, die erste Empörungswelle von Frauen, wenn man „Team“ immer durch „Mannschaft“ ersetzt?
„Profit“ – „Gewinn“? Gibt’s denn Leute, die das englisch aussprechen? (Naja, im Business-Bereich bestimmt…) Ansonsten kam der auf der zweiten Silbe betonte Profit eigentlich aus dem Französischen ins Deutsche. Wobei wir schon bei der nächsten Frage sind: Vor dem Französischen muss Deutsch nicht (mehr) gerettet werden? Jedenfalls soll „Fastfood-Restaurant“ durch „Schnellrestaurant“ ersetzt werden, und gegen die Branche im „Branchenwissen“ für „Know How“ scheinen die Autoren auch nichts zu haben.
Weil’s schon lange genug her ist, dass diese Wörter „eingewandert“ sind? Nun, aber wo will man die Grenze ziehen – wie viele Jahrzehnte sind akzeptabel, wann wird Denglisch einmal so akzeptiert sein wie heute Dfranzösisch (oder wie man das nennen mag)?
Ich finde, das ist auch nur eine Frage der Gewohnheit, und so sinnvoll es ist, den Sinn neuer Fremd- und Lehnwörter zu überprüfen, bevor man sich an sie gewöhnt – und da gibt’s auf der „Deutsch retten!“-Seite in der Tat viele Anglizismen, die man m.E. lieber wieder vergessen sollte –, so muss man auch nicht zwanghaft übers Ziel hinausschießen.