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Zeitschriften

„Die Esoterik-Zeitschrift mit dem Fernsehprogramm!“

Blaue Edelsteine …wäre zumindest ein passender Untertitel für die Hörzu, wenn das so weitergeht. Ich benutze sie ja seit einiger Zeit ja nicht mehr, aber meine Eltern noch, und so konnte ich bei meinem weihnachtlichen Besuch einen Blick in vier Ausgaben werfen. Gut, noch nehmen Fernsehprogramm und andere Artikel den größten Raum ein, die Esoterik und Pseudowissenschaft nur einen Artikel – aber wer weiß, ob sich das nicht noch steigert…

Edle Gaben der Steine

In Heft 51/2008 wird natürlich die Existenz der Chakren und der angeblichen Heileffekte von (am besten dort) aufgelegten Edelsteinen durch ominöse Schwingungen als gegeben angenommen und vermeintliche „Beweise“ für die Wirkung der verschiedenen Kristalle genannt – Kritik natürlich Fehlanzeige:

Der Tübinger Experte Michael Gienger: „Bei Versuchspersonen wurden während des Auflegens mithilfe einer Elektro-Enzephalografie veränderte Hirnströme gemessen. Das beweist, dass wir auf die Steine energetisch reagieren.“

Nö, das beweist, dass die Versuchspersonen an eine Wirkung glaubten, die sich in ihren Gedanken, in ihrem Gehirn gezeigt hat. Kontrollgruppe mit anderen Materialien? (Ohne dass die Versuchspersonen das, was aufgelegt wurde, sehen konnten, versteht sich.) Übereinstimmung der Reaktionen mit den behaupteten Wirkungen? Ich vermute mal, sowas gab’s nicht… wäre doch mal interessant zu wissen, wie die Gläubigen auf z.B. Lego-Steine oder Bonbons reagiert hätten…

Siehe GWUP: Mineralmagie und schwingende Kristalle (Hervorhebung von mir):

Die Beobachtung einer von Mineralen ausgehenden Heilwirkung am Menschen ist also rein subjektiv und stützt sich auf psychologische Effekte wie den Placebo-Effekt, Autosuggestion und die Erzeugung positiver Assoziationen. Die eigentliche Heilwirkung geht also vom Menschen selbst aus. Der Stein ist dabei nur Mittel zum Zweck ohne direkte Heilwirkung.

Jahreshoroskop

Eigentlich keine Überraschung, dass in Heft 52/2008 für die „Wirkung“ des „mächtigen Mars“ samt sternzeichenspezifischen „Mars-Kraft-Kurven“ für 2009 vier Seiten verschwendet werden.

2012, Bewusstseinssprung, Erdmagnetismus, Fall der Mauer, Maya-Kalender, naturgegebene Göttlichkeit, Offenbarung, professionelle Seher, Quantenphysik, Sonnenaktivität, Synchronisationsstrahl

Sonne (Röntgen) Oder wie ein „Biophysiker“ namens Dieter Broers im Interview „Ist die Sonne unser Schicksal?“ (Hörzu 01/2009; auch online, sogar ausführlicher) durch die pseudowissenschaftliche Verquickung unzähliger Mystizismen einen permanenten Sonnenstich zu offenbaren scheint – den Eindruck habe ich jedenfalls. Lest es euch ruhig schon mal durch, wenn ihr wollt, ist an sich ganz „lustig“ (und wer weiß, wie lange es online bleibt) – vielleicht gehe ich noch in einem separaten Beitrag darauf ein, hier wäre der Platz zu knapp; ich weiß nur noch nicht, ob es ein ernsthafter Artikel mit der nötigen (aufwendigen) Recherche (noch dazu durch einen Mangel an frei verfügbaren Quellen erschwert) wird – dass das den Aufwand wert ist, bezweifle ich irgendwie – oder nur eine kurze lästernd kommentierte Zusammenfassung…

Dass ein Buch, das Dieter Broers unter dem Pseudonym Morpheus veröffentlicht hat – „Physik des Bewusstseins“, das ein Rezensent als „Verquaste Mixtur aus Wissenschaft und freier Phantasie“ beschreibt –, erwähnt wird1 und ebenso sein „Dokumentarfilm“ namens „(R)Evolution 2012?“, der im Februar ins Kino kommen soll, ist aber sicher kein Zufall.

Nachtrag (13.1.): Ich werde doch nichts weiter darüber schreiben. Es würde viele lange Recherchen (und den Kauf von Broers‘ Buch) erfordern, es richtig zu machen, und das ist es mir einfach nicht wert – zumal es sich auch nur um einen von unzähligen pseudowissenschaftlichen Mystizismen ohne nennenswerte Bedeutung handelt, der es eben in die Hörzu geschafft hatte.

» Ein Astronom beantwortet Fragen zu 2012. Darunter:
» Speziell zu Broers hier.
» Rezension von Broers‘ Buch „(R)Evolution 2012“
» EsoWatch über Broers

Gratis-Wahrsagerei

Gleich nach dem Sonnen-Interview folgt eine ganzseitige Anzeige von Maria Esmeralda, „eine[r] der erfolgreichsten und erfahrensten Hellseherinnen der Welt“, wie sie sich nennt – zu einer eigenen Website hat’s aber anscheinend genausowenig gereicht wie zu einem Wikipedia-Eintrag, nur zu einer Schweizer Postfachadresse und einer knappen Warnung im Call-in-TV.net-Forum –, die, bevor sie sich nach 35 Jahren Erfahrung in Selbst- und anderer Täuschung zurückziehen will, noch 500 Menschen ach so großzügig beschenken will: Mit „13 persönlichen Ereignis-Daten“, „goldenen Glückszahlen, ohne die kein Gewinn möglich ist“, und ihrem „berühmten Glücksbringer“. Wow! :roll:

(Der Text findet sich übrigens auch – mit kleinen Unterschieden zu dieser Anzeige – auf diesem Blog.)

» Mehr zu den „Fähigkeiten“ dieser Dame hier: „Maria Esmeralda und die wilde 13“.

Besuch bei Uri Geller

Heft 02/2009 – immerhin passend zur Zauber-Show. Was erfährt man? Der Besucher darf am Klavier spielen, Uris Biografie wird runtergeleiert, und vor dem nochmaligen Klavierspielen der bauchpinselnde Fast-Schlussabsatz:

Wer also ist dieser Uri Geller? Er ist kein Scharlatan. Er ist kein Trickser. Er ist ein Charismatiker, den das Leben geprägt hat. Er ist ein weiser Mann, der besser motivieren kann als jeder Politiker. Er ist ein Mann mit verblüffenden Fähigkeiten, die erhaben sind über alle Vorurteile.

Und der Leiter des Ressorts Medien und Aktuelles, der diese Hausbesuche macht und diesen Text ebenso geschrieben hat wie auch das obige Sonnen-Interview, ist über jeglichen auch nur ansatzweise kritischen Journalismus erhaben, scheint mir. Aber das ist halt die Hörzu…

  1. das erste Werk hieß „Matrix-Code“, ein offensichtlicher Versuch, auf der entsprechenden Film-Welle mitzuschwimmen, ohne, wie es scheint, thematisch wirklich zu passen []

Links der Woche (2008/45)

„Tier-Telepathie. Humbug oder Realität?“

Die Hörzu kann’s anscheinend nicht lassen – nach der unsäglich unkritischen dreiteiligen „Wunder Heilung“-Serie inklusive persönlichem Erfahrungsbericht des Autors (meine Beiträge dazu hier, dort und da) gibt’s nun in Heft 35 einen Artikel (auch online), in dem eine Hörzu-Redakteurin berichten darf, wie sie auf eine Tier-Telepathin hereinfallen wollte – sie hat’s natürlich nicht so ausgedrückt –, nachdem ihre Katze mit pseudo-adligem Namen, gerufen „Katerchen“, nach einem Umzug weggelaufen war.

„Katerchen, geht’s dir gut?“

Das ganze dann natürlich noch mit Werbung für die beteiligte „Tier-Telepathin und Psychologin“ Dr. Rosemarie Marquardt und ein Buch der „Pionierin der Tier-Telepathie“ Penelope Smith, bei der diese einen Kurs besucht hatte.

Nicht doch bloß Einbildung? „Jeder hat das Recht, das anzuzweifeln. Menschen erscheint es unglaublich, dass man mit Tieren kommunizieren kann. Dabei sind es nur verschüttete Fähigkeiten, die jeder wiedererlangen kann“, sagt Marquardt.

Ja, klar. Passt auch zum Tenor des Einleitungstextes:

Mit Tieren zu sprechen ist ein Menschheitstraum. Einen Weg weist die Tier-Telepathie. Humbug oder Realität? Ein Selbstversuch

Es ist leider Realität, dass den Leuten viel Humbug angedreht wird… Direkte Kommunikation, auch und gerade nonverbal, wie sie auch zwischen Menschen eine große Bedeutung hat, ist eine Sache (vgl. auch Wikipedia) – dass hingegen Telepathie daran beteiligt sein soll, ist (nicht nur) meiner Meinung nach nichts anderes als mystischer Schwachsinn. Irgendwie wundert es mich aber nicht, dass manche Leute das gerne miteinander verquicken. In journalistischer Hinsicht ist dieser Artikel jedenfalls eine äußerst schwache Leistung. Naja, was will man gerade nach der „Wunder Heilung“-Serie von der Hörzu auch erwarten? Es geht noch weiter:

Das funktioniere auch über weite Entfernungen, dafür reiche ein Foto, sagt sie.

Und dafür braucht man diesen mystischen Schwachsinn natürlich, man will verzweifelten Herrchen und Frauchen ja etwas bieten. :roll:

Und so kommen wir halt in den „Genuss“ zu erfahren, dass das Katerchen der Autorin der „Telepathin“ angeblich sage, „er sei nicht weggelaufen, sondern wollte in seinem alten Revier nach dem Rechten sehen“, später verletzt wurde und übers Tierheim zu einer neuen Familie gekommen wäre. Und angeblich Bilder übermittle …

… die ein altes Haus zeigen, mit hohen Bäumen, seinem Lieblingsplatz im Erker, eine Küche mit Tür zur Terrasse, dahinter einen Garten mit Büschen und schönen Verstecken.

Inklusive schwarzem Hund in der Nähe. Was angeblich das frühere Domizil „exakt skizziert“, obwohl die Autorin das „mit keiner Silbe erwähnt“ habe.

Nun, wir wissen nicht, wie ausführlich sich die beiden Damen unterhalten haben, ob die „Telepathin“ das sofort gesagt/geschrieben hat oder im Laufe eines Gesprächs, das offenbar tatsächlich stattgefunden hat; über seinen genauen Verlauf kann man natürlich nur spekulieren. Wir erfahren nur, dass ein Foto vom Kater in der neuen Wohnung (1. Stock) gemailt wurde – wer weiß, vielleicht wusste die „Telepathin“ das nicht und hat die Grünfläche und die Büsche im Hintergrund entsprechend gedeutet… jedenfalls ist es sehr zu bezweifeln, dass sie ohne Feedback der Autorin alles richtig und nichts falsch genannt hat.

Psychologieerfahrene „Telepathen“ und „Wahrsager“ haben bekanntermaßen gerne so viel Menschenkenntnis, dass sie aus kleinen Anzeichen – Rasse der Katze, Wohnungsaccessoires (beides schon auf dem Foto zu sehen), Auftreten und Ausdrucksweise des Gegenübers, … – (Stichwort Cold Reading) auf einiges schließen können, von dem genug zutrifft, um zusammen mit dem als confirmation bias1 bekannten Effekt der selektiven Wahrnehmung und einer geschickten Gesprächsführung mit vagen Aussagen, die die Kunden selbst direkt oder indirekt bestätigen, bei Glaubenswilligen äußerst überzeugend rüberzukommen.

[Die] Leiterin der Fachschule für Osteopathische Pferdetherapie in Overath hat Marquardt durch die Behandlung einer jungen Stute kennengelernt. Sie bestätigt deren außergewöhnliche Fähigkeiten, warnt aber: „Tier-Telepathie ist gerade in Mode. Oft wird damit unverantwortlich umgegangen.“

Unverantwortlich – das halte ich für eine gute Bezeichnung dafür, verzweifelten Herrchen und Frauchen, die nach jedem Strohhalm greifen, von angeblichen telepathischen Kontakten mit ihren verschwundenen Lieblingen zu erzählen. Auch tröstende Lügen sind Lügen – wobei bestimmt etliche „Telepathen“ auch einer Selbsttäuschung unterliegen mögen als tatsächlich vorsätzlich zu lügen. (Ganz unabhängig von Erfolgen im direkten Kontakt mit den Tieren.)

Wenn es Tier-Telepathie tatsächlich gibt – wovon wird sie ausgelöst? Empathie? Intuitives Wissen über andere durch Beobachtung? Ansätze für wissenschaftliche, neurologische Erklärungen gibt es wohl.

Genannt werden diese Erklärungen aber nicht. Hörzu eben. Überhaupt, Erklärungen wofür genau? Ein Tier ansehen und sein Wohlbefinden bzw. Krankheiten erraten, sich in gewisser Weise „hineinfühlen“? Kein Thema, siehe oben. Aber für Telepathie?? Das hättet ihr wohl gern. Dafür mag es pseudowissenschaftliche Erklärungsversuche geben – morphische Felder und ähnlichen Kram zum Beispiel –, aber keine echten wissenschaftlichen. Ich kenne jedenfalls keine seriösen(!) wissenschaftlichen Studien oder Experimente, die nicht negativ für die Parapsychologieanhänger ausgefallen wären.

Nun ja, wenn der Abo-Service keinen Mist baut, war das eh meine letzte Hörzu.


Linktips:

  1. d.h. man neigt dazu, Dinge, die die eigene Meinung bestätigen, verstärkt wahrzunehmen, widersprechende hingegen zu ignorieren []

„Gesund durch Kunst“

zwei Hände Der dritte Teil der Artikelserie über (das) „Wunder Heilung“ der Fernsehzeitschrift HÖRZU, auch online komplett verfügbar, inklusive Kommentar-Möglichkeit. Meine früheren Beiträge: » Teil 1, Teil 2.

Ein künstlerischer Gemischtwarenladen erwartet uns diesmal:

Sie töpfern, bildhauern, malen, tanzen und rezitieren auch mal Verse: Immer mehr Patienten schwören auf die Heilkraft kreativer Betätigung. Und auch die Schulmedizin hat die Chancen solcher Methoden erkannt.

In der ersten Hälfte des Artikels kommt erst Mal die „gewöhnliche“ Kunsttherapie dran, die durch ihre insbesondere psychologische und psychosomatische Wirkungen durchaus in vielen Bereichen zur Bewältigung schwieriger Krankheiten und schwieriger Lebenssituationen ihre Daseinsberechtigung auch in der Schulmedizin hat. Dagegen gibt’s nicht großartig was einzuwenden.

In der zweiten Hälfte hingegen wird von einer seltsamen Variante von Chronobiologie, bei der gestörte „Körperrhythmen“ für viele Krankheiten verantwortlich gemacht werden – die dann „natürlich mit Rhythmus“ behandelt werden – weitergeleitet:

Zum Beispiel mit Eurythmie, einer Art Therapietanz, der auf den Gründer der Anthroposophie Rudolf Steiner zurückgeht. Oder die Patienten bekommen Präparate der Heilpflanze Mistel gespritzt, weil diese die Körpertemperatur im Tagesverlauf wieder in Bewegung versetzt.

Tänzerin Die Eurythmie (auch: Eurhythmie) wird auch in einem Kasten prominent erwähnt. Nichts gegen Tanzen, das sicher auch Spaß machen und so positive psychologische Wirkung haben kann – aber wenn das Grundprinzip auf diesem unsäglichen quasi-religiösen, okkulten Rundumschlag gegen den Verstand, den Rudolf Steiner mit seiner Anthroposophie da aufgebaut hat – die ihrem eigenen Anspruch an Wissenschaftlichkeit nun wirklich nicht gerecht werden kann, von Steiners geheimwissenschaftlich-mystischem Gerede über Prophezeiungen, Atlantis, „Christus im Ätherischen“, „Zugang zu unumstößlichen Wahrheiten“ & Co. ganz zu schweigen –, dürfen die Details von Vorgehensweise und Wirkung auf jeden Fall angezweifelt werden, da helfen auch etwaige partielle Erfolge in der Pädagogik oder anderswo nichts. (Natürlich könnte auf einer schlechten Grundlage auch mal etwas Gutes entstehen – nur wie wahrscheinlich ist das hier? Und wie nebenwirkungsfrei in mentaler und intellektueller Hinsicht?)

Dass viele anthroposophische Heilmittel anscheinend mit den homöopathischen vergleichbar sind (die bekanntermaßen nur Placebo-Wirkung haben) und die angesprochene Mistel mitnichten das von den Anthroposophen erträumte Wundermittel ist – es sollte ursprünlich gar gegen Krebs helfen –, ist da eigentlich nur eine Nebensache…


Es sei noch schnell aus einem der seltenen kritischen Kommentare (#94 bei Teil 1, von Hans-Peter H.) zitiert:

Am unerträglichsten empfinde ich jedoch die Darstellung dieses naiven Geisterglaubens, der davon ausgeht, dass unser Glück und Leid durch außerweltliche und unkörperliche gute und böse Dämonen verursacht wird. Demzufolge benötigt man offenbar nur ein geeignetes Medium, z.B. eine Trance-erfahrene kleine unscheinbare Frau, um diese bösen Mächte durch magische Zeichen auf zerknüllten Zetteln günstig zu beeinflussen. Eine Woge von Energie rast durchs Gehirn und die bösen Dämonen verlassen daraufhin den Körper und der Krebs ist besiegt. Wie beim katholischen Exorzismus.

Warum kein kritisches Wort über diesen Unsinn? Diese Vorstellungen stammen aus der Altsteinzeit, in der keinerlei Kenntnis über Naturereignisse und Krankheitserreger bekannt waren.

Auf jeden Fall darf das subjektive Wundergefühl im emotionalen Ausnahmezustand eines Betroffenen nicht als objektive Tatsache dargestellt und somit quasi zur Nachahmung empfohlen werden!

Da hilft es den Glaubensmedizingläubigen auch nicht, dass Irene H. (#98) am Tag darauf Bibelstellen nennt, die zeigen sollen, „dass Jesus auch heilen kann, wenn die ärztliche Medizin versagt. Alle anderen Heilungsversuche sind nicht im Sinne der Bibel.“ Denn an sich ändert sich die mangelnde Realitätsnähe nicht, wenn man ein zugrundegelegtes Glaubenssystem gegen ein anderes austauscht…


Linktips:


Klecks-„Kunst“ von mir mit dem Pollock-Generator; Foto Tänzerin © domiphoto – Fotolia.com (denen ich hiermit keinen Zusammenhang mit Eurythmie unterstellen will)

„Das Geheimnis der Zauberhände“

zwei Hände Der zweite Teil der Artikelserie über (das) „Wunder Heilung“ der Fernsehzeitschrift HÖRZU, auch online komplett verfügbar, inklusive Kommentar-Möglichkeit.1 Mein Beitrag zum 1. Teil findet sich » hier.

In diesem Teil darf der ehemals krebskranke Autor, Georg Francken, nun von seinen eigenen Erlebnissen in Brasilien berichten – was natürlich auch bedeutet, dass es noch subjektiver und noch unkritischer wird, und auf die Erwähnung des Placeboeffekts, die schon im ersten Teil gefehlt hat, darf man erst recht nicht hoffen. Ist ja wahnsinnig ausgewogen, diese Serie… und auch wenn man die Hoffnung nicht aufgeben soll, irgendwie glaub ich nicht so recht, dass das in den nächsten Wochen besser wird.

Therapie mit Magie: In Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern befragen Heilerinnen gern die Karten, um in die Zukunft zu sehen.
(Bildunterschrift, nur im Heft)

Klar, warum etwas auslassen, lieber gleich mehrere esoterische Angebote vereinen. Wie meinte der Taxifahrer in Franckens Geschichte:

Christopher schüttelte den Kopf: „Ihr seid doch verrückt, ihr Europäer“, sagte er immer wieder. „Kommt von weit her, um ein bisschen Zauberei zu erleben. Und glaubt noch daran!“ Dass auch viele seiner Landsleute auf diesen „Zauber“ vertrauen, verschwieg er. Rituelle Handlungen, Wahrsagen, Geisterbeschwörung und Handauflegen stehen bei den Brasilianern hoch im Kurs.

Beim Satz über die Landsleute kann ich Herrn Francken sogar mal zustimmen… Was geschah also in Brasilien?

Die kleine, unscheinbare Frau hatte nur kurz gefragt, wie es mir ginge. Dann hatte sie ein paar Karten gelegt, sie gedeutet – und war unvermittelt in Trance gefallen. […]
Sie kam auf [m]ich zu, berührte meinen Kopf. Eine Woge von Energie strömte durch mein Gehirn, raste dann die Wirbelsäule hinab. Mir wurde heiß. Du wirst Fieber bekommen, sagte sie noch, dann wachte sie abrupt aus der Trance auf. […]
Am nächsten Tag schüttelte mich übrigens heftiges Fieber. Fast eine Woche lang hielt es an. […] Ich glaube, es war der Moment, in dem ein Körper begann, sich selbst zu heilen.

Schön für ihn. Wirklich. Aber was beweist diese Anekdote, was lernen wir wirklich daraus?

  • Dass die Brasilianerin Heilenergien ausströmen und in die Zukunft sehen kann? Nein.
  • Dass sie eine gute Show2 abziehen kann, die Leute, die sie glauben wollen, beeindruckt? Ja.
  • Ob sie es selber glaubt? Gut möglich.
  • Dass der menschliche Körper sich besser heilen kann, wenn man an eine Heilung glaubt? Sieht so aus.
  • Dass die Hörzu unkritisches Esoterik-Geschwurbel als Versuch, „Antworten zu geben“3 und „Alles über Wunderheilung“4 zu berichten, verkaufen will? Scheint mir so…

Noch zu ein paar Kommentaren:

Anja S.N. (#48) zur Fernheilung per Telefon:

Nun frage ich mich warum per Telefon… Jede Form von Elektrizität oder Elektromagnetischer Strahlung können störend auf das aussenden von Heilenergien wirken

Strommast Wie ich dort auch schon geantwortet habe (#51):

Wenn „Heilenergien“ durch Elektrizität und elektromagnetische Strahlung gestört werden, was ist dann mit den Unmengen an Stromkabeln, Rundfunk-, Handy-, Satelliten- usw. -wellen zwischen Heiler und „Empfänger“? :)

Warum nicht das Telefon verwenden, so kann man dem „Empfänger“ viel leichter einreden, was er glauben soll…

Und Walter E. (#58) verwechselt die Heiler, die mystische Heilung versprechen, mit der Telefonseelsorge:

Wenn ein verzweifelter Mensch die Telefon-Seelsorge in Anspruch nimmt und Hilfe findet ist dass ein toller Erfolg. Und dass wird jeden Tag vielfach erlebt trotz Elektrosmog. So kompliziert wie oft dargestellt ist Heilung nicht.

Mit dem letzten Satz (Hervorhebung von mir) hat er unbeabsichtigt sogar recht, wie ich finde: Denn jede solche Heilung geht nur durch den Glauben des Patienten daran – ein Heiler sendet genausowenig Energie aus wie ein Telefonseelsorger, er behauptet nur etwas anderes. (Zumindest wenn sich der Telefonseelsorger nicht auf „göttliche Hilfe“ versteift.)

Und die christliche Fraktion kam in Form von Renate P. (#67) auch schon vorbei, die davor warnt, auch der Teufel würde Wunder bewirken, und die Leser in einem Absatz gar anbrüllt5:

JEDER; DER ZU EINEM HEILER GEHT; DER NICHT AUSDRÜCKLICH IM NAMEN JESU CHRISTI DIE KRAFT GOTTES ZUR HEILUNG ANRUFT; BEGIBT SICH AUF “OKKULTE WEGE2 UND ZAPFT DIE KRAFTQUELLE SATANS AN; UND WIRD DIE DARAUS ENTSTEHENDEN NEGATIVEN KONSEQUENZEN (DES GÖTZENDIENSTES) ENTWEDER SELBER ODER IN DER FAMILIE TRAGEN MÜSSEN! DER WIDERSACHER GOTTES VERSUCHT UNS MENSCHEN IN DIE KNECHTSCHAFT; BINDUNGEN UND SÜNDE ZU FÜHREN; DAMIT ER UNS BEHERRSCGHEN KANN!

Und wie wollen diese Heilandsheilergläubigen erkennen, ob sie nicht von einem „teuflischen Heiler“ geschickt getäuscht werden, indem er einfach behauptet, „göttliche Heilkraft“ weiterzugeben?
:shake:

Naja, jeder Wunder- und/oder Gott- und/oder Esoterikgläubige schafft sich so seine eigene Welt, mit Logik kann man da wohl wenig ausrichten…

Genug für heute.6

 


Linktips:


Foto Hände: shlomaster/sxc; Strommast: leefis/sxc

  1. Auch wenn kürzlich zwei weitere kritische Kommentare kamen (#74 und #75), wäre etwas Unterstützung dort vielleicht nicht schlecht… []
  2. mehr im Artikel, ich hab nicht alles zitiert []
  3. Editorial Teil 1 []
  4. Hefttitel bei Teil 1 []
  5. die Großschreibung, in Mails und Foren meist mit Schreien gleichgesetzt, kann natürlich auch ein Versehen gewesen sein []
  6. Und auch genug mit den Fußnoten, das waren schon wieder recht viele… ;) []